2473 - Verrat auf CRULT
widerstandsfähige biologische Kampfmaschine stampfte mit einem Säulenbein auf, dass das Pult erzitterte.
„Warten. Bis die Dinge in Bewegung kommen, mögt ihr euch mit den Gegebenheiten an Bord von CRULT vertraut machen."
Aroff aktivierte das Interkom-Terminal der Unterkunft, autorisierte sich und lud eine große Menge allgemein verfügbarer Materialien aus den Speichern der Dienstburg herunter. Er schärfte den Mikro-Bestien ein, dass sie sich in seiner Abwesenheit nur offline damit befassen durften.
Datenflüsse wurden verzeichnet. Es wäre aufgefallen, hätte jemand den Interkom in der Kabine benutzt, während sich der Duale Kapitän nachweislich woanders aufhielt.
Zu Trainz gesellte sich eine zweite Mikro-Bestie. Auch ihr Gesicht war entstellt, durch schwarze Ekzeme unter allen drei Augen. Sie erinnerten an Schminke, wie manche weibliche Humanoide sie verwendeten, aber sicherlich keine Assassinen der Kolonne.
„Mein Name ist Rinka Porol", stellte sich die Bestie vor. „Wir kennen uns bereits flüchtig. Ich bin die Scharfschützin des Teams und dokumentiere nebenbei unseren Einsatz. Bitte lass dich nicht davon irritieren, wenn ich dich zwischendurch immer wieder einmal genau unter die Lupe nehme."
Sie hob einen ihrer Handlungsarme und zeigte ein Schreibpad. „Ich möchte auch das Drumherum festhalten, vor allem die Emotionen. Für uns Autorinnen machen sie die Würze jeder Geschichte aus. Und die widersprüchliche Mimik deiner beiden Köpfe ist ganz besonders faszinierend."
Kurzzeitig war der Duale Kapitän tatsächlich verwirrt. Mikro-Bestien besaßen gar kein Geschlecht, und von schriftstellerischen Ambitionen hatte er ebenfalls nie zuvor gehört.
„Du willst uns beschreiben?", fragte Zerbone indigniert. „Wozu?"
„Etwas soll von uns zurückbleiben, von mir, Senego, Khiz und den anderen unserer Armee, wenn wir einmal nicht mehr sind. Eine Art Testament, Zeugnis, Hinterlassenschaft ... Derzeit favorisiere ich den Titel ›Memoiren einer Lebensunwerten‹. Was hältst du davon?"
„Nichts", krächzte Aroff. „Bleib mir bloß vom Leib!"
„Aber du gehörst auch irgendwie dazu." Schmollend nestelte die Bestie an einer malvenfarbenen Schärpe herum, die sie unsinnigerweise über dem Kampfanzug trug. „Wir Krüppel sollten zusammenhalten."
Trainz löste die Peinlichkeit auf, indem er kommandierte: „Porol, wegtreten! Versorg deine Waffen! – Entschuldige den Auftritt", bat er Zerberoff. „Rinka hat sich von dieser terranischen Offizierin Atabinmek Springflöhe ins Ohr setzen lassen. Aber er ist ein herausragender Schütze, der beste von uns allen."
„Soll sein. Wie auch immer, höre: Ich möchte mit euren internen Belangen so wenig wie möglich befasst werden, klar?
Wir sind viel zu verschieden, um zu fraternisieren. Die Erschaffung in den Skapalm-Barken mag uns verbinden, aber das ist auch schon alles."
Der Anführer der Mikro-Bestien trat einen Schritt zurück und nahm die vier Arme hoch. „Verstehe. Du willst damit sagen, dass du ein gelungenes Projekt der Anatomen darstellst, während wir Ausschussware sind, Gen-Müll, nur knapp der Entsorgung entgangen, nicht wahr?"
In der Tat hätte der Duale Kapitän das hierarchische Gefälle zwischen ihnen fast wortwörtlich so ausgedrückt.
Aber er verzichtete auf eine Antwort, drehte sich weg und humpelte zur Stehstütze.
Er würde umdenken müssen, radikal umlernen. Abseits der Kolonne zählte sein militärischer Rang so gut wie nichts.
Zerberoff, wurde ihm in diesem Moment klar, hatte weit mehr verloren als die Einflüsterungen der Krallen.
Die Stimme der kecken, kleinen Missgeburt hallte in ihm nach: Wir Krüppel sollten zusammenhalten.
Wir Krüppel!
Ihn schauderte.
3.
Aufpassen!
29. Juli bis 1. August 1347 NGZ
In CRULT wurde rund um die Uhr gearbeitet. Trotzdem wechselten einander zwei Phasen ab, der Stadt-Tag und die Stadt-Nacht. Sie unterschieden sich durch den Grad an künstlicher Beleuchtung und dauerten umgerechnet je 13,7 terranische Standardstunden.
Praktischer Grund dieser Schaltung war nicht der biologische Rhythmus der insgesamt rund zwanzig Millionen ständigen Bewohner. Kaum jemand von ihnen kannte noch ein planetengestütztes, von Umläufen, Gezeiten und sonstigen Zyklen bestimmtes Leben. Vielmehr durchbrach die Abwechslung das Einerlei und beugte so dem im Weltall stets dräuenden, aus Langeweile resultierenden Schlendrian vor.
Außerdem bevorzugten verschiedene Völker ebenso unterschiedliche
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