2467 - Mentale Revision
Trümmerstück hämmerte neben ihm auf und zerbarst.
Etwas bohrte sich heiß und glühend in seinen Arm.
Würde es so enden?
Selexon erhob sich zitternd. Die Welt um ihn flackerte noch immer in gleißenden Irrlichtern. Feuer loderten über das, was einmal seine Konsole gewesen war.
Automatische Löschprogramme traten in Aktion und erstickten die Flammen. Irgendwo schrie jemand. Selexon sah einen Tibirian Melech, dem der rechte Arm abgerissen worden war. Er lag in verrenkter Haltung, der Kopf stand in einem unmöglichen Winkel zum Torso. Er erinnerte sich daran, dass er jemanden aus den Augenwinkeln wahrgenommen hatte, der sich ihm in den Sekunden vor der Explosion näherte ...
In diesem Moment des Chaos und Entsetzens baute sich ein Holo in der Zentrale auf. Die Konturen von zwei Personen entstanden, und bald blickten ihn zwei Gesichter an, die er nur zu gut kannte.
Taffanaro, der Heromet.
Und, noch schlimmer, Perry Rhodan, der Anführer der vormaligen Besatzer von CHEOS-TAI.
„Die Tibirian Melech werden unverzüglich die Zentrale übergeben", forderte Rhodan. „Eure Zeit als Befehlshaber von CHEOS-TAI ist abgelaufen."
Mehr nicht. Im nächsten Moment löste sich das Holo wieder auf.
Das erklärte einiges.
Dieser Rhodan trug also die Schuld an dem Desaster – er hatte die Heromet verführt, die ohne fremde Hilfe gar nicht zu einem solchen Aufstand fähig gewesen wären.
Doch egal, was der Fremde von ihm forderte, Inkh Selexon dachte gar nicht daran, die Zentrale zu übergeben. Bald würden alle Tibirian Melech in der Zentrale versammelt sein. Gut, dass er den entsprechenden Befehl bereits an Kalitt Lindbak ausgegeben hatte.
Jede Sekunde zählte.
Sie würden die Zentrale nicht übergeben. Wenn sie die Kontrolle nicht auf dem Weg ihrer Konsolen zurückgewinnen konnten ...
... würden sie die Zentrale eben mit der Waffe in der Hand vor den Feinden verteidigen.
*
Sämtliche Tibirian Melech trafen ein, teils durch die Schotten, die sie danach verriegelten, teils durch Transmitter, die sie anschließend desaktivierten.
Sie rüsteten sich mit Schutzmonturen und Kombistrahlern aus.
Kalitt Lindbak stand neben Selexon, in beiden Händen Waffen.
„Es wird diesem Rhodan nicht gelingen", sagte er gepresst. Selexon hörte deutlich die Angst in seiner Stimme, die er mühsam zu unterdrücken versuchte. Lindbak war stets aus einer Position der Macht heraus stark gewesen.
Nun, da er jede Macht verloren hatte, war er schwach, eine jämmerliche Gestalt.
Inzwischen stand fest, dass die Tibirian Melech die Kontrolle über CHEOSTAI nicht zurückgewinnen konnten.
Die Zentrale war nicht mehr das steuerungstechnische Herz des GESETZ-Gebers, wie auch immer den Heromet dieses Kunststück gelungen war. Wahrscheinlich hatten sie großflächig Verteilerknoten jenseits der eigentlichen Zentrale desaktiviert oder zerstört.
Die Tibirian Melech bildeten einen mehrfach gestaffelten Ring um die Mitte der Zentrale. Sie alle hielten Strahler im Anschlag. Sollte es dieser Rhodan nur versuchen – im selben Moment, da er das erste Schott zerstörte, würde ihn ein Strahlengewitter erwarten. Er würde sterben, er oder die Horden von Heromet, die er womöglich als Kanonenfutter vorschickte.
Sollte es den Angreifern gelungen sein, die TAI-Bewahrer unter ihre Kontrolle zu zwingen, würden sie eine böse Überraschung erleben, denn ganz so hilflos waren die Tibirian Melech auch nicht. Die goldenen Kampfroboter verfügten über eine Grundschaltung, die sie umgehend desaktivieren würde, wenn sie gezwungen wären, gegen die Tibirian Melech zu kämpfen.
Selexon fühlte mit einem Mal die Panik im Raum.
Wut und unendliche Verzweiflung griffen um sich. Es nahm seinen Anfang am anderen Ende des Kreises, und es breitete sich aus, deutlich spürbar, fast mit den Händen greifbar. Tibirian Melech um Tibirian Melech wurde in diesen Kreis der Verzweiflung hineingezogen.
Dies waren mehr als nur Gefühle.
Das, was die genetischen Schaltungen in euch auslöst, vermeinte er plötzlich wieder die Stimme des Vakaneten-Genetikers zu hören, ist mit großer Wahrscheinlichkeit paranormal.
Paranormal ...
Immer mehr Individuen wurden in diesen Kreislauf der Verzweiflung hineingezogen. Auch Inkh Selexon spürte das Zerren und Reißen in seinem Geist.
Eine Kettenreaktion, die zu einer kollektiven Metamorphose führt.
Selexon schrie. 280 andere schrien ebenfalls. Sein Körper revoltierte. Etwas in ihm veränderte, bewegte, verformte sich.
...
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