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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Friede?“
    „Du gibst also zu, daß der Krieg nur die unglückliche Ausnahme von der glücklichen Regel ist?“
    „Ja.“
    „Sehr gut! Doch weiter: Es gibt nützliche Menschen und es gibt unnütze, ja, sogar schädliche Menschen. Welcher Zustand von beiden ist der natürliche, der erstrebenswerteste Zustand: nützlich zu sein oder unnütz, wohl gar schädlich zu sein?“
    „Der erstere.“
    „Wie würdest du wohl einen Menschen nennen, der anstatt das Gute zum Guten und das Nützliche zum Nützlichen zu fügen, das Böse zum Guten und das Schädliche zum Nützlichen gesellt? Würdest du ihn für klug, für weise, für wohlüberlegt halten?“
    „Nein.“
    „Also gehören die nützlichen Menschen, die gesunden, die arbeitsfähigen zum Frieden, die andern aber für den Krieg! Es ist eine unverzeihliche Unklugheit und Sünde, grad die Ernährer des Volkes dem Feind entgegenzusenden, damit er sie vernichte! Wir tun das Gegenteil: wir behalten sie daheim –“
    „Und werdet darum fast regelmäßig geschlagen?“ warf ich ein.
    „Nein! Nicht regelmäßig, sondern nur meist! Aber bedenke, daß die Tschoban nur kommen, um Herden zu stehlen. Ich nehme einmal an, daß sie uns überfallen und uns tausend Ochsen rauben. Ich kann das verhüten, indem ich ihnen zweihundert oder dreihundert junge, kräftige Männer opfere, die im Kampf mit ihnen getötet werden. Effendi, ich sage dir, daß mir die Wahl zwischen diesen tausend Ochsen und den dreihundert Jünglingen nicht schwerfallen kann. Ich werde mit Freuden die Ochsen geben, um die Menschen zu retten! Es kann uns nicht einfallen, dem Mir von Ardistan grad unsere besten und auserwähltesten Leute zu schicken, zumal der Tribut, den er außerdem von uns verlangt, kaum zu erschwingen ist.“
    „Ihr zahlt Tribut?“ fragte ich.
    „Ihr etwa nicht?“ fragte sie entgegen.
    „Nein“, antwortete ich.
    „Wie nennt ihr es sonst?“
    „Steuern.“
    „Das ist genau dasselbe. Steuern sind erzwungener Tribut. Keiner gibt sie gerne. Werden sie für Werke des Friedens verwendet, so bringen sie Segen. Verlangt man sie aber für den Krieg, so bringen sie Fluch. Die Steuer, die wir dem Mir von Ardistan bezahlen, ist nur für den Krieg. Wir haben genau soviel zu entrichten, wie die Unterhaltung seiner Leibgarde kostet. Diese Leibgarde besteht nur aus hochgewachsenen Ussul, mit denen er prangt, und vor denen sich alle fürchten. Die haben wir ihm natürlich auch zu liefern. Wir rechnen also folgendermaßen: Wir haben die Leibgarde und alles zu liefern, was zu ihrer Unterhaltung erforderlich ist; folglich liefern wir nur solche Leute, die wir los sein wollen oder die wir auch hier in der Heimat ohnedies unterhalten müßten, ohne daß wir Nutzen davon hätten. Das sind die Kranken, die äußerlich und innerlich Kranken, die Faulen, die Leichtsinnigen, die Unzuverlässigen, die Lügner, die Diebe. In dieser Weise verhindern wir Verbrechen und ersparen Gefängnisse. Nur darum konnten wir dir versichern, daß kein Ussul dich belügen werde, denn die Schlechten sind bei dem Mir, aber nicht bei uns!“
    „Fügen sie sich denn diesem Brauch, Soldat zu werden?“
    „Mit Freuden!“
    „Und auch körperlich Kranke sendet ihr?“
    „Ja. Nur müssen sie die vorgeschriebene hohe Statur besitzen. Es gereicht ihnen fast stets zum Nutzen. Sobald sie aus unsern niedrigliegenden, feuchten Wäldern hinaus in die Sonne und hinauf in die Berge kommen, werden sie gesund. Auch die sittlich Kranken pflegen gesund zu werden. Die Zucht des Mir von Ardistan ist streng. Wer sich nicht fügt, der geht zugrunde. Daher kommt es, daß alle diejenigen Leibgardisten, die er auf ihren Wunsch ausscheidet und in die Heimat schickt, sehr brauchbar gewordene und bewährte Menschen sind, die ihren Stolz dareinsetzen, hier bei uns geachtet zu werden. Wir haben es für vorteilhaft gehalten, aus ihnen unser kleines stehendes Heer zu bilden, und ich bin überzeugt, daß du uns sehr bald dafür loben wirst. Du wirst eine ganze Kompanie von ihnen sehen, die bereitsteht, uns zu empfangen, denn unsere Ankunft ist gemeldet worden. Nur noch zwei Minuten, so sind wir am Palast. Erlaube mir, mich wieder zum Scheik zu gesellen!“
    Sie trieb ihr Pferd an und befand sich nach wenigen Augenblicken an der Seite ihres Gemahls. Ich war nun wieder mit Halef allein in Reih und Glied. Dieses Glied im Zug nahm allerdings beträchtlich mehr Raum ein als die andern Glieder, und zwar wegen der Hunde. Man traute ihnen nicht. Voran ritt der

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