24 - Ardistan und Dschinnistan I
dem Tor des ‚Palastes‘ zu, um in dessen Innern auf den Beginn des Mahls zu warten. Wir aber gingen nach dem Haus, welches wir bewohnen sollten. Die Pferde folgten uns, ohne daß wir sie zu führen brauchten; die beiden Hunde gingen natürlich mit.
Das Haus lag neben und, weil wir um ihn herumgehen mußten, für uns zugleich hinter dem Palast, und zwar wie dieser, am Ufer des Stroms. Es war eigentlich eine in vier Stuben abgeteilte Blockhütte, neben der ein kleines Gebäude zur Unterbringung von allerlei Dingen stand. Jetzt war es leer, und so bestimmten wir es zum Pferdestall. Das Wohnhaus war nach dortigen Begriffen möbliert. Im vorderen der vier Räume befand sich ein Herd, auf dem ein Feuer brannte. Zwei Männer empfingen uns; sie waren zu unserem Dienst bestellt und hatten den Befehl bekommen, ihn ebenso aufmerksam zu leisten, wie bei dem Scheik selbst. Das Feuer war keineswegs überflüssig. Alles, was man berührte, fühlte sich feucht an. Schon um das Modern zu verhüten, mußte trockene Wärme geschafft werden. Für Menschen wäre es unmöglich gewesen, in dieser Wohnung zu bleiben, ohne zu erkranken. Die Herrin der Ussul schaute sich sehr genau im Haus um. Welchen Zweck das hatte, sahen wir erst, als sie mit ihrem Mann gegangen war. Da schickte sie nämlich Kissen, Decken, Gefäße und eine ganze Menge anderer Dinge und Kleinigkeiten, die unsere Behaglichkeit erhöhen sollten.
Als wir allein waren, sorgten wir zunächst für die Pferde. Es war alles da, was wir brauchten, und für die Hunde wurde vom ‚Palast‘ aus reichlich für Fleisch und Knochen gesorgt. Dann untersuchten wir die Umgebung. Wir wohnten in lauter Gemüse. Das Haus lag nämlich in den großen Gärten des Scheiks. Leider fanden wir nicht Zeit, sie ganz zu überschauen, denn es dunkelte bereits, und in jenen Gegenden ist die Dämmerung bekanntlich sehr kurz. Am Fluß gab es Stufen, die zum Wasser hinabführten. Da hingen mehrere kleine Flöße und Boote, auch ein ledernes Kanu, wie dasjenige draußen im Urwald, in dem wir heimlich über den See gerudert waren. Ich gab den beiden Dienern den Wunsch zu erkennen, dieses Fahrzeug ausschließlich nur für uns zurückzuhalten.
Von allen Pflanzen hier in den Gärten waren mir die Duriobäume am interessantesten. Es gibt Leute, welche die Früchte dieser Bäume als die größte Delikatesse auf Erden betrachten. Der Durio wird sehr hoch, noch höher als unsere ältesten Äpfel- und Birnbäume. Er hat rotsilbergraue, schuppige Blätter und grüngelbe Blüten. Seine Früchte erreichen die Größe eines Menschenkopfes und sind entweder von kugeliger oder länglichrunder Gestalt. Die Schale derselben ist dick und hart und dicht mit Stacheln besetzt. Das Innere enthält fünf Fächer, in jedem Fach einige Samen, die von einem weißen, außerordentlich appetitlichen Fruchtfleisch umgeben sind. Dieses Fleisch schmeckt allerdings ebenso gut, wie es aussieht, wie fein zubereiteter Rahm von allerbester Milch, nur hat man sich, wenn man diese Speise nicht gewohnt ist, beim Essen die Nase zuzuhalten, weil sie, je nach der besonderen Sorte des Baumes, sehr stark nach verdorbenen Zwiebeln, faulen Eiern, altem Käse oder stinkigem Fleisch riecht. Es gibt sogar Sorten, und das sind die beliebtesten und gesuchtesten, die nach allen diesen schönen Dingen zu gleicher Zeit duften. In Europa pflegt man diesen Baum Zibetbaum zu nennen, weil angeblich die Zibetkatzen für ihn eine ebenso große Zuneigung besitzen, wie unsere heimischen Katzen für den Baldrian. Er ist ein außerordentlich nützlicher Baum. Seine sehr wohlschmeckenden Samen werden wie Kastanien geröstet, und das Fleisch der Früchte wird trotz seines üblen Geruchs weit höher geschätzt als jedes andere Obst. Unreif wird es als Gemüse zubereitet.
Als ich Halef auf die Eigenschaften dieser Früchte aufmerksam machte, die er noch nicht kannte, sagte er:
„Also grad wie beim Menschen! Mag er noch so niedrig wachsen oder noch so hoch, wie diese Duriokugeln, und mag der Geschmack ein noch so delikater sein, etwas schlechter Geruch ist fast immer dabei. Zudem pflegen grad die, die am höchsten hängen, die bösesten Stacheln zu haben! Übrigens wird sich wohl ein Mittel finden lassen, den Gestank zu vermeiden, ohne auf den Wohlgeschmack verzichten zu müssen. Ich glaube, ich kenne es schon.“
„Welches?“
„Komm! Ich werde es dir zeigen. Glaubst du etwa, daß es nachher beim Festessen eine Duriospeise geben wird?“
„Wahrscheinlich sogar
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