2351 - Die gefallenen Mächtigen
transparent war und deren Konsequenzen du weder bedacht hast noch begreifen konntest. Und du hast dich missbrauchen lassen. Du hast den Mächten des Chaos gedient!"
„Aber ..." Nuskoginus verstummte. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass er nicht allein aus Unwissenheit gehandelt hatte, sondern auch der Selbstlosigkeit im Dienst der Hohen Mächte müde gewesen war.
Seine Persönlichkeit war in der Tat zu siech gewesen, seine Stärke zu gering. Er hatte jenen Teil seines Selbst retten wollen, den er mit der Weihe im Dom Oquaach eigentlich auf alle Ewigkeiten verschenkt hatte.
Und Enkarzis hatte ihm einen Weg dazu gezeigt. „Ich ... bin ein Opfer", flüsterte er. „Möglicherweise", gestand 'Srivonne ein. „Aber genauso sehr bist du ein Täter, denn du wurdest von Enkarzis nicht überwältigt, sondern wie ein Dummkopf verführt."
Und dann wurde Nuskoginus nachhaltig daran erinnert, dass Srivonne über die Fähigkeit des distanzlosen Schrittes verfügte. Denn der Emissär der Kosmokraten streckte den Arm aus und berührte den Mächtigen, der seine Macht verloren hatte, und im nächsten Augenblick befand Nuskoginus sich auf dem Berg.
*
Aquinas stand wie erstarrt auf der untersten Treppenstufe, als wäre jegliches Leben oder jeglicher künstliche Lebensfunke aus ihm gewichen.
Srivonne ging zu dem Roboter hinüber und strich ihm mit einer seltsam anmutenden Bewegung über das Gesicht. Als er die Hand wieder herunternahm, hatten sich Aquinas' Lider geschlossen.
„Du wirst hier warten", sagte Srivonne zu Nuskoginus, „gemeinsam mit Aquinas. Du hast keine Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen."
Im nächsten Augenblick war er verschwunden.
Jahre verblieben sie allein auf dem Berg, Nuskoginus schweigend, Aquinas in einer seltsamen Form der maschinellen Lähmung. Nuskoginus verspürte die ganze Zeit über keinen Durst und Hunger. Seine Lebensfunktionen schienen auf ein Minimum reduziert zu sein. Oder aber, dachte er irgendwann mit einem Anflug von Schrecken, befinde ich mich etwa in einem Feld der Zeitlosigkeit, das nur meinen Körper betrifft, nicht aber meinen Geist? Könnte ich eine Ewigkeit hier warten, während in Wirklichkeit nur Sekunden vergehen?
Aber nein; das war unlogisch und absurd.
Daran mochte er nicht glauben.
Irgendwann kehrte Srivonne zurück, diesmal mit Kafug.
Es geht nicht nur um mich, wurde Nuskoginus klar. Wir alle haben denselben Fehler begangen.
Und wieder Jahre später kehrte der Emissär mit Konferge zurück, dann mit Deltoro, mit Unscrow, Dumgard und Karrillo. „Tretet ins Wolkentor!", befahl er, als alle Mächtigen versammelt waren. „Wohin bringst du uns?", fragte Nuskoginus. „Was hast du mit uns vor?"
Srivonne antwortete nicht. Nuskoginus tat wie befohlen, und der Nebel - oder das, was er dafür hielt - brodelte und wallte um ihn herum, und im nächsten Augenblick befand er sich an Bord eines Raumschiffs.
*
Einen Augenblick lang erfasste ihn die wilde Hoffnung, sich wieder an Bord seines QUELLTRÄGERS zu befinden.
Srivonne würde zu ihm kommen und ihm sagen, dass er jetzt Jahre Zeit gehabt hatte, über seine Verfehlung nachzudenken.
Und er würde antworten, dass er seinen Fehler eingesehen und gelernt hatte. Nie, niemals wieder würde er die Entscheidungen der Kosmokraten in Frage stellen, auch wenn sie für ihn noch so unbegreiflich waren, und von nun an würde er Vorsicht walten lassen und allen Versuchen der Chaosmächte widerstehen, ihn noch einmal zu verführen und auf ihre Seite zu ziehen. Und der Emissär würde ihm sagen, dass diese einmalige Abirrung verziehen sei und er den Dienst für die Hohen Mächte der Ordnung nun fortsetzen könne.
Aber dann erkannte er, dass er sich an Bord von Srivonnes blauer Walze befand, und Srivonne kam nicht zu ihm, sondern ignorierte ihn während des gesamten Flugs, und irgendwann sah er auf einem Holo die scheinbar größer werdende Spiralgalaxis Eudoccia und dann Farner Aly, die schönste Wasserstoffwelt des bekannten Universums.
Und schließlich die Burg Oquaach, neben der die blaue Walze ihren Flug dann vorerst beendete.
Wieso fliegt Srivonne manchmal mit der Walze, wenn er den distanzlosen Schritt beherrscht?, fragte sich der gefallene Mächtige.
*
Fast hätte Nuskoginus sie gar nicht erkannt. Sie schien buchstäblich einen halben Meter kleiner zu sein als bei ihrer letzten Begegnung, niedergedrückt vom Alter. Ihr Körper war eingefallen, wie sie dort auf einem Medobett lag, und sie sah ins Leere,
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