2420 - Ketschuas Mondflug
noch einmal: Wie willst du deine Aufgabe erfüllen?"
„Das ist längst geschehen." Ketschua hob seine Schwanzhand über den Tisch und legte klirrend die silberne Raute ab, das Rangabzeichen, das er zur Erfüllung seines ersten Auftrags dem Korporal gestohlen und danach an seine Lehrerin übergeben hatte.
Mondras Hand zuckte an die Stelle, wo sie es an ihre eigene Uniform gesteckt hatte. „Du hast mich bestohlen?
Ich fasse es nicht! Wann?"
Der junge Laosoor konnte nicht einschätzen, ob sie entsetzt oder belustigt klang. „Du warst verlegen, als ich über deine Schönheit sprach. Das habe ich ausgenutzt."
Sie schüttelte den Kopf. „Du hast mich tatsächlich ausgetrickst. Ich denke, dass ich den Schwierigkeitsgrad deiner Aufgaben dringend erhöhen muss."
*
Inzwischen hielt sich Ketschua schon seit einigen Monaten in der JULES VERNE auf. Mondra hatte sich zu seiner Lieblingslehrerin entwickelt, wenn er auch Gucky fast ebenso schätzte.
Der Mausbiber hatte ihm einige Kniffe beigebracht und seine Teleportationsfähigkeit nicht nur in Genauigkeit geschult, sondern ihn ebenso gelehrt, wie er ohne Effektivitätsverlust seine Kräfte schonen konnte.
Einmal war ihm sogar ein Sprung über dreißig Meter gelungen – für ihn ein gewaltiger Erfolg, der allerdings nicht annähernd mit der Reichweite vergleichbar war, die Gucky zurücklegen konnte.
In dieser Hinsicht waren sie von der Art der Ausprägung ihrer Psi-Gabe verschieden. Ketschua würde immer ein Nahdistanz-Teleporter bleiben.
Allerdings waren ihm Guckys Späße oftmals zu derb und zu albern. Er war inzwischen nicht nur auf Kugeln gelandet, sondern auch in Matsch, auf einer klebenden Oberfläche und sogar unter Wasser. Gucky verteidigte das rigoros als erzieherische Hilfsmittel, doch Ketschua sah es anders. Tagelang hatte das kleisterartige, schleimige Zeug in seinem Fell festgesessen.
Ketschuas liebste Beschäftigung waren die privaten Diebeszüge nach Ende seiner Unterrichtseinheiten, die sich an manchen Tagen allzu lange hinzogen.
Nicht nur Mondra und Gucky nahmen sich seiner inzwischen an, sondern auch ein Dutzend Techniker und Hyperphysiker. Eine Frau, deren Wissenschaft den eigenartigen Namen Nexialismus trug, versuchte ihn genauer über die Zusammenhänge des Einsatzes zu unterrichten, der die JULES VERNE in die Vergangenheit geführt hatte und zu dessen Teil er notgedrungen geworden war.
Außerdem musste er täglich eine Kosmopsychologin aufsuchen, unter dem Deckmäntelchen, dass sie ihm Grundwissen ihrer Fachrichtung lehrte. In Wirklichkeit, das hatte Ketschua längst durchschaut, behandelte sie seinen Seelenzustand, weil alle befürchteten, er käme mit seiner Situation nicht zurecht.
Dabei hatte er sich längst damit angefreundet, zur Besatzung der JULES VERNE zu gehören. Es war ein Abenteuer, wie es kein Laosoor je erlebt hatte – wenn sich das Leben an Bord zugegebenermaßen bislang auch noch nicht besonders aufregend präsentierte.
Dennoch traf er viele hochinteressante Persönlichkeiten.
Mit jenem Norman, von dem Mondra schon am ersten Tag geredet hatte, konnte er allerdings nichts anfangen, bestand dessen einzige Kommunikationsform doch in einem kläglichen Trompeten aus seiner Rüsselnase.
Andere faszinierten ihn.
So versuchte er schon lange, Zugang zu Alaska Saedelaere zu finden, denn er spürte, dass diesen Mann, der sich als Friedensfahrer bezeichnete, eine besondere Aura umgab. Und das lag nicht nur an jenem geheimnisvollen Gewebefragment, das hinter seiner Gesichtsmaske irrlichterte. Saedelaere zeigte sich allerdings stets verschlossen und ging nicht auf seine Kontaktversuche ein.
Wieder andere empfand Ketschua als schräge Gestalten, an erster Stelle den Chefwissenschaftler Malcolm S. Daellian, wenn er diesen überhaupt als Gestalt bezeichnen wollte. Immerhin bestand dieser, wenn er es richtig verstanden hatte, nur aus einem Gehirn in einer fliegenden Überlebenseinrichtung, das mit künstlicher Stimme kommunizierte.
Und er fand die Algorrian interessant, die sich allerdings sehr zurückgezogen und zurückweisend gaben.
Die VERNE hatte durchaus einige Kuriositäten zu bieten, die ihm den Alltag versüßten. Und wenn er an die Zukunft dachte, war er sicher, dass noch einige Abenteuer auf ihn warteten.
Sie würden in die Proto-Negasphäre eindringen ... gegen die Terminale Kolonne TRAITOR kämpfen ... kosmische Geheimnisse lüften ... und vielleicht würde er sogar auf einen entscheidenden Diebeseinsatz gehen
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