24 kurze Albträume (German Edition)
gesehen. Klingt verrückt, aber der verdächtige Reiter war ganz in der Nähe der Leiche. Sie warten in den Trebeler Bauernstuben auf dich.«
Na großartig. Mit Dienstpistole und Goretexjacke versehen, stiefelte Redlich zur Tür. Nichts wie raus hier, bevor noch jemand einen Wolf mit Großmutterhaube meldete.
Der Kommissar parkte am oberen Rand des Teufelslochs und suchte mit dem Fernglas die Umgebung ab. Nichts. Seufzend kletterte er in die Senke hinunter. Weit und breit nur flache Heidelandschaft, keine Spur von einer Leiche. Keine Spur von irgend etwas. Es goss mittlerweile wie aus Kübeln. Redlich beschloss, zuerst die Zeugen aus Hamburg zu befragen. Die Frau im Reitstall, die den Leichenfund gemeldet hatte, würde ihm nicht weglaufen, aber bei Touristen aus der Stadt konnte man nie wissen.
Wie befürchtet, erwartete ihn in der Schenke eine haarsträubende Geschichte. Ein Reiter ohne Kopf sei über die Heide gejagt, er habe einen flatternden Mantel getragen, und aus seinem Hals hätten weiße Flammen geschlagen. Er hätte ein riesiges schwarzes Pferd geritten, welches Geräusche wie ein Drache von sich gegeben habe und äußerst wild gewesen sei. Nein, eine Leiche oder einen bewaffneten Mann hätten sie nicht gesehen.
»Was haben Sie eigentlich dort gemacht?« fragte Redlich, schon halb im Aufbruch.
»Och, nur ein bisschen fotografiert. Ein Hobby, wissen Sie«, antwortete der Mann. »Ich habe versucht, den Geisterreiter zu knipsen, aber gegen den dunklen Himmel ...« Er hielt dem Kommissar eine Digitalkamera hin.
Ein dunkles Pferd und eine Gestalt im Sattel konnte man erkennen, aber mehr auch nicht. Redlich blätterte im Display vor und zurück. Vielleicht würden die Polizeitechniker etwas Brauchbares daraus machen können. Einige Aufnahmen davor zeigten eine nackte Frau in aufreizenden Posen. Die Dame am Tisch wurde rot.
»Bitte warten Sie hier auf meine Kollegen und stellen Sie ihnen die Aufnahmen fürs Labor zur Verfügung.«
»Ja, selbstverständlich. Eh ... alle?«
Redlich schmunzelte. »Nein, nur die vom Reiter.« Er verabschiedete sich, um sich seine nächste Zeugin vorzunehmen.
Die hellblonde junge Dame führte einen verschwitzten Rappen in der Reithalle umher, um ihn abzukühlen. Kommissar Redlich fiel neben ihr in Gleichschritt. Sie berichtete von der Toten im Sand, dem Moment, da Charcoal sie mit seinem lauten Schnauben verraten und der Mörder sie entdeckt hatte. Sie habe dem Pferd die Sporen gegeben, voller Furcht, jeden Moment erschossen zu werden. Charcoal habe sich nicht zweimal bitten lassen und sei losgestürmt. Der Hut sei ihr vom Kopf gerutscht, der viel zu große Buschmantel sei ihr bis über die Ohren geschlagen, doch sie habe die Zügel nicht loslassen wollen und sich einfach blind auf ihr Pferd verlassen. Die Waghalsigkeit dieses blinden Galopps war ihr nicht bewusst. Schließlich hatte Charcoal sie sicher nach Hause gebracht, nicht wahr? Ihre einzige Sorge bestand darin, vom Mörder erwischt zu werden.
Redlichs Handy klingelte. »Der Fall ist gelöst«, sagte er zu den Kollegen aus der Stadt. »Ihr könnt wieder fahren. Schönen Sonntag noch.«
Aus dem Handy drang ein längerer Wortschwall.
»Ja, na gut, dann lauft ein paar Stunden in der Heide rum, besichtigt den Tatort und lasst Euch ordentlich durchweichen. Die Leiche sitzt in den Trebeler Bauernstuben und isst Apfelkuchen. Kommt danach zu mir wenn ihr wollt, ich taue euch mit einem heißen Tee wieder auf.« Bis die Kollegen alle Zeugen genauestens befragt und alle Vordrucke ausgefüllt hatten, würde er hoffentlich seine Zeitung ausgelesen haben.
Kommissar Redlich verabschiedete sich von Hanna, streichelte Charcoals Hals und sagte: »Ein schönes Pferd. Sehr
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