2373 - Paros-Attacken

gesehen hatten. Die Zerstörung eines einzigen Traitanks hatte sofort alle Schiffe alarmiert, die sich in erreichbarer Nähe befunden hatten. Die Vernichtung hatte die Kalbarone offensichtlich aufgeschreckt. Bisher hatten sie so etwas in der Milchstraße für unmöglich gehalten.
    Die Space-Jet mit den Strangeness-Scouts verließ die LEIF ERIKSSON II und schleuste kurze Zeit später in knapp tausend Kilometern Abstand in einen Hangar der längsseits gegangenen BAFFIN ein. Danach beschleunigte die 2500-Meter-Kugel und verschwand mit ihren vier Begleitschiffen in Richtung KOLGONDE, wo die Hyperorter eine Sammelstelle für Traitanks ausgemacht hatten.
     
    5.
     
    „Es sind fast zehntausend, Bully!" Die Traitanks sicherten das Trümmerfeld rund um die Kolonnen-Fähre, insgesamt ein Dutzend Chaos-Geschwader. Schon allein diese Tatsache zeigte, welche Bedeutung die Terminale Kolonne der gestrandeten Fähre und den Trümmern beimaß. „Ich sehe es, Shabor. Will jemand Wetten abgeben, wo Zerberoff sie abgezogen hat?"
    In diesem Sektor versammelten sich die meisten der Schiffe, die in dem nicht unbedeutenden Sternhaufen Jamondi operierten. Terra kam nach Bullys Meinung nicht infrage, weil zu weit entfernt. Thantur-Lok war eine Möglichkeit, Hayok selbstverständlich auch. Reginald Bull wandte sich an den Kommandanten seines Flaggschiffs. „Ranjif, wir sollten die Strangeness-Scouts nicht zu lange warten lassen."
    Pragesh nickte kurz. Dann verkündete er die Gefechtsbereitschaft, worauf er positive Meldungen aus den anderen ENTDECKERN erhielt. „Ich schlage die Sammelstelle nahe der Kolonnen-Fähre als Angriffsziel vor", sagte Tete Kramanlocky. „Akzeptiert. Arbeitet die Daten für den Synchronflug aus. Wir nehmen das Zielobjekt gleichzeitig aus verschiedenen Schusspositionen ins Visier. Bevor die Mor'Daer wissen, was los ist, sehen sie dem Tod ins Angesicht."
    Es dauerte nur Minuten, bis die Datenströme erstellt und synchronisiert waren. „Paros-Attacke beginnt!", rief Pragesh.
    Die fünf ENTDECKER verschwanden im Linearraum und kehrten im Zielgebiet zurück. Niemand nahm Notiz von ihnen.
    Die Paros-Schirme arbeiteten fehlerfrei.
    Bully entschied sich für einen Traitank, der ein Stück abseits des Hauptrings um die KOLGONDE seine Bahn zog. Die ENTDECKER flogen ihn tangential an, um nicht verzögern zu müssen und dabei unter die notwendige Fluchtmarke von 50 Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu sinken.
    Die Anspannung in der Hauptleitzentrale der LEIF ERIKSSON II stieg spürbar an.
    Der Aktivatorträger betrachtete Lei Kun-Schmitt. Die üppig gebaute Erste Pilotin saß in angespannter Haltung unter ihrer SERT-Haube. In der einen Hand hielt sie eine Tüte mit Süßigkeiten; mit der anderen Hand griff sie immer wieder hinein und führte ein Stück Schokolade zum Mund.
    Bully kannte die Frau von der Venus.
    Wenn sie Schokolade oder andere Süßigkeiten aß, war sie angespannt. Und wenn sie das sogar unter der SERT-Haube tat, war das ein weiterer Beleg für ihre Situation, In der Zentrale herrschte Stille. Wer etwas zu sagen hatte, sprach leise in ein Akustikfeld.
    Critta Lohffeld kommunizierte mit dem Bordrechner; es sah aus, als ginge es ihr darum, irgendwelche Abläufe an Bord des Schiffes zu verbessern. Die Leiterin der Abteilung Positroniken hatte sich bei allen Diskussionen um den Schattenschirm und die VRITRA-Kanone bisher stark zurückgehalten. Ihre Welt war die der Hyperdim-Informatik, und mehr interessierte sie kaum.
    Reginald Bull hatte den Eindruck, als betrachte sie wie einige andere Männer und Frauen die neuen Techniken noch immer als eine Art überirdische Wunderwaffen. Ohne diese beiden Errungenschaften hätten sie aber im Solsystem bleiben können, um zusammen mit dem Nukleus auf den nächsten Angriff der Terminalen Kolonne zu warten.
    Irgendwann in ferner Zukunft würden die Bemühungen der Menschheit ihren Erfolg zeigen. Nicht in einem Jahr, nicht in zehn, aber vielleicht in hundert Jahren. Dann, wenn TRAITOR abzog ...
    Rückschläge mussten die Terraner einkalkulieren. Hayok hatten sie nicht retten können, Drorah war vermutlich dasselbe Schicksal widerfahren. Andere Planeten würden folgen, und irgendwann würde vielleicht sogar Terra dran glauben müssen. Oder Arkon.
    Nein, Arkon weniger. Bully glaubte, dass Arkon eine Frist blieb, solange Zerberoff das Hauptkontingent seiner Chaos-Geschwader auf Terra konzentrierte.
    Zehntausende Traitanks hatten nicht gereicht, den TERRANOVA-Schirm zu