24 Stunden
mal nach.«
Nachdem er den Raum verlassen hatte, setzte sich Margaret an den Tisch und schlug einen der Ordner auf. Die Gesichter, die sie anstarrten, gehörten zu Menschen, denen die McDills mit Hilfe ihres Geldes und ihrer Privilegien versuchten, aus dem Weg zu gehen. Die Gesichter hatten viele Merkmale gemein. Vom Blitzlicht geblendete Augen von Vollgekifften. Hohle Wangen. Schlechte Zähne. Nasenringe. Tätowierungen. Auf jedem Gesicht spiegelte sich eine verzweifelte Hoffnungslosigkeit, die fast in die Haut eingebrannt zu sein schien. Diesen Menschen war anzusehen, dass sie nie weiter als bis zu den nächsten 24 Stunden dachten.
»Ist es richtig, was wir hier machen?«, fragte Margaret, die ihrem Gatten einen Blick zuwarf.
McDill drückte zärtlich ihre Schulter. »Ja.«
»Woher weißt du das?«
»Das Richtige ist immer das Schwerste.«
Abby saß zerknirscht in der Ecke des ramponierten Sofas. Sie weinte herzzerreißend und presste die Barbie an sich. Huey saß ein Stück von ihr entfernt auf dem Boden. Er sah sehr niedergeschlagen aus.
»Ich wollte dir keine Angst machen«, sagte er. »Ich habe nur getan, was Joey gesagt hat. Ich muss tun, was Joey sagt.«
»Er hat mich von meiner Mama und meinem Papa gestohlen!«, jammerte Abby. »Und du auch!«
»Das wollte ich nicht! Ich wäre froh, wenn deine Mama jetzt hier wäre.« Huey ballte seine Hände zur Faust. »Ich wäre froh, meine Mama wäre hier.«
»Wo ist sie?«, fragte Abby, die einen Moment aufhörte zu jammern.
»Im Himmel.« Huey sagte das so, als glaubte er es nicht. »Warum bist du weggelaufen? Weil ich hässlich bin, ja?«
Abby fing wieder an zu weinen, schüttelte aber den Kopf.
»Du musst mir das gar nicht sagen. Ich weiß es. Die Kinder in der Schule sind auch weggelaufen. Niemand konnte mich leiden. Ich dachte, wir wären Freunde. Ich wollte nur nett zu dir sein. Und du läufst einfach weg. Warum?«
»Das habe ich dir doch gesagt. Du hast mich von meiner Mama geklaut.«
»Das ist nicht der Grund. Du kannst mich nicht leiden, weil ich wie ein Monster aussehe.«
Abby schaute ihn mit verweinten Augen an. »Es ist egal, wie du aussiehst. Weißt du das nicht?«
Huey blinzelte mit den Augen. »Was?«
»Das hat mir die Schöne beigebracht.«
»Wer?«
Abby rieb sich über die Augen und hielt ihm ihre Barbie mit dem Lamekleid hin. »Das ist Belle. Die Schöne und das Biest. Das ist meine Lieblingsprinzessin von Disney, weil sie Bücher liest. Sie will eines Tages jemand sein. Belle sagt, dass es egal ist, wie man aussieht. Wichtig ist nur, was man fühlt. Und denkt. Und was man tut.«
Huey riss den Mund auf, als starrte er auf eine Fee, die plötzlich aus dem Nichts auftauchte.
»Hast du Die Schöne und das Biest noch nie gesehen?«, fragte Abby ungläubig.
Er schüttelte den Kopf.
»Wir tun jetzt so, als ob ich Belle wäre und du das Biest.«
»Das Biest?«, fragte er bestürzt. »Ich bin ein Biest?«
»Ein gutes Biest.« Abby wischte sich über ihre laufende Nase. »Das Biest, nachdem es schön geworden ist. Nicht so wie am Anfang.«
Sie rutschte von der Couch und hielt ihm Belle hin. »Sag etwas, was das Biest in dem Film sagt. Ach, ich hab es ganz vergessen. Du hast den Film ja nicht gesehen. Sag einfach etwas Nettes. Und nenn mich Belle, okay?«
Huey wusste nicht, was er sagen sollte. Zögernd sagte er: »Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas zustößt, Belle. Ich werde auf dich aufpassen, bis deine Mama morgen früh kommt und dich abholt.«
Abby lächelte. »Danke, Biest. Und wenn die Dorfbewohner kommen und dich töten wollen, werden Mrs. Potts, Chip und ich sie verjagen. Sie werden dich nicht kriegen.«
Huey schluckte und strahlte sie an. »Jetzt musst du sagen:>Danke, Belle.c« »Danke, Belle.«
Abby streichelte der Puppe übers Haar. »Möchtest du ihr übers Haar streichen? Tu so, als ob.«
Huey streckte schüchtern den Arm aus und strich Belle mit seinen riesigen Händen übers Haar.
»Gutes Biest«, murmelte Abby. »Gutes Biest.«
12
Karen schaute auf die Digitaluhr neben ihrem Bett, die gerade auf 2:30 umsprang. Sie saß in dem gepolsterten Sessel in der Ecke und hatte ihre Arme um die Knie geschlungen. Hickey lag auf dem Bett. Sein verletztes Bein wurde von ein paar Kissen, gestützt. Die Whiskeyflasche stand auf dem Nachtschrank, und Wills 38er lag neben ihm. Sein Blick war auf den Fernseher gerichtet. Ein Tag wie jeder andere mit Humphrey Bogart und Fredric March fing gerade an. Karen war froh, dass
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