2408 - Krieg der Prozessoren
saalähnlichen Raum, der vier Blöcke von Liegevorrichtungen enthielt, auf denen menschliche Versuchspersonen aufgenommen werden konnten. Momentan war das nicht der Fall, aber die Voraussetzungen dafür waren jederzeit gegeben; ESCHER konnte bei Bedarf weitere freiwillige Prozessoren integrieren und damit sein Potenzial weiter steigern. Ob es eine Grenze dieser Aufnahmefähigkeit gab, konnte ich nicht sagen. Wahrscheinlich wusste es niemand, Dr. Savoire als Erster Kybernetiker eingeschlossen.
Savoire und Indica blieben vor dem zentralen Kommunikationspult stehen, das die einzige Schnittstelle bildete, über die von uns aus eine direkte Kommunikation mit ESCHER herzustellen war. Für gewöhnlich ging diese von ESCHER selbst aus, mittels seiner beiden Avatare.
Nur wenige hatten freien Zutritt zur Gedankenkammer; ich als Expeditionsleiter gehörte natürlich ebenso dazu wie Dr. Laurence Savoire als ESCHERS offizieller „Vertreter" und Projektbeauftragter. Da er und Indica endlich ihr Gespräch beendeten, ergriff ich das Wort.
„Informier uns über ESCHERS aktuellen Zustand. Wie entwickelt sich die Parapositronik? Ist ihr Werdegang abgeschlossen?"
Savoire stützte sich auf das Kommunikationspult. Astuin und Myhr stellten sich rechts und links von ihm, als seien sie seine Bewacher. Die Zeiten, in denen Savoire durch ESCHER beeinflusst oder bedroht wurde, waren allerdings vorbei.
„Alle Prozessoren sind Teile von ESCHER", begann der Erste Kybernetiker. „Ihre Integration ist abgeschlossen. Zumindest vermute ich das. Fest steht, dass ESCHER nach wie vor am Werden ist. Die Parapositronik lernt aus ihren eigenen Rechenleistungen. Sie füllt Lücken in der Matrix, verknüpft sich weiter. Die Prozessoren rechnen und entwickeln sich."
Dr. Indica zeigte an dem Thema reges Interesse. „Die ursprünglichen Persönlichkeiten der Prozessoren sind erhalten geblieben? Oder sind sie alle aufgegangen im Kollektiv?"
„Sie sind erhalten", stellte Savoire klar. „Ihre Bewusstseinspotenziale sind Teil der Hyperdim-Matrix. Jeder Prozessor ist individuell – aber ebenso ist er zu jeder Zeit mit allen anderen in der Hyperdim-Matrix verknüpft. Es stimmen also beide Annahmen, in gewisser Hinsicht. Es ist nicht leicht zu erklären, und die Matrix versteht wohl nur, wer jemals Teil von ihr war."
Ich konnte die Sehnsucht, die aus seinen Worten klang, nicht überhören. „Dir selbst blieb dieses Erlebnis bislang verwehrt?"
„Es ist unabdingbarer Teil der Abmachung. Der Erste Kybernetiker darf nicht in der Parapositronik aufgehen. Ich muss außerhalb bleiben, um für ESCHERS materielle Bestandteile sorgen zu können."
„Wie soll ich das verstehen?", fragte Dr. Indica.
„Zum Beispiel müssen die positronischen Bauteile gewartet werden. Es gibt viele Aufgaben, für die ich zuständig bin." Er zeigte ein schmallippiges Lächeln. „Wie zum Beispiel, sich um besorgte Abgesandte der Schiffsführung zu kümmern."
Die Nexialistin ließ sich durch diese verbale Spitze nicht beirren. „Diese Besorgnis kommt nicht von ungefähr. Nenn mir einen Grund, warum alle Benchmark-Tests zur Bestimmung der Rechenleistung der Parapositronik scheitern. Jeder Test liefert, wie dir wohl bekannt ist, ein völlig anderes Ergebnis."
Savoire war um eine Antwort nicht verlegen. „Ich sprach gerade davon, dass ESCHER nach wie vor wächst, indem die Bewusstseinspotenziale der Prozessoren weiter verknüpft werden.
Dass die Messungen kein nachvollziehbares Resultat liefern, liegt an diesen Wachstumsprozessen. Die ehemals menschlichen Prozessoren finden in der Hyperdim-Matrix immer besser zusammen, aber der Weg dorthin verläuft selten gerade."
„Diese Antwort ist ebenso unbefriedigend wie die Messergebnisse", antwortete Dr. Indica schneidend scharf.
„Was das angeht, muss ich leider um Zeit bitten. Ich bin mir sicher, dass in den nächsten Tagen, zumindest aber, bevor wir Cala Impex erreichen ..."
„Ausflüchte", unterbrach Indica.
Savoire wurde still und sah sie abwartend an. Die beiden schwarz gekleideten Avatare rechts und links von ihm demonstrierten schon äußerlich, dass sie bereit waren, jedes gegen ESCHER gerichtete Argument sofort und mit allen Mitteln zu entkräften.
Ich beschloss, mich weiterhin zurückzuhalten und zu beobachten. Dr.
Indica vertrat die Position des Angreifers hinreichend.
Trotz ihrer Unnachgiebigkeit wirkte sie gelassen. „Nach meiner Meinung sabotiert ESCHER das Benchmarking ganz gezielt, indem er unzureichende
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