2480 - Die Prognostiker
erfreut war. Lediglich der Insk-Karew informierte ihn noch über das Geschehen.
Pal Astuin und Merlin Myhr, die Avatare ESCHERS, traten immer seltener in Erscheinung und ließen sich seit geraumer Zeit gar nicht mehr sehen. Savoire nahm an, dass dieser Prozess mit den zunehmenden Anstrengungen ESCHERS einherging, die Rechnersysteme TRAITORS zu verstehen und zu infiltrieren. Neben ihrer Tätigkeit als Avatare waren sie ja auch Prozessoren der Parapositronik, und von denen gab es lediglich 139.
Nur 139! War es in der Tat so, dass ESCHER derzeit wirklich jeden Prozessor brauchte? Sollten die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Parapositronik hier auf eine zu harte Herausforderung stoßen? Das würde ein deutliches Licht auf die Rechenleistung der Parapositronik werfen.
Bestand in dieser Hinsicht etwa Anlass zur Sorge? War ESCHER etwa an die Grenzen seiner Kapazität gestoßen?
Ach was, versuchte er sich zu beruhigen. Wahrscheinlich machte er sich nur überflüssige Gedanken, weil er und Isokrain im Augenblick nichts zu tun hatten.
Das elende Warten machte ihm zu schaffen. Er wurde mit dieser Untätigkeit ganz einfach nicht fertig.
Und der Kosmitter – so sehr er ihn als Gesellschaft schätzte, so fraglich war es doch, ob man ihn als Lebewesen sehen konnte.
Nur allmählich wurde Savoire klar, worauf er sich wirklich eingelassen hatte. Die Vorstellung, Wochen oder Monate als einziger Mensch in dem Versorgertrakt zu verbringen, umgeben von Millionen von Feinden, stets in der Gefahr lebend, entdeckt und getötet zu werden, kam ihm immer bedrückender vor.
Er fragte sich, ob er diese Zeit bei klarem Verstand überstehen würde.
Wann würde er anfangen, Selbstgespräche zu führen?
Von der Bedeutung ihrer Mission einmal ganz abgesehen. Von ihnen hing womöglich das Schicksal der Lokalen Galaxiengruppe ab. Wenn sie versagten ...
Oder versuchte er, sich mit diesen Gedanken nur zu beruhigen? Machte er sich nur etwas vor? Als Erster Kybernetiker war er mit ESCHER vertraut, und er spürte deutlich, dass mit der Parapositronik etwas nicht in Ordnung war. Der Auslastungsgrad der Parapositronik schien wesentlich höher zu sein, als er erwartet hatte, und ihm war nicht klar, wieso die Rechnerkapazität eines einzigen TRAICOON-Forts die Parapositronik vor solche Schwierigkeiten stellte.
Denn wenn ESCHER nicht einmal TRAICOON 06-202a gewachsen war – wie sollte sie dann erst mit GLOIN TRAITOR fertig werden?
Natürlich mangelte es ihm an Informationen. Die Parapositronik erteilte über die Natur ihrer Probleme, falls es denn überhaupt welche gab, keine Auskunft.
Kann es sein, dass ESCHER die Lage nicht verlässlich einzuschätzen weiß?, fragte sich Dr. Laurence Savoire.
Er fühlte sich an einen überforderten Experten erinnert. An einen absoluten Fachmann, der nicht zugeben wollte, dass er mit seinen Analysen und Vorschlägen zum weiteren Vorgehen einfach nicht weiterkam.
„Warten wir einfach ab", murmelte er. „Mal sehen, was noch geschieht."
Unwillkürlich musste er lächeln. Er hatte sich soeben bei einem Selbstgespräch ertappt.
Kopfschüttelnd widmete er sich wieder dem linsenförmigen Koffter, aber er war nicht ganz bei der Sache.
Er konnte die selbstquälerischen Gedanken einfach nicht abschütteln.
*
Als Isokrain einige Tage später erneut neben ihm in der Kontrollzentrale materialisierte, wusste Savoire sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Der Kosmitter wirkte seltsam fahrig und nervös.
Der Erste Kybernetiker kannte den Insk-Karew mittlerweile gut genug, um selbst winzige Nuancen an seinem Gesichtsausdruck und Verhalten deuten zu können.
„ESCHER hat Probleme", vermutete er.
„Die Parapositronik meldet eine vollständige Rechenlast", bestätigte Isokrain. „Schon seit Tagen hat sie keinerlei Kapazitäten für andere Aufgaben mehr frei."
„Das ist mir aufgefallen", versetzte Savoire. „Ich habe so gut wie keinen Kontakt mehr mit ESCHER."
Er verspürte einen leisen Schmerz; irgendwie kam er sich vor, als habe die Parapositronik ihn fallen lassen.
„ESCHER kommt nicht mehr umhin, eine unangenehme Feststellung zu machen", ignorierte der Kosmitter seine Bemerkung. „Die Manipulation von Kolonnen-Rechnern verlangt ihm mehr ab, als er selbst und der Nukleus im Vorfeld von ihm erwartet haben."
„Ich habe mich bereits gefragt, ob wir wirklich wussten, was auf uns zukommt. Ob wir uns wirklich gründlich genug vorbereitet haben ..."
Obwohl man von einer wirklichen Vorbereitung
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