2472 - TRAICOON 0096
zeigte unangemessene Respektlosigkeit und Ungeduld.
„Ein Verbündeter im Dual-Rang, der sich ungehindert in der Dienstburg bewegt, kann vieles veranlassen. Zum Beispiel unseren Traitank in die unmittelbare Umgebung CRULTS beordern, das Schiff der Aufmerksamkeit des Progress-Wahrers entziehen. Wir werden improvisieren müssen, ich weiß." Roi Danton hob abwehrend beide Hände hoch. „Aber wir haben mit den Dunklen Ermittlern weitere Verbündete. Und wir haben dies hier."
Rinka Porol blickte auf die schwarze Schatulle, größer als sie selbst, die der Unsterbliche soeben auf sein Kommandopult hob.
„Was befindet sich darin?", hörte sie sich fragen.
Roi Danton blickte sie heftig blinzelnd an. Er musterte ihr Gesicht ganz genau, als sähe er etwas, was ihn verwunderte.
„Ich werde es dir nicht sagen. Noch nicht. Aus Sicherheitsgründen. Nur so viel: Der Inhalt muss unbedingt in die Anthrazit-Sphäre des Progress-Amtes transportiert werden. Lass mir diese kleine Überraschung."
Rinka Porol notierte ihre Gedanken, ihre Mutmaßungen. Was befand sich in dieser Kassette? Ein speziell gezüchtetes Virus, eine mikrominiaturisierte Gravitationsbombe?
Die Terraner bestürmten Roi Danton mit Fragen, doch der gab sich geheimnisvoll. Er antwortete ausweichend, ließ sich auf keine weiteren Diskussionen ein.
Als die Gespräche allzu hitzig zu werden drohten, sagte er kurzerhand: „Schluss jetzt! Ihr wisst nun, was uns während der nächsten Stunden und Tage erwartet. Wir suchen nach den Lebenszeichen eines Duals. Den Funkern und Ortern kommt derzeit eine besondere Bedeutung zu. Ihre Arbeitssphären dürfen unter keinen Umständen verletzt werden. Verstanden, Senego? – Wir werden die Zeit so intensiv wie möglich nutzen, um uns auf die Begegnung mit einem Dual vorzubereiten und mögliche Vorgehensweisen durchzuspielen. Ich habe gemeinsam mit dem Nukleus verschiedene Szenarien ausgearbeitet. Ihr bekommt von mir schriftliches Material dazu. Ich erbitte weitere Kommentare und Vorschläge."
Er sah sich um, blieb mit seinen Blicken wiederum irritiert an Rinka Porol hängen. Hatte sie mit der dezent aufgetragenen Schminke etwa doch übertrieben?
„Unsere Chancen auf Erfolg sind gering", schloss der Unsterbliche. „Dieses Kommandounternehmen hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn alle Mannschaftsteile perfekt zusammenspielen und wir das nötige Glück haben. Wer an höhere Wesenheiten glaubt, sollte vielleicht ein Gebet sprechen."
Er nickte kurz in alle Richtungen und verließ dann die Zentrale, die geheimnisvolle Schatulle wiederum unter den Arm geklemmt.
*
Sie stürzten zum vorhergesehenen Zeitpunkt in den Normalraum zurück, orientierten sich, begannen, ziellos durch die Westside der Milchstraße zu kreuzen, stets auf der Suche nach einem Glückstreffer. Nach Nachrichten aus dem Kolonnen-Funk, deren Algorithmen ihren Suchbedingungen entsprachen.
Sechs Tage vergingen, der Bordkalender zeigte den 16. Juli 1346 NGZ an.
Zwischen Manövereinheiten, Scharfschuss- sowie Nahkampftraining arbeitete Rinka Porol an ihren Berichten.
Waren ihr die Worte zu Beginn noch schwerfällig erschienen, so sah sie bald eine deutliche Verbesserung in Stil und Ausdruck. Drolaf Kucmuc, ein stark behaarter Angehöriger ihrer Übungsgruppe, der in seiner Freizeit Liedertexte dichtete, gab ihr weitere gute Tipps.
Ihre Rolle gefiel ihr. Sie beobachtete, gewann ein besonderes Gefühl für Nuancen im emotionellen Ausdruck ihrer Mitstreiter, fand zu einem immer breiter werdenden Horizont. Ein neuer Kosmos tat sich vor ihr auf. Nein; nicht vor, sondern in ihr. Die niedergeschriebenen Worte halfen Rinka, mit sich selbst besser zurechtzukommen. Sie hatte ein Ventil gefunden, um Anspannung loszuwerden, um mit ihrer Schwäche besser umgehen zu können.
Ihre Trefferquote verbesserte sich, auch die Angst vor legasthenischen Drehern ließ markant nach. Selbst Senego Trainz, dem so gut wie nie ein Lob auskam, knurrte ihr zustimmend zu, nachdem sie einen holosimulierten Parcours der höchstmöglichen Leistungsklasse mit 98 Prozent Treffern absolviert hatte.
„Wusste ich’s doch!", sagte er und stampfte begeistert mit einem seiner Säulenbeine auf. „Aus dir wird noch mal was."
Khiz Turagga verklebte eine kleine Schürfwunde, die sie sich bei einem Absturz aus mehr als 30 Metern Höhe zugezogen hatte. Mit einem Handscanner durchleuchtete er sie routinehalber und bescheinigte ihr, dass sie weiterhin einsatzbereit war. Der Belastungstest war
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