2451 - Die MetalÀufer
Schwäche auslegen. Vor allem Dyramesch. Ich hoffe, du verrätst uns nicht?"
Castun Ogoras lächelte hinter seinem Bart hervor. Es war nicht das erste Mal am heutigen Tag.
Ein laut gackernder Vistobovogel stürmte durch die drängende und schiebende Menge der Vergnügungssuchenden, verfolgt von einer johlenden Meute Halbwüchsiger. Das eigens für diese Zwecke gezüchtete Tier war, wie Perry Rhodan erfahren hatte, ein guter Lehrmeister für die Heranwachsenden. Es brachte den Kindern bei, ihren Reflexen zu vertrauen und eng zusammenzuarbeiten. Nur so konnten sie eine Jagd erfolgreich beenden und den Vistobo zum Zuchtmeister zurückbringen. Sie wurden überschüssige Kräfte los und lernten. Der Schulunterricht fand also auf den Straßen eine sinnvolle Fortsetzung, ohne dass sich die Erwachsenen dran störten. Ganz im Gegenteil: Der Unsterbliche sah in den Gesichtern selbst der ältesten Yakonto, dass sie sich liebend gern an der Hetzjagd beteiligt hätten.
„Wovor fürchten sich Wan Ahriman und die Ratsmitglieder eigentlich?" Perry Rhodan lutschte an einem Fruchtstängel mit leichtem Alkoholgeschmack.
„Ist Dyrameschs Position denn gefestigt genug, um ihnen den Prozess zu machen und sie gegen den Willen aller Yakonto zu verurteilen? So, wie es sich mir darstellt, seid ihr zu wichtig im Gefüge auf Evolux, um vor den Kopf gestoßen werden zu dürfen."
„Das mag sein. Aber Wan Ahriman hat dir von der Werfttreue erzählt. Sie ist etwas Unverrückbares."
„Und dennoch sieht er sich als Kritiker und bleibt im Untergrund, um die Situation durch die Machtübernahme Dyrameschs auszusitzen. Seit neunhundert Jahren treibt er gemeinsam mit den anderen Ratsmitgliedern in Konservierungsflüssigkeit. Zwei Generationen von Yakonto sind in der Zwischenzeit geboren worden und gestorben. Siehst du nicht die Widersinnigkeit in seinem Handeln?"
Perry Rhodan hatte Castun Ogoras zu einer heftigen Reaktion provozieren wollen, doch er wurde enttäuscht. Der Yakonto blieb ruhig, fast gelassen.
„Wir haben euch Terraner als Wesen kennengelernt", sagte er, „die problemlos über den eigenen Schatten springen.
Sie können sich an veränderte Situationen anpassen. Ihr seid ein junges, vielleicht sogar noch wildes Volk, das ist euch anzumerken."
Er holte tief Atem.
„Für uns ist die Werfttreue unverrückbar. Wer ihr nicht folgt, wird bestraft. Durch die Werftbuße." Castun Ogoras hielt kurz inne, als fiele es ihm schwer, weiterzusprechen. „Yakonto, die schwere Verfehlungen begehen, werden mit der schlimmsten aller Strafen belegt. Sie ist ... grässlich."
Perry Rhodan fühlte Zorn hochwallen. Ein immer düstereres Bild der Machenschaften Dyrameschs zeichnete sich ab. Der selbsternannte Kosmofekt von Evolux gab sich einen nüchternen und großmütigen Anstrich, wirkte aber ganz offensichtlich als Despot, der keinen Widerspruch duldete. Das Aulicio Mac’lai mit den neun konservierten Yakonto war ein deutliches Beispiel dafür, dass auf der Weißen Welt einiges im Argen lag.
„Die Werftbuße ist eine Form der Todesstrafe?", hakte er nach.
„Jein." Castun Ogoras blieb stehen und machte der Horde johlender Halbwüchsigen Platz, die nach wie vor dem Bovistvogel nachjagten. „Sie gilt nur für uns Yakonto. Die Werftbuße bewirkt, dass wir unverzüglich in die Zustandsform als Obelisk übergehen."
Rhodan blieb stehen, sah seinem Gesprächspartner tief in die Augen. Er versuchte zu verstehen, was diese Strafe für ihn und seine Landsleute bedeutete. Die Strafe erschien ihm zutiefst widerlich und grausam. Die Yakonto wurden verurteilt, mit Schuldbewusstsein beladen und in einen Zustand versetzt, der vermutlich zwischen Leben und Tod stand.
Ewige Selbstzweifel mussten die Folge sein, im wahrsten Sinne des Wortes.
Denn ein Verfallsdatum war für die Obelisken nicht bekannt.
„Ihr versteinert also bei lebendigem Leib", sagte der Unsterbliche leise. Das bunte Treiben ringsum erschien ihm mit einem Mal sinnentleert. „Dyramesch zwingt euch bis ans Ende aller Tage in die gedankliche Isolation, möglicherweise in den Wahnsinn. Er ist ein Monster, er kennt keine Moral ..."
Castun Ogoras setzte seinen Weg fort, zurück zum Gleiter, den sie auf dem Herweg genutzt hatten.
„Die Werftbuße ist eine drakonische Strafe, da gebe ich dir recht", sagte er leise. „Aber sie ist Teil der Werfttreue.
Wir selbst haben sie eingeführt. Vor vielen Jahren. Zu einer Zeit, da noch niemand Dyrameschs Namen kannte ..."
*
Acht Stunden
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