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24 kurze Albträume (German Edition)

24 kurze Albträume (German Edition)

Titel: 24 kurze Albträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Schleheck , Oliver Henzler , Michael Rapp , Bernhard Giersche
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ich mit dir rede. Und steh’ nicht ein­fach so da.« Die durch­drin­gen­de Stim­me stach in sein ge­pei­nig­tes Ge­hirn. Er woll­te die­se Stim­me nicht hören, er wünsch­te, er kön­ne sie ab­s­tel­len, sie ein für alle Mal aus­mer­zen, sie zum Schwei­gen brin­gen. Er woll­te … die­ses Licht! Er er­sehn­te die­se Be­rührung mit dem Ne­bel, die ihm Frie­den ver­sprach. Doch et­was hielt ihn da­von ab, in die­se stil­le Welt ein­zut­au­chen, je­mand zerr­te an sei­ner Schul­ter und sei­nen Ho­sen­bei­nen.
    Er ver­such­te die­ses un­an­ge­neh­me Zer­ren zu ver­drän­gen, woll­te ein­fach nur hin­aus in den sanf­ten Ne­bel. Hin­ein in die­se wal­len­den Dunst­schlei­er, die ihm Glück­se­lig­keit ver­hie­ßen – ihn lock­ten, ihn ma­gisch an­zogen. Ge­stal­ten form­ten sich nun dar­in. Da war … ein Mann mit ei­ner Axt, der ihm zu­wink­te. Ein An­de­rer mit ei­ner Schrot­flin­te voll­führ­te eine ein­la­den­de Ges­te. Eine Frau mit ei­nem Ta­blet­ten­röhr­chen in der Hand lächel­te ihn an und ent­blö­ßte ihre Brüs­te. Vie­le Ge­sich­ter er­schie­nen dort im Dunst - alle freund­lich, zu­ge­wandt. Sie wünsch­ten ihn in ih­rer Mit­te, denn er ge­hör­te zu ih­nen. Ne­bel­schwa­den dran­gen durch die durch­läs­sig ge­wor­de­ne Fens­ter­schei­be ins In­ne­re des Zim­mers, um­schmei­chel­ten ihn, kro­chen an sei­nem Kör­per em­por. Weich und kühl. Sanft spür­te er sie auf sei­ner prickeln­den Haut.
    Die quälen­den Stim­men wa­ren jetzt fast völ­lig ver­stummt.
    Nur die­ses un­abläs­si­ge Zie­hen und Zer­ren er­in­ner­te ihn dar­an, dass ihn et­was zu­rück­hal­ten woll­te. Ein Är­ger­nis. Ein letztes Hin­der­nis, das ein­fach nur be­sei­tigt wer­den muss­te.
    Der Ne­bel­schwa­den hat­te nun sei­ne Hand er­reicht und form­te in ihr ein Ge­bil­de. Es schi­en ein me­tal­le­ner Ge­gen­stand zu sein, den er fest um­schloss. Er ver­schmolz mit ihm zu ei­ner un­trenn­ba­ren Ein­heit aus Kör­per und Ne­bel. Es gab ihm Kraft, Fes­seln zu lö­sen, die ihn hier und jetzt noch hiel­ten. Er schweb­te. Er tauch­te in den Ne­bel ein …
     
    »Da hat je­mand sei­ne Alte und den Sohn ab­ge­sto­chen. Mit ei­nem Mar­me­la­den­mes­ser …« Gerd Radt­ke sah sei­ne Frau nicht an, während er die Zei­tung stu­dier­te.
    »Ohne je­des Mo­tiv. Und … die Zun­gen `raus­ge­schnit­ten«, füg­te er hin­zu und gab sei­ner Toch­ter, die ge­ra­de et­was Milch über die Tisch­decke ge­kleckert hat­te, einen ge­rei­zten Nacken­schlag. Dem klei­nen Mäd­chen tra­ten Trä­nen in die Au­gen. Sei­ne Frau be­dach­te ihn mit ei­nem bit­ter­bö­sen Blick und nahm ihr Kind trös­tend in den Arm.
    »Ver­wöhn’ die Göre nicht so«, schnauf­te Radt­ke miss­bil­li­gend. »Sonst wird sie so nach­läs­sig wie ihre schlam­pi­ge Mut­ter!«Er wälzte sei­nen fet­ten Kör­per in eine be­que­me­re Sitz­po­si­ti­on und kratzte sich um­ständ­lich un­ter ei­ner Ach­sel­höhle. Dann wand­te er sich wie­der sei­ner Lek­tü­re zu.
    »Ab­s­te­chen hat ihm wohl nicht ge­reicht …«
    Das klei­ne Mäd­chen blick­te ver­ängs­tigt aus dem Au­gen­win­kel zu ihm her­über. Sei­ne Frau er­hob sich schwei­gend, strich ih­rer Toch­ter lie­be­voll über das Haar und ging zum Fens­ter.
    »Es sieht nach Ne­bel aus«, mur­mel­te sie ver­son­nen nach ei­nem Blick durch die Schei­ben. Fast zärt­lich be­rühr­te sie das Bü­gel­ei­sen ne­ben ihr auf dem Bü­gel­tisch …
     
     

Sa­bi­ne Völ­kel
     
    Pup­pen­mut­ter
     
    Manch­mal über­fällt mich die Angst. Meist kommt sie plötz­lich und die Aus­lö­ser sind so nichts­sa­gend, dass das Auf­zählen nicht lohnt. Ich weiß, dass es nicht nur mir al­lein so geht, das be­ru­higt und ver­un­si­chert mich zu­gleich. Wenn zwei ver­schie­de­ne Men­schen die­sel­be Nich­tig­keit be­ängs­ti­gend fin­den, muss dann nicht tat­säch­lich ein Schrecken dar­in lie­gen?
     
    Da war die Sa­che mit dem Pup­pen­kopf. Ein Nach­bars­kind, ein klei­nes Mäd­chen, das bei mir ge­spielt hat­te, hat­te ihn ver­ges­sen. Es war ein selt­sa­mes Mäd­chen, was Pup­pen an­be­traf. Die­se hiel­ten bei ihr nie län­ger als eine Wo­che, dann la­gen sie schmut­zig,

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