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2370 - Die Milliardenstadt

Titel: 2370 - Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sanft von sich. Ihre linke Wange war gerötet. Aus den Augen drang Wasser Vielleicht weinte sie, vielleicht empfand sie Schmerz. „Es ist vorbei", murmelte er und streichelte über ihr glattes, dünnes Haar. „Es ist vorbei."
    Es dauerte Minuten, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte. „Danke", sagte Hilft förmlich und wandte sich ab. Sie beugte sich über das Brückengeländer und folgte dem Lauf des Gewässers. Es verschwand in einem Loch an der Unterkante eines aufgepfropften Gebäudeteils. Allerlei Unrat hatte sich dort angesammelt. „Willst du es denn wirklich wissen?", fragte sie undeutlich. „Deine Mutter ...
    Manche Dinge sollte man besser vergessen und nie mehr danach fragen."
    „Ist sie ... tot?" Er schluckte heftig. „So gut wie."
    „Jetzt sag schon!" Aheun stampfte am Boden auf. „Du verstehst das vielleicht nicht - aber meine Mutter ist alles, was ich noch habe."
    Hilfi seufzte, drehte sich ihm zu, wand ihren schlanken Arm um seine Hüfte. „Der Typ hat sie gekannt. Sie hat einen ziemlichen Abstieg hinter sich und lebt jetzt wahrscheinlich unten."
    „Das heißt?"
    „Ganz unten. Im untersten Stockwerk, fünfzig Meter tiefer. Dort, wo keiner freiwillig hingeht. Im Sumpfboden, aus dem niemand mehr hochkommt.
     
    7.
     
    Kenton Self mochte glauben, ein raffinierter und durchtriebener Kerl zu sein. Er besaß aber nicht den Bruchteil jener Erfahrungswerte, die ich mir im Laufe meines langen Lebens angeeignet hatte.
    Ich lieferte ihm genau bemessene Dosen an Informationen und ließ ihm dabei das Gefühl, mir das Weiße aus den Augen geräumt zu haben. Dass wir ihm aufgrund seiner Forderungen gerade mal den Hauch unseres Wissens, das wir den Raphanen voraushatten, zur Verfügung stellten, brauchte er nicht gleich zu erfahren. „Schmeckt es euch?", fragte Kenton. Er zeigte ein sattes Lächeln. „Ausgezeichnet", antwortete ich ohne Überzeugung. Trim Marath und Startac Schroeder nickten.
    Nun - im Vergleich zu Regenwürmern, verfaulten Tangblättern und Spinneneintopf mundeten das grüngelbe Süppchen und die undefinierbare Paste mit den violetten Gemüsebeilagen in der Tat.
    Wenn man allerdings die ausgezeichnete Bordmesse der EDMOND HALLEY als Maßstab nahm, war Kentons Koch der Verlierer. „Wie sieht es mit dem Zugang zur Schaltstation aus?", fragte ich zum bereits dritten Mal. „Morgen, spätestens übermorgen erhältst du alle Zugriffsrechte", sagte er. „Vorausgesetzt, du lieferst die versprochenen Informationen."
    „Abgemacht", sagte ich nach genau bemessenem Zögern.
    Buntscheckig gekleidete Helfer räumten die Teller dienstbeflissen beiseite.
    Untergeordnete Ratsherren zogen sich in kleine Nischen des nicht übermäßig großen Wohnraumes zurück. Einige von ihnen zeigten Angst. Kenton Self war der Einzige, der imstande zu sein schien, mit uns, den Außerraphanischen, zu verhandeln. Er war zwar ein über alle Maßen ehrgeiziger Mann - aber er schien der Richtige für diesen Posten zu sein.
    Während uns Kenton Self mit Getränken versorgen ging, fasste ich gedanklich zusammen, was ich bislang aus eigener Anschauung über die raphanischen Lebensbedingungen herausgefunden und mit den Informationen der Ortungsanlagen verbunden hatte.
    Sechs Großstädte mit bis zu fünf Milliarden Einwohnern waren über Arkan-Raphan verteilt. In ihnen und weiteren Konglomeraten siedelten 32 Milliarden Raphanen. 90 Prozent der Land- und Wasseroberfläche waren naturbelassen geblieben. Dichte Wälder lieferten ausreichend Sauerstoff; die Ozeane wurden von gewaltigen automatisierten Schiffsflotten nach pflanzlicher Nahrung abgegrast. Recycling war das Aund Oder raphanischen Lebenskultur.
    Roboterschwärme sorgten dafür, dass nahezu alles einer Wiederverwertung zugeführt wurde. „Wie könnt ihr bloß in derart großen Räumen wie jenen in euren Schiffen leben?", fragte Kenton. Er drückte mir einen Kunststoffbecher in die Hand und nippte selbst an seinem Getränk. „Man gewöhnt sich daran", gab ich unverbindlich zur Antwort. „Reden wir offen, Kenton. Du hast deine Spielchen gespielt, wir sind darauf eingegangen.
    Doch irgendwann nutzt sich die Hinhaltetaktik ab. Hast du Probleme, den Zugang zu den Schaltanlagen freizugeben?
    Gibt es etwas, das ich wissen sollte?"
    Ich straffte meinen Körper, bemühte einen sonoren Stimmton und sorgte anhand einer rasch anwendbaren Dagor-Atemtechnik dafür; dass mein Gegenüber den Eindruck gewinnen musste, einem ungleich stärkeren Verhandlungspartner

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