2420 - Ketschuas Mondflug
und damit seinen ganz eigenen, wertvollen Beitrag zum Kampf gegen die Negasphäre und die Mächte des Chaos leisten.
Davon ging Mondra Diamond offenbar aus, zumindest zog sie es in Erwägung. Sonst hätte ihr Einsatz keinen Sinn ergeben. Warum sollte sie sich für einen Fremden derart aufopfern und so viel Zeit mit ihm verbringen?
Gemeinsam verfeinerten sie ihre Fähigkeiten. Die ehemalige Zirkusartistin hatte inzwischen mehrfach zugegeben, von ihrem Schüler einiges gelernt zu haben.
Sie waren in Hochsicherheitszonen des Schiffes eingedrungen, hatten eine fingierte Entführung von Oberst Lanz Ahakin geplant und einiges mehr.
Noch besser waren allerdings die Streifzüge, die Ketschua ohne Begleitung unternahm. Seine ganz privaten Diebesgänge.
Es war ihm inzwischen ein Leichtes, sich Zugang zu Privatkabinen zu verschaffen und dabei keine Spuren zu hinterlassen.
Auch in diesem Augenblick wieder.
Jenes charakteristische leise Zischen, mit dem sich das Eingangsschott zur Seite schob, klang wie Musik in seinen Ohren. Die Kabine gehörte einem gewissen Lin Derrob, einem der exotischen Besatzungsmitglieder, der vor Kurzem zum Sergeant befördert worden war. Derrob war der Einzige seines Volkes an Bord.
Ketschua forschte stets ein wenig nach, ehe er einen Einbruch beging.
Deshalb überraschte es ihn nicht, eines der wenigen Tiere in der JULES VERNE zu sehen, als er eintrat und sich das Schott hinter ihm schloss.
„Ruhig, Grobbel, alles wird gut", flüsterte er dem Rethwisch zu, einer gedrungenen Echse, deren Schädel – gänzlich untypisch für diese Art Tier – mit einer wilden Mähne dunklen Haares bewachsen war.
Grobbel war weniger ein Haustier, als vielmehr ein Symbiosepartner des Sergeants. Während der Dienstzeiten wie nun in der Nachtschicht konnte Lin Derrob auf das Tier verzichten, doch in seiner Freizeit und in der Nacht schlang sich die Echse stets um seinen Hals.
Der Rethwisch pendelte mit dem Kopf, senkte ihn wieder und verharrte dann starr. Er würde Ketschua nicht weiter stören.
Der Dieb sah sich um.
Was eignete sich als Beutestück? Er nahm niemals etwas, was für andere einen großen Wert darstellte. Es ging ihm nicht darum, sich zu bereichern, sondern seinem Hobby nachzugehen und seine Kunstfertigkeit zu steigern.
Den Nervenkitzel, den jeder Einsatz bedeutete, sah er als positiven Nebeneffekt an.
Er entdeckte eine kleine Statue, die an einen verkrüppelten Baum erinnerte, dessen knorrige Äste ein Gesicht formten. Das war das ideale Beutestück; zumal es mit Sicherheit in Ketschuas Schultertasche passte.
Das war sein zweites Gesetz: Was zu groß dafür war, wurde auch nicht entwendet.
Sekunden später huschte er aus der Kabine und sprühte ein Spezialspray auf die Stellen des Schotts, die er berührt hatte. Es würde alle Spuren beseitigen. Er hatte es als eines seiner ersten Beutestücke aus einer Medostation entwendet.
In aller Ruhe trottete er zu seiner Kabine zurück und grüßte den einen oder anderen, dem er begegnete. Die meisten kannten ihn inzwischen oder hatten doch davon gehört, dass sich ein Laosoor als blinder Passagier an Bord geschlichen hatte.
Jeder schien ihn zu mögen oder ihm doch zumindest nicht feindlich gesinnt zu sein.
Wenn die wüssten, dachte Ketschua, wer für die vielen Gegenstände verantwortlich ist, die verschwinden und wieder auftauchen, würden sie mich mit anderen Augen sehen.
In seiner Kabine angekommen, ließ er die Statue in seinem kleinen Diebesgutlager unter seiner Schlafstätte verschwinden. An ihrer Stelle entnahm er dem Lager einen Packen Folien, die eng beschrieben waren.
Diese würde er noch in dieser Nacht zurückbringen. Er mochte es nicht, mehr als zehn Stück Diebesgut gleichzeitig in seiner Kabine zu lagern. Früher oder später würde sonst noch jemand darauf aufmerksam werden, und Ketschua wollte keinen Ärger. Wahrscheinlich hätte kaum jemand Verständnis für sein Hobby aufgebracht.
„Für deine Kleptomanie", rief eine Stimme dicht neben seinem Ohr, so laut, dass es ihn schmerzte.
Erschrocken wich er zur Seite, wirbelte herum ... und sah sich Gucky gegenüber.
„Und jetzt mach dich auf den Anschiss deines Lebens gefasst!"
*
Der Anschiss, wie Gucky es genannt hatte, wirkte.
Ketschua kehrte zu all jenen zurück, denen er etwas gestohlen hatte, versuchte mit wenigen Worten eine Erklärung abzugeben, und entschuldigte sich kleinlaut.
Was ihn dabei am meisten ärgerte, war, dass niemand ihm richtig
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