2408 - Krieg der Prozessoren
Besatzung der RICHARD BURTON übernommen.
„Krieg."
Nicht nur die zwanzig hören es, nicht nur Pal Astuin und Merlin Myhr. Jeder einzelne Prozessor kennt nun die Wahrheit: Einer spielt falsch.
Es ist kein Geheimnis mehr, nichts mehr, was vor dem Kollektiv verborgen werden müsste.
ESCHER selbst errechnet nun die erste Strategie für den Kampf, wohl wissend, dass auch der Renegat diese ersten Schritte erfährt, weil er Teil des Ganzen ist.
„Krieg."
Es herrscht Bürgerkrieg zwischen den Prozessoren und einem der Ihren.
In diesen Krieg ist die Außenwelt mit hineingezogen worden, denn dort verbirgt sich der Renegat.
Pal Astuin und Merlin Myhr suchen ihn fieberhaft, als Avatare wie als Prozessoren.
Das Glühen der Hyperdim-Matrix nimmt zu. ESCHER optimiert sich selbst, die Rechenleistung steigt. Einer der Ihren bringt Tod und Verderben, und diesen einen gilt es zu finden.
Aber er darf keinesfalls Zugriff auf ESCHERS Plan erlangen.
„Krieg."
Signal Rodin Kowa, gerichtet an alle: „Der Erste Kybernetiker versucht in der Gedankenkammer Kontakt aufzunehmen."
Signal Pal Astuin: „Das darf nicht sein. Nicht gerade jetzt, da der Renegat zuschlägt. Ein außergewöhnlicher Zufall, dass es gleichzeitig geschieht."
Signal Merlin Myhr: „Wir müssen unter uns sein."
Signal von 46 Prozessoren: „Er darf uns ..."
Signal von 76 Prozessoren: „... uns auf keinen ..."
Signal von 127 Prozessoren: „... Fall bei unserem Krieg ..."
Signal ESCHER: „... stören."
Dann ist etwas anders. Das Kollektiv ist völlig unter sich. ESCHER hat sich von der Gedankenkammer abgekoppelt.
Der Krieg tobt in seiner heißen Phase durch die Hyperdim-Matrix.
Es ist der 15. Juni 1346 NGZ, 16:20:57 Uhr Bordzeit RICHARD BURTON.
4.
Atlan
Dr. Laurence Savoire sah alles andere als erfreut aus, als er die Zentrale betrat und meinen Arbeitsplatz ansteuerte. Zugegeben, als Kommandant des Geschwaders besaß ich einen hervorgehobenen Platz, von dem aus ich die Zentrale leicht überblicken konnte, aber es gab wohl niemanden, der in diesem Moment nicht auf den Neuankömmling aufmerksam wurde.
Der Erste Kybernetiker nahm den Raum sofort für sich ein. Er verströmte ein Charisma, wie ich es bei ihm noch nie erlebt hatte. Er glühte förmlich unter großer innerer Erregung.
Er hatte mir eine ungewöhnliche Antwort gegeben, als ich ihn in die Zentrale beordert hatte: „Ich bin bereits unterwegs. Es gibt Neuigkeiten, die du erfahren musst. Ich möchte sie dir nur persönlich mitteilen."
Dr. Indica und ich hatten ihn daraufhin ungeduldig erwartet. Wir gingen ihm entgegen.
„Reden wir in einem Nebenraum miteinander", bat er. „Niemand darf hören, was ich zu sagen habe."
Da ich wusste, dass er eine solche Forderung nicht ohne Grund stellen würde, suchten wir zu dritt den Rand der Zentrale auf und blieben vor dem Eingang zu einem kleinen Besprechungszimmer stehen. „Zutritt Atlan", sagte ich, und das Schott zischte zur Seite. Der Innenraum bot ausreichend Platz für uns drei. Wir traten ein, und das Schott schloss sich hinter uns.
Savoire bat darum, das Schott zu verriegeln.
Dr. Indica erinnerte sich wohl genau wie ich in diesem Moment an den Bericht der Morann-Wanderpflanze.
Ob Savoire nun ebenfalls ein Opfer jener Mentalstrahlung geworden war, von der wir bislang nur vermuteten, dass sie existierte? „Leidest du unter Paranoia?"
„Wenn das ein Scherz sein soll, empfinde ich ihn als reichlich unangemessen." Der Erste Kybernetiker ließ sich in einen Stuhl fallen. Sitzfläche und Lehne knackten unter der plötzlichen Belastung.
„Verriegeln", rief ich der Spracherkennung zu. Es machte wenig Unterschied, da ich den Befehl jederzeit rückgängig machen konnte. Aber wenn Savoire sich auf diese Art wohler oder sicherer fühlte, wollte ich ihm den Gefallen erweisen.
Savoire blickte sich gehetzt um, als erwarte er, angegriffen zu werden. „ESCHER ist seit wenigen Minuten nicht mehr ansprechbar."
Diese Nachricht traf mich wie ein Schlag. Nach langer Stagnation entwickelten sich die Dinge nun rasant.
Der Erste Kybernetiker fuhr mit rauer Stimme fort: „Das Kommunikationspult in der Gedankenkammer ist tot. Etwas legt die Parapositronik lahm."
„Oder hat sich ESCHER bewusst abgekoppelt?", warf Indica die Frage in den Raum.
„Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe auf alle mir möglichen Arten versucht, Kontakt mit der Parapositronik aufzunehmen. ESCHER zeigt keine Reaktion."
Indica schlug wenig damenhaft mit der
Weitere Kostenlose Bücher