24 Stunden
weiß, dass er das nicht machen kann. Und er wird es nicht tun. Und zwar aus einem guten Grund. Versetzen Sie sich einmal in die Lage dieses Mannes. Er ist vollkommen handlungsunfähig, weil das Leben seines Kindes, auf dem Spiel steht. Ich bitte Sie daher, mit äußerster Vorsicht vorzugehen.«
Zwicks Lächeln erlosch. »Doktor, ich bin über die Problematik dieser Operation sehr wohl im Bilde. Ich frage mich jedoch, ob das bei Ihnen auch der Fall ist. Hätten Sie und Ihre Frau das Kidnapping Ihres Sohnes im letzten Jahr angezeigt, müsste dieser Vater jetzt nicht um sein Kind zittern. Der Anführer der Bande würde längst im Gefängnis schmoren.«
Zwicks Miene verriet, dass er eine aggressive Antwort erwartete, doch McDill seufzte und räumte dann ein: »Vielleicht haben Sie Recht. Aber mein Sohn lebt noch, und ich kann mit meiner Entscheidung leben. Ich hoffe, dass Sie morgen um die gleiche Zeit auch mit Ihrer leben können.«
Dem Agenten schoss das Blut in die Wangen, doch bevor er seiner Wut Luft machen konnte, stand Agent Chalmers auf und sagte: »Doktor, was halten Sie davon, wenn wir einen Kaffee trinken?«
McDill ergriff die Hand seiner Frau, stand von der Couch auf und ging zur Tür, ohne Zwicks Blick auszuweichen. Er war den Blicken von zu vielen Offizieren in Vietnam ausgewichen und hatte viel zu oft bei Besprechungen seinen Mund gehalten. Heute Nacht war er nicht bereit, klein beizugeben.
Als er den Raum verließ, begann sofort eine lebhafte Diskussion über die taktische Annäherung an den Fall und die erforderliche Logistik. McDill drückte Margarets Hand, doch in diesem Augenblick galten seine Gedanken dem Vater, der im Beau Rivage in der Falle saß. Auch wenn McDill ihn noch nie gesehen hatte, verstand er diesen Mann besser als seinen eigenen Bruder.
Um 5 Uhr 56 stand Will kurz vor dem Zusammenbruch. Er hatte zu viel heißen Tee und Cola getrunken, und seine Hände zitterten wie bei einem Süchtigen auf Entzug. Seine Gedanken drehten sich wie ein Karussell immer um den gleichen Punkt. Seine Bemühungen, Abby durch Hueys Mobiltelefon aufzuspüren, hatten zu nichts geführt. Der Kontrollanruf um 4 Uhr 30 hatte Hailey Ferris nicht weitergebracht, weil sein pensionierter Ingenieur noch zu weit von Hazelhurst entfernt war. Um 5 Uhr hatte Will erneut Hoffnung geschöpft, doch der 5-Uhr-Anruf erfolgte gar nicht.
Will wartete zehn Minuten, und dann hielt er die Ungewissheit nicht mehr aus. Er konnte sich das nicht anders erklären, als dass Karen Hickey provoziert und er sie darum umgebracht hatte. Seine Kehle war wie zugeschnürt, als er seine eigene Telefonnummer wählte. Nachdem er ein Klicken in der Leitung gehört hatte, drang nicht Hickeys, sondern Karens Stimme an sein Ohr.
Als Karen Wills Stimme hörte, fing sie an zu schluchzen. Will schoss sofort die Angst um Abby in die Glieder. Karen erklärte ihm jedoch, dass sie einfach mit den Nerven am Ende sei. Hickey hatte den letzten Kontrollanruf verpasst, weil er betrunken eingeschlafen war.
»Ich habe ihn um halb fünf geweckt, damit er seinen Anruf durchführt. Er hat Huey gesagt, dass er mindestens eine Stunde nicht anrufen wird, weil er schlafen muss.«
Hickey hatte es nicht für nötig gehalten, Cheryl über seine Planänderung zu informieren.
»Was hast du unternommen, um Abby zu helfen?«, fragte Karen.
»Ich habe Ferris erreicht. Wir versuchen, Hueys Mobiltelefon aufzuspüren. Wenn Hickey ihn jedoch gar nicht anruft, können wir nichts erreichen.«
»Vielleicht sollte ich ihn wecken und ihm sagen, dass ich mit Abby sprechen muss.«
»Glaubst du, er erlaubt es dir?«
»Wahrscheinlich nicht, aber was haben wir sonst für eine Möglichkeit?«
»Cheryl hilft uns jetzt, Karen. Bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls. Ich erkläre dir später, warum. Sag mir bitte, warum du glaubst, dass Hickey vorhat, Abby zu töten.«
»Er glaubt, du hast seine Mutter getötet.«
»Das habe ich von Cheryl erfahren. Okay... Ich glaube, es wäre am besten, wenn du Hickey weckst.«
Einen Moment herrschte Schweigen, und dann sagte Karen: »Will, er hat versucht, mich zu vergewaltigen.«
Will schoss die Zornesröte ins Gesicht, und seine Migräne meldete sich wieder zurück.
»Was ist passiert?«
»Das ist jetzt egal. Ich habe ihn mit einem Skalpell verletzt, und dadurch konnte ich es verhindern. Vorerst jedenfalls. Aber... ich weiß nicht, was noch alles passiert, bevor wir das Haus verlassen. Will, wenn ich vor der Entscheidung stände, das zu
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