Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2395 - Die Gen-Sammler

Titel: 2395 - Die Gen-Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
heranwachsende Wesen stammte genetisch nicht unmittelbar von ihr ab. Dennoch war es auf schwer zu beschreibende Weise ihr „Kind". Immer wenn ihre Gedanken um diesen Sachverhalt kreisten, fragte sie sich, ob Morian Kinnaird etwas dagegen haben würde, wenn sie das Kind anstelle ihres eigenen großzogen. Sie verneinte jedes Mal. Er war selbst als Waise bei einem Pflegevater aufgewachsen, ohne Mutter, Geschwister und Verwandte, wie es früher auf allen Welten des „Inneren Kreises" üblich gewesen war.
    Wenn sie schon keine eigenen Kinder hatten, wollten sie wenigstens eines dieser kleinen Geschöpfe aus der Brutkammer an Kindes statt großziehen.
    Erilyn ertappte sich dabei, dass die Pausen zwischen ihren Kontrollgängen immer kleiner wurden, wenige Minuten nur. Zu gern hätte sie die Beobachtungskamera eingeschaltet und dem Geschöpf beim Wachsen zugesehen.
    In der siebten Woche der beschleunigten Entwicklung meldete der Inkub, dass die Herztöne des Kindes sich stabilisierten.
    Der Embryo näherte sich seinem Abschlussstadium.
    In der achten Woche entwickelte Erilyn mütterliche Gefühle. Ihre Zitzen wurden immer wieder feucht, ein deutliches Zeichen, dass sie Milch produzierten. Es war, als sei sie selbst in anderen Umständen.
    Staunend und auch mit Ehrfurcht beobachtete sie die Veränderungen an sich selbst. Morian galt in ihren Gedanken plötzlich nichts mehr, nur noch das Kind.
    Neun Wochen beschleunigtes Wachstum in der Brutkammer - sie konnte es kaum noch erwarten. Neun Jahre war sie selbst schwanger gewesen, der Fötus war kurze Zeit vor der Geburt im Mutterleib abgestorben und mumifiziert.
    Im Nachhinein fragte Erilyn Shirde sich, wieso sie damals keinen nennenswerten Schock erlitten hatte. Hatte ihr Organismus es gesteuert und sie in eine Art emotionale Lethargie versetzt?
    Die folgende Nacht schlief sie schlecht und wälzte sich auf der Liege hin und her.
    Gegen Morgen schlief sie endlich ein und wachte später eiskalt auf. Wie tot.
    Ich fantasiere!, redete sie sich ein. Es ist alles in Ordnung. Meine Emotionen spielen nur ein wenig verrückt.
    Als wenn das nicht genug gewesen wäre.
    Es dauerte noch bis zum Nachmittag, dann meldete der Inkub, dass die typischen Symptome der Geburtsvorbereitung anfingen. Die Brutkammertemperatur nahm ab, der Fruchtwasserspiegel sank.
    Das Ungeborene strampelte ziemlich heftig und drehte sich mehrmals.
    Erilyn Shirde schaltete die Außenkamera ein. Sie wollte den kleinen Sphero als Erste sehen und dafür sorgen, dass auch er sie als Erstes wahrnahm, die Umrisse ihrer Gestalt, ihren Geruch. Sie lüftete ihr Gewand ein Stück.
    Und dann öffnete sie den Deckel der Brutkammer. Da war es, das erste Retortenbaby! Ein Knäuel Fell, mit kurzen Ärmchen und Beinchen, spitzen Ohren und einem Kopf mit einer stark ausgeprägten Schnauze. Die Nase glich einem dunklen Stofffleck, das Gebiss war voll ausgeprägt mit scharfen Reißzähnen. Das Neugeborene stieß ein helles Knurren aus und bleckte immer wieder sein Gebiss.
    Die Biogenetikerin keuchte. Sie suchte nach einem Halt, fand ihn an einer Konsole. Ein halblauter Schrei entfuhr ihr. „Khar!"
    Der Androide hielt sich mit den anderen in einem Nebenraum auf. Sie hatte ihre Mitarbeiter schon vor Tagen hinausgeschickt, wollte die letzten Stunden ganz für sich allein genießen. Jetzt stürmte er durch die sich öffnende Tür. „Kann ich helfen?"
    „Nimm das weg, Khar!" Angewidert wandte sie sich ab. „Das ist ... das ist eine Missgeburt!"
    „Es sieht nicht aus wie ein Sphero, eher wie ein vierbeiniges Tier", korrigierte der Androide sie. „Eigentlich ist es ganz süß.
    Und sieh nur, es hat wunderschöne gesprenkelte Sphero-Augen."
    Die Biogenetikerin antwortete mit einem schrillen, markerschütternden Schrei. Sie rannte durch die offene Tür hinaus in den Korridor und Richtung Transmitter. Kurz vor dem Erreichen des Ziels verließen sie die Kräfte. Sie stürzte zu Boden, die Stelle kam ihr irgendwie vertraut vor.
    Erilyn Shirde verlor das Bewusstsein.
     
    *
     
    „Wie geht es ihr?"
    Die Medikerin gab Morian keine Antwort.
    Er wiederholte die Frage. Die Sphero schnaufte ungehalten. „Sieh doch selbst", sagte sie dann.
    Er trat ein. Erilyn lag auf den Polstern, den Blick zur Decke gerichtet. Sie bot dasselbe Bild wie am Tag zuvor und vor zwei Tagen, aber auch wie vor zwei Wochen und zwei Monaten. Ein Jahr lang ging das inzwischen so. Sie nahm Nahrung und Flüssigkeit zu sich, sie ließ sich duschen und spazieren führen, aber

Weitere Kostenlose Bücher