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2472 - TRAICOON 0096

Titel: 2472 - TRAICOON 0096 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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habt."
    Ja, Rinka Porol wusste es, und der Gedanke an den Tod widerstrebte ihr.
    All die Dinge, die sie in jeder freien Sekunde in ihrem Tagebuch festhielt, sollten irgendwann ihren Landsleuten zugänglich gemacht werden.
    Die Angehörigen der Armee der Mikro-Bestien benötigten eine Erinnerung an jene Heldentaten, die sie begingen.
    Hier, im Brennpunkt des Geschehens.
    Sie, die zum Tode Verurteilten aus den Genküchen der Skapalm-Barken, halfen mit, eine Galaxis zu retten.
     
    *
     
    Ein Personen-Koffter glitt mit gemächlichem Tempo vorüber. Zwei Ganschkaren unterhielten sich laut. Offenbar hatten sie soeben das Ende ihrer Arbeitsschicht erreicht und befanden sich nun auf dem Weg in die spärlich bemessene Frei- und Ruhezeit.
    „Wir nehmen den nächsten Koffter, der sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt", gab Senego Trainz die Devise aus. „Wir hängen uns einfach dran. Tut so, als wäre das eure übliche Art zu reisen. Egal, wer in dem Gefährt sitzt: Benehmt euch wie wirkliche Mikro-Bestien."
    Senego Trainz ging ein großes Risiko ein, und er war sich dessen sicherlich bewusst. Doch der Zeitfaktor spielte bei ihrem Einsatz eine nicht unbedeutende Rolle.
    Nach kurzer Zeit näherte sich ein Koffter. Sie winkten dem Ganschkaren fröhlich zu, passten ihre Laufgeschwindigkeit der seines Gefährts an und sprangen auf. Der Avoide schüttelte seinen Gefiederansatz am Hals durch, scheinbar aus Verblüffung, kümmerte sich dann nicht weiter um die ungebetenen Passagiere.
    Senego behielt recht. Irgendwo an Bord von Fort TRAICOON 0096 befanden sich Artgenossen – gesunde Artgenossen, die den chaotarchischen Befehlen gehorchten –, und sie zeigten ähnlich freches Verhalten wie nun sie auch.
    „Behaltet die Umgebung in den Augen", wies Trainz sie an. „Denkt daran, dass wir bereits jetzt vorbereitend für den Rückweg arbeiten. Und dafür, dass wir später einmal einen ausgewachsenen Menschen durch das Schiff schleusen müssen."
    Senego denkt vorausschauend und konzentriert sich auf die Zusammenhänge, notierte Rinka Porol hastig.
    Die Reise dauerte nur wenige Minuten, dann bewegte sich der Koffter in einen Seitengang, der von ihrem Ziel wegführte. Sie sprangen ab, winkten dem Ganschkaren fröhlich johlend zu und machten sich dann auf den richtigen Weg.
    Der Zentralbereich des TRAICOON war nicht mehr allzu weit entfernt. Die Verkehrsdichte nahm zu, Großraumkabinen einfacher Mannschaftsmitglieder machten peripheren Schaltzentralen, mobilen Überwachungsständen und gut ausgestatteten Technikbüros Platz. Überall begegneten ihnen nun Angehörige unterschiedlicher Kolonnen-Völker. Sie eilten geschäftig umher; manche von ihnen wirkten ängstlich, andere aggressiv und arrogant. Wachleute stiefelten im Gleichschritt durch die röhrenförmigen Gänge. Ganschkaren rollten böse mit den Augen, Effremi und wurmähnliche Sojati umkreisten einander eifersüchtig, ein einzelgängerischer Joppelare wälzte seinen Leib mühselig durch das Fruchtwasser, das er ständig vor sich hin spuckte und gleich darauf wieder einsog.
    Rechts von ihnen zweigte der Zugang zu den Latrinen und Kloaken ab. Rinka sah eine Art Stele am Ende des Ganges.
    Rinka vermochte die verwitterte und uralt wirkende Inschrift auf dem Gedenkstein nicht zu entziffern.
    „Da ist ein Einstieg", sagte Wismo Kantelaki und deutete in eine kleine Nische. „Dahinter beginnt ein Wartungsgang, der in die richtige Richtung führt."
    „Wir nehmen ihn", bestimmte Senego Trainz. „Hängt euch so eng wie möglich an den Joppelaren dran und nutzt seinen Schatten."
    Joppelaren gehörten einer seltenen Spezies von Konterpretatoren an, die im Rahmen der Terminalen Kolonne nur wenig ernst genommen wurden. Sie hatten gewissermaßen Narrenfreiheit; sie philosophierten viel und gebaren Ideen, die oftmals entgegen der Kolonnen-Doktrin standen – und dem Führungspersonal manchmal entscheidende Denkanstöße gaben. Joppelaren fungierten darüber hinaus für Kalbarone und Duale als Blitzableiter. Wenn etwas nicht so klappte, wie es die Schiffsherren gerne wollten, wurde die Schuld auf die schwermütigen Denker geschoben. Und tatsächlich nahmen die Joppelaren ihre Todesurteile stets mit Erleichterung zur Kenntnis, vertraten sie doch die Ansicht, dass Leben und Tod bloß unterschiedliche Begriffe für denselben Daseinszustand waren.
    Und vielleicht hatten sie gar nicht so unrecht: Wer sich im Schatten der Joppelaren bewegte, wurde von seiner Umgebung vergessen. Er existierte

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