2474 - Zwei Psi-Emitter
Herolde?, argwöhnte Zerberoff. Er fragte sich, wie weit die Freiheit der Awour gehen mochte, ungehindert eigene Entscheidungen zu treffen. Trugen sie Krallen des Laboraten oder nicht?
Wenn er den Untersuchungsleiter ...
Ein verrückter Gedanke war das und von Anfang an nicht umsetzbar. Außerdem hatte er bislang keinen Kontakt zu Senego Trainz und den anderen. Nein, schon der Versuch, Osbangur dem Einfluss der Kralle zu entziehen, konnte eine Katastrophe heraufbeschwören. Erst recht, falls der Awour unbeeinflusst weiterhin loyal zu TRAITOR agierte.
„Die Vorgangsprotokolle belegen, dass der Zugang zu der aufgelassenen Sternwarte nur einmal geöffnet wurde, als Malikadi eintrat", sagte der Untersuchungsleiter übergangslos. „Entweder hat er seinen Mörder also mitgebracht, oder der oder die Betreffenden haben ihn schon erwartet. Verschwunden sein können sie nur durch die Luftoder Wartungsschächte."
„Sie?", fragte Zerberoff irritiert. „Ist das mittlerweile definitiv? Lange genug hat es bis zu dieser Erkenntnis gedauert."
„Es liegen Aufzeichnungen vor, die zeitgleich Schüsse aus verschiedenen Richtungen dokumentieren. Die Qualität der Bilder ist schlecht, aber die Schüsse kamen aus dem Nichts. Jemand, der sich im Schutz von Dunkelfeldern bewegt hat?"
„Also doch Assassinen", sagte Zerberoff. „Ich erwarte eine Entschuldigung."
Der Awour schaute ihn ruhig an. Um seine Mundwinkel zeichnete sich ein Zug ab, den der Dual als Zynismus oder Spott interpretierte. Osbangur wusste, dass er Zerberoff zu Rechenschaft verpflichtet war. Das hinderte ihn aber nicht daran, seinen eigenen Weg zu gehen. Vor allem würde er doch nur das preisgeben, was er preisgeben wollte.
Du bist nicht unverletzlich, dachte Zerberoff bitter. Zugleich war er sich dessen bewusst, dass er gegen Osbangur nichts unternehmen durfte.
Das Leben ohne Kralle des Laboraten war komplizierter geworden. Oder erschien ihm das nur so, weil er sich auf die Seite seiner bisherigen Gegner geschlagen hatte?
Er hätte der Kolonne und den Terranern gleichermaßen den Rücken kehren sollen. Doch inzwischen war es zu spät dafür.
3.
„Ein Folterinstrument, oder was sonst soll das sein?"
Kopfüber hing Rinka Porol von der schmalen Wandkonsole herab. Mit den beiden rechten Armen hielt sie sich auf dem Vorsprung, der Rest ihres Körpers baumelte nach unten, wobei sie mit der Hand des linken Handlungsarms vergeblich versuchte, den Sensor zu erreichen, der gut halb so groß war wie sie selbst.
Zwei Meter unter ihr lag der aufgeraute Boden von Zerberoffs Quartier.
Und dazwischen ragte dieses verdrehte, undefinierbare Gestell aus der Wand. Rinka hatte so etwas nie gesehen. Auch die anderen hatten das Ding betrachtet, sich dann aber schnell wieder zurückgezogen.
Banausen!, fand Rinka. Den Burschen fehlte der nötige Wissensdurst, sie würden nie die Feinheiten einer eigenen Kultur erspüren.
Wie hatte einer von Dantons Spezialisten gesagt? „Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil." Eigentlich wusste sie bis jetzt nicht so recht, was damit gemeint war, aber der Satz hatte ihr gefallen. Sie hatte ihn sofort notiert, würde später sehen, was sie daraus machen konnte.
Grob waren sie, ihre Männer, auch wenn keiner von ihnen das einsehen wollte.
Eine winzige Nuance noch, und sie erreichte den Sensor mit den Fingerspitzen. Irgendetwas würde dann geschehen, und das hatte zweifellos mit dem Rohrgestell zu tun. Das Ding ragte geradlinig aus der Wand heraus, etwa so lang wie zweimal Wismo Kantelaki hintereinander und fast ebenso massig. Dann knickte es ab, führte schräg dem Boden entgegen, endete jedoch in halber Höhe in einer gepolsterten ovalen Platte. Rechts und links zweigten kurz davor andere Rohre ab, die bis zum Boden reichten und ebenfalls in Platten ausliefen, die deutlich größer waren als die in der Mitte. Links das Gestell war kräftiger als das andere. Oder war es das rechte?
Es war immer derselbe Ärger mit den beiden Himmelsrichtungen. Vorn und hinten, das war eindeutig. Aber rechts und links?
Um ein Haar hätte Rinka den Halt verloren. Im letzten Moment schaffte sie es, ihr Gewicht wieder mehr auf die Konsole zu verlagern.
Jemand lachte dumpf. Dieses Lachen brach abrupt ab. Wahrscheinlich, weil Rinka schwieg. Die Stille in Zerberoffs Unterkunft hatte etwas Inspirierendes. Sie dachte gar nicht daran, ihr Flugaggregat einzusetzen, das musste sie aus eigener Kraft schaffen.
Fünfundzwanzig Stunden Stille
Weitere Kostenlose Bücher