2388 - Objekt Ultra
ich dir nicht erst zu erklären." Der Unsterbliche wandte sich ab und ging zu dem Schott, das aus der Zentrale führte. „Wohin willst du? Ziehst du dich in deine Kabine zurück?"
„Es ist nicht nötig, dass wir persönlich die Umgebung im Auge behalten. MIRKET wird uns jede Anomalie oder Auffälligkeit melden."
Kein Wort zu viel. Als Gesprächspartner war der Maskenträger keineswegs die erste Wahl.
Aber er hatte natürlich recht. Der Bordrechner würde dank der hoch entwickelten Sensoren zweifellos schneller auf jedes ungewöhnliche Geschehen aufmerksam werden als die beiden menschlichen Beobachter.
Das Schott schloss sich hinter Saedelaere.
*
Mondra ging in den kleinen Raum, den MIRKET und der Servo- und Reparaturroboter Globus auf ihre Anweisung hin schon vor Tagen zur Trainingshalle umgestaltet hatten. Dort suchte sie seitdem mehrmals täglich Ablenkung, indem sie sich körperlich verausgabte.
Sie lächelte, als sie das in der Decke verankerte Trapez sah. Globus hatte offenbar ganze Arbeit geleistet. Sie umfasste den Haltegriff, der aussah, als sei er aus terranischem Eichenholz gefertigt; ein Detail, das sie so nicht in Auftrag gegeben hatte. MIRKET versuchte mit allen Mitteln, ihr den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Mit einem Klimmzug kam die ehemalige Artistin in die Höhe, kippte den Oberkörper vornüber und schlug eine Rolle. Sie ließ los, kam auf, ging federnd in die Knie und nutzte den Schwung zu einem Rückwärtssalto aus dem Stand.
In den letzten Wochen hatte sie die alten körperlichen Fähigkeiten wieder trainiert und sich verschiedene Übungen aus ihrer Zeit beim Zirkus in Erinnerung gerufen.
Inzwischen fühlte sie sich wieder topfit und merkte, wie sehr der Dienst auf Terra „z. b. V" sie hatte einrosten lassen. Dort stand einfach zu wenig Zeit zur Verfügung, um durch tägliches Training geschmeidig zu bleiben.
Sie rannte los und bedauerte wieder einmal, dass der Raum so klein war. Eine Runde war viel zu schnell absolviert, und es war nicht befriedigend, mehrere hundert Mal im Kreis zu laufen.
Da half auch die Anweisung an MIRKET nicht, in unregelmäßigem Abstand verschiedene Schwerkraftzonen zu schalten. Sie hatte sich im Lauf der endlosen Trainingstage längst daran gewöhnt, hin und wieder mit höherem oder geringerem Körpergewicht zurechtzukommen - der Effekt hatte jedes Überraschungsmoment verloren.
Unvermittelt verlor sie den Boden unter den Füßen und schnellte vom eigenen Schwung getragen der Decke entgegen.
Blitzartig hob sie die Hände und konnte sich gerade noch abfangen, ehe sie mit dem Kopf anschlug. Mondra spannte die Oberarmmuskeln an, stieß sich ab, geriet ins Trudeln und trieb quer durch den Raum.
Mit dieser Aktion hatte MIRKET sie tatsächlich überrascht - es war das erste Mal, dass er völlige Schwerelosigkeit schuf.
Die Seitenwand raste heran; Mondra schützte sich erneut vor einem Aufprall.
Ihr Trudeln allerdings würde sie auf diese Weise nie unter Kontrolle bringen. Jetzt fiel sie dem Boden entgegen.
Sie suchte nach etwas, an dem sie sich festhalten konnte. Ihr Blick irrte umher.
Das Ausgangsschott bot keinen Griff, die Wände waren völlig glatt, ebenso die Decke. Die ultradünne Matratze, auf der Mondra Gymnastikübungen absolvierte, schwebte durch den Raum.
Das durfte doch nicht wahr sein. Mondra wurde übel, aber sie war nicht bereit, MIRKET anzuweisen, die normale Schwerkraft wiederherzustellen. Sie wollte vor der ersten echten Herausforderung seit Wochen nicht kapitulieren.
Die etwa zwei Meter lange Matratze schlug gegen sie. Mondra überlegte, ob sie das irgendwie zu ihrem Vorteil nutzen konnte. In diesem Moment rieb etwas über ihren Rücken.
Sie wandte den Kopf und entdeckte den Haltegriff des Trapezes. Perfekt.
Die ehemalige Artistin griff hinter sich und bekam ihn zu fassen. Ihr Schwung trieb sie weiter, doch bald spannten die fest in der Decke verankerten Halteseile des Trapezes, und Mondra kam zur Ruhe. Nur sehr langsam driftete sie der Decke entgegen.
Dort stieß sie sich mit den Füßen ab und genoss das Gefühl, im wahrsten Sinn des Wortes schwerelos am Trapez zu hängen.
Zwar sagte man Zirkusartisten hin und wieder nach, sie würden wie schwerelos durch die Lüfte schweben, aber dies war etwas völlig anderes.
Mondra schloss die Augen, glaubte fast den Beifall einer imaginären Zuschauermenge zu hören, so, wie es früher gewesen war, zuletzt während ihrer Zeit bei den Fliegenden
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