2408 - Krieg der Prozessoren
falls das nicht der Fall sein sollte, konnte es zumindest nichts schaden, sie dabeizuhaben.
Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass die Delegation mich wohl bitten würde, ESCHER zu desaktivieren, wahrscheinlich im Namen vieler Besatzungsmitglieder. Es wäre die logische Konsequenz der Entwicklungen.
Startac Schroeder teleportierte in die Zentrale und brachte seinen Freund Trim gleich mit. Damit trafen sie lange vor den anderen bei mir ein.
Die Delegation erreichte die Zentrale wenige Minuten später; drei Besatzungsmitglieder, die die blaue Uniform und die kreisförmigen goldenen Rangabzeichen eines Leutnants trugen.
„Wir danken dir, dass du dir Zeit für uns nimmst", sagte eine Terranerin, die ihr Namensschild als Leutnant Fran Rive auswies.
Ich bat sie, mir in ein ruhiges Besprechungszimmer zu folgen. Ich wählte einen der Räume, die sich an die Zentrale anschlossen und Platz genug für uns alle boten.
Wenig später saßen wir uns an einem runden Tisch gegenüber – die drei Leutnants der Delegation, die beiden Monochrom-Mutanten, Dr. Indica und ich.
Der Haluter Domo Sokrat stand als zweiter Vertreter der Schiffsführung daneben; es gab in diesem Raum keine passende Sitzgelegenheit für ihn, und er bevorzugte ohnehin die aufrechte Haltung. Domo Sokrat genoss genau wie Dr. Indica mein vollstes Vertrauen. Es gab nichts, was in den nächsten Minuten gesprochen werden konnte, das er nicht hören durfte.
Leutnant Fran Rive reichte mir eine Petition. „Du findest hier eine Liste von 6800 Besatzungsmitgliedern, die dich bitten, ESCHER abzuschalten.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Parapositronik ist eine Bedrohung von innen heraus. Wir sind ein Expeditionsschiff ohne Kontakt zur Heimat. Eine Gefahr, die mitten unter uns wächst, ist inakzeptabel."
Ich nahm die Petition entgegen und widmete mich ihr, was mir Gelegenheit gab nachzudenken. Die Zahl bedrückte mich. Sie war weit höher, als ich erwartet hatte. 6800 Besatzungsmitglieder plädierten dafür, ESCHER abzuschalten. Das war fast die Hälfte aller Personen auf der RICHARD BURTON und den zugehörigen Beibooten.
Erst in diesem Moment wurde mir klar, wie weit verbreitet die Angst vor der Parapositronik war. Das Thema „ESCHER" würde nicht irgendwann zu einem ernsthaften Problem ausarten – es war längst so weit.
Dennoch blieb mir keine Wahl. „Ich spreche hiermit meinen ausdrücklichen Dank an euch und alle Besatzungsmitglieder aus, die einen ernsten Punkt aufgegriffen und diskutiert haben. Ich habe euren Wunsch zur Kenntnis genommen. Nun bitte ich euch, mir zuzuhören. Vieles wird euch bekannt vorkommen, aber ihr müsst es dennoch erneut hören."
Nacheinander blickte ich alle an.
Die Delegation ahnte wohl schon, dass ich rundweg ablehnen würde.
Ich schaute in enttäuschte Gesichter. Dr. Indica ließ sich mit keiner Gestik anmerken, welche Gefühle sie hegte.
„Wir wissen nur wenig über die Zustände im Inneren einer Negasphäre, aber eins ist bekannt: Der Moralische Kode des Universums verliert dort seine Gültigkeit, wir können uns auf nichts von dem verlassen, was wir als natürlich annehmen, nicht einmal die Naturgesetze. In einer Negasphäre ist die kosmische Ordnung absent. Wie viel von diesem Szenario des Schrecken ins Hangay bereits Wirklichkeit geworden ist, weiß niemand, weil von dort schon lange keine Nachrichten mehr an die Außenwelt dringen."
Ich holte in meiner Erklärung weit aus, weil es wichtig war, die Besatzung hinter mich zu bringen; auf ihre Loyalität musste ich mich absolut verlassen können. In einem Schiff meines Volkes hätte es derlei Probleme nie gegeben, doch ich reiste nun mal als Teil der LFT, und dort war Kadavergehorsam um jeden Preis fremd.
„Aber egal, welche Zustände in Hangay herrschen mögen, auch im Umfeld der entstehenden Negasphäre sind von den Mächten des Chaos bereits gewisse physikalische Veränderungen vorgenommen worden. Eine Expedition in diese Galaxis ist für uns alle eine Reise ins Ungewisse. Wir wissen nicht einmal, ob wir die unsichtbare Grenze vor Hangay überhaupt überwinden werden."
Wahrscheinlich war jedem Anwesenden die Situation genau bekannt, aber ich wiederholte die Fakten trotzdem. Sie konnten wunderbar der Illustration dessen dienen, was ich sagen musste. „Deshalb sind wir als Hangay-Geschwader nicht einmal in der Lage, den direkten Weg zu unserem ersten Ziel Cala Impex zu fliegen. Ein direkter Flug hätte durch das Randgebiet
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