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24 Stunden

24 Stunden

Titel: 24 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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fügen.
    »Das hätte sie«, sagte er. »Aber du musst das nicht. Heute wird niemand sterben. Ich werde dir ein kleines Geheimnis anvertrauen. Das hier ist der letzte Job, den ich je machen werde. In ein paar Tagen werde ich in Costa Rica sein. Ein reicher Ausländer wie Hemingway oder Ronnie Biggs.«
    Ronnie Biggs? »Wer ist Ronnie Biggs?«
    »Einer der großen Posträuber. Aus England.« Hickey schaute zum Fenster. »Vielleicht war das vor deiner Zeit. Biggs hat genau wie ich das perfekte Verbrechen geplant. Und er ist genau wie ich ungestraft davongekommen. Ich habe dieses Ding schon fünfmal gedreht, ohne geschnappt zu werden. Und heute ist mein großer Abgang.«
    Karen schöpfte neue Hoffnung. Plötzlich sah sie wieder Licht am Ende des Tunnels. Vielleicht hatte sie Hickey falsch eingeschätzt. Vielleicht war er auch der Meinung, 24 Stunden in der Hölle seien Bestrafung genug. Oder vielleicht schob er Will nicht wirklich die Schuld am Tod seiner Mutter zu.
    »Dusch dich und zieh dir was Nettes an. Du musst heute Morgen eine gute Show vor deinem Banker abziehen. Davidson geht um halb neun ins Büro. Um Viertel vor neun rufst du ihn an. Dann fahren wir hin, und du unterschreibst die Überweisung.« »Was soll ich ihm denn sagen?«
    »Das erfährst du gleich. Dusch dich.« Er kicherte. »Oder soll ich dir helfen?«
    »Ich komme gut alleine klar.«
    »Dachte ich's mir doch.«
    Als Karen ins Badezimmer ging, sah sie auf Hickeys Hose genau über dem Knie einen kleinen, frischen Blutfleck. »Sie müssen Ihre Wunde neu verbinden«, sagte sie. »Im Schrank unter der Spüle ist Verbandszeug.«
    Er schaute auf das Blut und grinste. »Ist wohl erst mal Safersex angesagt, was?«
    Hickeys plötzliche Fröhlichkeit irritierte Karen. Sie konnte sich das nicht erklären. Vielleicht hatte die bevorstehende Lösegeldübernahme seine Stimmung aufgeheitert. Seine herrliche Zukunft in Costa Rica.
    Karen blieb vor der Badezimmertür stehen. »Warum Costa Rica?«
    »Keine Auslieferung an die USA.«
    »Ach so. Na klar.«
    »Ich hab da ein Stück Land. Eine Ranch.«
    Hickey hatte ebenso viel Ähnlichkeit mit einem Rancher wie Redford und Newman in Butch Cassidy and the Sundance Kid. Sie hatten von Bolivien geträumt. Karen schaute noch einmal auf die Uhr und fragte sich, ob Wills Bemühungen, Hueys Mobiltelefon aufzuspüren, zu etwas geführt hatten. Waren alle Bemühungen vergebens? Oder bereitete sich gerade eine FBISpezialeinheit darauf vor, die Hütte zu stürmen, in der Abby gefangen gehalten wurde?
    »Beweg deinen Arsch«, sagte Hickey. »Wir haben nur noch eine knappe Stunde Zeit.«
    Karen ging ins Badezimmer. Ihre Glieder schmerzten vor Erschöpfung. Auf die Ereignisse der nächsten Stunden hatte sie keinen Einfluss. Niemand hatte einen Einfluss darauf. Es war wie bei einer Geburt. Wenn das Fruchtwasser am Ende der Schwangerschaft brach, wurde das Baby geboren, und das konnte nur verhindert werden, indem die Schwangere getötet wurde.
    Will stand vor dem Fenster des Salons seiner Suite. In diesem Augenblick bedauerte er, dass sie keinen Balkon hatte. Der Gestank von alten Eiern drang von dem Servierwagen, den Cheryl beim Zimmerservice bestellt hatte. Will hatte sich gezwungen, etwas Tee zu trinken und ein trockenes Brötchen zu essen.
    Cheryl hingegen hatte sich ein fürstliches Frühstück gegönnt, das von der Marketingabteilung des Beau Rivage den Namen »Natchez- Teller« erhalten hatte. Will schoss die Frage durch den Kopf, ob sich das wiederholte Injizieren von Anectine und Restorase auf den Appetit auswirkte.
    Die Sonne schien aufs Wasser und verlieh den braunen Wogen einen silbernen Schimmer. Hickeys letzter Kontrollanruf war vor drei Minuten erfolgt - genau um acht Uhr. Cheryl hatte Will anschließend informiert, dass sie in einer Stunde zur Magnolia Federal Bank in Biloxi fahren sollten. Obwohl Harley Ferris sich noch nicht wieder gemeldet hatte, gab Will die Hoffnung nicht auf. CellStars beste »Spürhunde« hatten Hazelhurst um 7 Uhr 15 erreicht, aber Hickey hatte den Kontrollanruf um halb acht ausgelassen. Daher erwies sich die höllische Fahrt von Tunica County als sinnlos. Zumindest war das Team vor Ort, um den 8-Uhr-Anruf zurückzuverfolgen, falls Hickey Huey überhaupt angerufen hatte.
    Will rechnete jede Sekunde mit Ferris' Anruf. Dann würde er erfahren, ob Hueys Standort lokalisiert werden konnte oder nicht. Falls das nicht der Fall war, musste er eine Entscheidung treffen. Sollte er das FBI einschalten und

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