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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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versteht sich ganz von selbst.
    Mein kleiner Halef schien sich mit ganz ähnlichen Gedanken zu beschäftigen. Er stand, die Zügel der Pferde in den Händen, neben mir, schaute dem sich entfernenden Dschirbani mit leuchtenden Augen nach und brummte, als dieser verschwunden war, fast zornig vor sich hin:
    „Undankbares Volk! Du hat dein Leben doppelt und dreifach auf das Spiel gesetzt, und nun es dir gelungen ist, sind alle Mäuler stumm. Aber nachmachen kann es keiner! Und schau nur die Augen, die sie auf uns richten! Eindruck hast du doch auf sie gemacht. Da hast du dein Pferd und deine Waffen. Wir müssen wieder hinüber!“
    Wir stiegen wieder auf und ließen uns von unseren Pferden über das Wasser setzen. Die Frau des Scheiks befand sich noch immer an der Stelle, wo wir sie verlassen hatten. Sie nahm uns wieder auf. Sie war die einzige, die beabsichtigte, uns ihren Beifall zu zollen. Eben wollte sie damit beginnen, da deutete sie erschrocken auf das Wasser des Kanals und rief:
    „Die Unholde. Die Ungeheuer! Sie kommen hinter dir her! Nimm dein Gewehr! Schieß sie nieder!“
    Die beiden Hunde waren hinter uns in das Wasser gegangen und schwammen herüber. Alles drängte voller Angst nach vorn und nach hinten, denn nach der anderen Seite konnte man nicht entweichen, weil da auch Wasser war. So wurde die Stelle, nach welcher die Hunde trachteten und wo ich mich mit Taldscha und Halef befand, frei. Jeder, der in der Nähe war, griff nach seiner Waffe, nach Messer, Pfeil oder Spieß, um sich zu schützen. Da hob ich warnend den Arm empor und rief:
    „Hütet euch, sie anzugreifen, zu verletzen! Sie würden dann wieder unbändig, wie zuvor! Ich stehe gut für sie!“
    „Wenn du dich verbürgst, so bleibe ich bei dir“, antwortete die Frau des Scheiks beherzt.
    Ich sprang vom Pferd und trat an das Wasser, um die Hunde liebkosend zu empfangen. Da leckte mir der eine die ihm entgegengestreckte Hand, und der andere beeilte sich, diesem Beispiel zu folgen. Ich wartete, bis sie sich das Wasser aus den Zotteln geschüttelt hatten, und band sie dann mit Hilfe zweier Riemen rechts und links an meine Steigbügel. Sie ließen sich das nicht nur gefallen, sondern gaben durch ein befriedigtes Winseln sogar ihre Freude darüber zu erkennen. Sie betrachteten es als den Beweis, daß sie nun zu mir gehörten. Das hatten sie ja gewollt, und als ich nun wieder in den Sattel stieg und das Pferd sich in Bewegung setzte, bellten sie laut und gingen fröhlich nebenher. Die Frau des Scheiks betrachtete mich mit dem Ausdruck größten Erstaunens.
    „Welch ein Wunder!“ rief sie aus. „Du scheinst ein viel, viel größerer und unendlich geschickterer Zauberer zu sein als der Sahahr!“
    „Durch Verstand und Liebe gut zu machen, was Unverstand und Haß verschuldet haben, dazu bedarf es nur des guten Willens, nicht aber eines Wunders oder gar der Zauberei“, antwortete ich. „Ein Wunder ist es nur, daß ihr das Selbstverständliche und Natürliche für ein Wunder haltet. Bei allem, was soeben geschehen ist, beschäftigt mich nur die eine Frage, ob ich unnütz gehandelt habe oder nicht.“
    „Unnütz? Wieso?“
    „Ist der Dschirbani nun wirklich frei?“
    „Ja, wirklich!“ versicherte sie.
    „Für wie lange?“
    „Für immer!“
    „Er kann nicht wieder eingesperrt werden?“
    „Als Aussätziger und Wahnsinniger nie wieder. Der Sahahr hat ihn freigegeben, und zwar unter Bedingungen, die von dir erfüllt worden sind. Er ist also von jetzt an, bis er stirbt, ein freier Mann, dem niemand etwas anhaben darf, solange er sich nicht in anderer und neuer Weise gegen die Gesetze der Ussul vergeht. Ich habe seine Freiheit gewünscht. Ich habe dich um sie gebeten. Ich möchte nun gern von meinem Dank sprechen; aber ich habe nun gehört, was er hierüber sagte, nämlich daß man solchen Dank zu leben hat und nicht nur von ihm reden soll. Ich halte seine Ansicht für klug und weise und richte mich nach ihr, indem ich für jetzt schweige, um von nun an durch die Tat mit dir zu sprechen. Das, was du wünschst, soll mir nicht weniger wert sein, als mein Wunsch dir gewesen ist. Ich bitte dich, mich deine Freundin nennen zu dürfen!“
    „Du darfst nicht nur, sondern ich ersuche dir sogar darum, und zwar recht herzlich! Es ist mir eine große Beruhigung zu wissen, daß diese Befreiung des Dschirbani für das ganze Leben gilt. Auf den Vorwurf, daß er wahnsinnig sei, habe ich ihn natürlich noch nicht prüfen können, aber ich will dir nicht

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