2354 - Kolonnen-Geometer
Körper weiter, bis der Eingang zur nächsten Hygienebank in sein Blickfeld geriet.
Er schaffte es im letzten Augenblick, ehe er sich übergeben musste.
Gerettet!, dachte er erleichtert. Wenigstens vorerst.
*
Die Mutter aller Eier brachte ihm schonend bei, was er wissen musste. Er erfuhr Dinge, über die er sich bisher nie Gedanken gemacht hatte. Was er für Perlen gehalten hatte, waren in Wahrheit Eier, nicht befruchtungsfähige Eier einer jungen Frau, die zum ersten Mal ihre Eireife durchmachte. Sie hatte es nicht mehr bis zu sich nach Hause geschafft und einen Teil davon - unterwegs verloren. „Und ich habe sie aufgesammelt", meinte Jaghiro niedergeschlagen. „Wie peinlich für sie und für mich."
„Du konntest es nicht wissen. Der Geruch hat dich in einen Zustand partieller Unberechenbarkeit versetzt, vergleichbar einem Rausch. In Zukunft wirst du in solchen Situationen anders reagieren."
„Ja. Ich danke dir. Du hast eine große Last von mir genommen." An Selbstmord dachte er nicht mehr. Er hielt sich auch nicht mehr für krank. „Da ist noch etwas", fuhr die oberste Brüterin fort. „Es dauert nicht mehr lange, dann wirst auch du das Stadium der Geschlechtsreife erreichen. Wundere dich nicht, wenn dein Körper gewisse Duftstoffe ausscheidet. Sie machen dich für die wenigen Mädchen ausgesprochen attraktiv, lösen bei gleichaltrigen Männern jedoch Missgunst und teilweise Aggressionen aus."
Wenn es danach ging, befand er sich bereits im Stadium der Pubertät. Er musste nur das aggressive Verhalten von Arfyss als Beispiel nehmen. „Ich würde gern mit dir über etwas anderes sprechen, weise Mutter", meinte Jaghiro. „Nicht jetzt, nicht heute", bat die Herrin des Baus mit nachsichtiger Milde in der Stimme. „Ich bin mit wichtigen Dingen beschäftigt."
„Selbstverständlich. Ich komme morgen wieder."
„Lass dir Zeit. Es kann eine Weile dauern."
Jaghiro zog sich unter Dankesbezeigungen zurück. Erst suchte er seine Kammer auf. Die Mulde wirkte verlockend, er sah sie mit völlig anderen Augen als bisher. Dann jedoch trieb ihn ein innerer Impuls wieder hinaus, an den Wächtern vorbei ins Freie. „Womit ist die Mutter aller Eier denn beschäftigt?", erkundigte er sich. Wichtige Dinge gab es im Leben der Oahm'Cara genug, um die Neugier damit zu stillen. „Sie brütet", lautete die Antwort. „Bald schlüpft die nächste Generation."
Wieder kam Jaghiro sich vor, als habe jemand ihm den Boden unter den Klauen weggezogen. Allerdings mischten sich dieses Mal weder Angst noch Schmerz hinein, sondern eher ein Gefühl der Erhabenheit. „Die nächste Generation", redete er halblaut vor sich hin, während er den Hauptbogen entlangeilte. „Dann kann es bis zur übernächsten auch nicht so lange dauern. Irgendwann in diesem Zeitraum gelangt die Sequin-Doar an ihr Ziel. Dann schlägt die Stunde der Oahm'Cara."
Bis dahin wollte Jaghiro Ackan alles in seinem Leben geregelt haben, um unbeschwert Neues auf sich zukommen zu lassen. Er duckte sich eng an den Boden, schlich leise und langsam dorthin, von wo er Stunden zuvor erst; geflohen war. An den Auslegern herrschte Gedränge wie immer um diese Tageszeit. Er mischte sich unter die Angehörigen von mindestens acht verschiedenen Völkern, die in der Fabrik ihren Dienst taten. Höchstens fünf davon hatte er bisher gesehen.
Der Oahm'Cara hatte Glück. Arfyss E'lhacc weilte nicht in der Nähe. Jaghiro näherte sich einem freien Ausleger.
Der Automat scannte seine Plakette. „Wie kann ich dir helfen, Jaghiro Ackan?", fragte die Automatenstimme.
Jaghiro wusste plötzlich nicht mehr, was er bei seinem ersten Besuch eigentlich hatte fragen wollen. Inzwischen gab es für ihn wichtige Dinge, die ihn selbst betrafen. „Ich möchte eine Auskunft über Arfyss E'lhacc", sagte er. „Er trägt einen merkwürdigen Stammesnamen, den ich zuvor noch nie gehört habe."
„Das ist verständlich. Die Csepan-Sippen sind vor Jahrmillionen ausgestorben. Ihnen zu Ehren wird der Name auch heute noch ab und zu vergeben."
Jaghiro erfuhr die Umstände der Namensgebung und erkannte, dass er mit seiner Vermutung gar nicht einmal falschgelegen hatte. „Danke, ich benötige keine weiteren Informationen."
„Bis zum nächsten Mal", sagte der Automat.
Jaghiro ging. Er brauchte eine Weile, bis er sich zum Bau der E'lhacc durchgefragt hatte. Es handelte sich um einen schlichten Container am Rand einer Lagerhalle, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Halle der Shupann. Jaghiro
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