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2489 - Schach dem Chaos

2489 - Schach dem Chaos

Titel: 2489 - Schach dem Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Kartanin, die jedermann in Hangay kannte.
    »Ich grüße dich, ehrwürdige Dao-Lin-H'ay«, hörte sich die Flottenkommandantin sagen.
    Sie beugte den Kopf in Demut, so, wie sie es niemals zuvor getan hatte.
     
    11.
    Ejdu Melia
    Dao-Lin-H'ay gestattete der Gestaltwandlerin, die Schlacht in ihrer unmittelbaren Umgebung zu verfolgen.
    Die Manöver, im Hypertaktflug vollzogen, die Abschüsse, die dank der auf Win-Alpha eingebauten VRITRA-Kanonen gelangen, die waghalsigen Manöver eines perfekt eingespielten Teams - dies alles war von untergeordneter Rolle. Ejdu Me-lia sonnte sich in der Gegenwart Dao-Lin-H'ays. Sie zog Kraft und Zuversicht aus der Nähe der Kartanin und sie fühlte, wie weitere Veränderungen geschahen.
    Protein-Bausteine, Nukleotide der DNS und RNS, Basenpaarketten, Rezeptoren - chemische wie genetische Zusammensetzungen ihres leiblichen Seins änderten sich. Eine neue Vektorkodierung der Eindrücke verwirrte darüber hinaus ihre Sinne; Dinge, die ihr aus der Sicht einer Sepulchthidin als logisch erschienen waren, ergaben nun keinen Sinn mehr.
    Sie glitt in eine Leere zwischen zwei Daseinsformen, die allmählich auch auf ihren Geist, auf ihr ureigenstes Ich zurückschlug. Ejdu Melia musste sich auf Phasen erzwungener Inaktivität einstellen - und darauf, dass die körperlichen Veränderungen mehr Schmerz als jemals zuvor bei einer Transgenese hervorrufen würden.
    »... willst du mich begleiten?«, drang Dao-Lin-H'ays Stimme zu ihr durch. Sie klang ungeduldig. War sie etwa zu sehr in sich versunken gewesen und hatte die Aufforderung ein- oder gar mehrmals überhört?
    »Gern«, sagte Ejdu Melia schnell. Sie wagte es nicht nachzufragen, wohin sie gehen würden. Letztlich war es einerlei. Sie folgte der Geliebten.
    Dao-Lin-H'ay überprüfte ihre Ausrüstung, gürtete ein elegantes Seidenband um die Hüfte, das mit kartanischen Schriftzeichen bestickt war, legte mithilfe eines herbeigerufenen Schminkrobots ein goldglitzerndes Make-up auf und zog dann eilig einen Schutzanzug über, der ihre schlanke Figur betonte.
    Ejdu konnte kaum die Augen von ihr lassen. Sie nestelte umständlich an den Verschlüssen ihres eigenen Anzugs umher. Er war viel zu eng geworden, und er roch sonderbar. An diesem Tag würde er noch passen, aber morgen ...
    Die Kartanin verließ die Zentrale der SOL-Zelle und legte dabei ein beachtliches Tempo vor. Die Friedensfahrerin hatte Mühe, ihr zu folgen. Es ging durch einen breiten Antigravlift »hinab«.
    In einem Hangar warteten zwei Raumgleiter. Jeweils fünf bewaffnete terranische Raumsoldaten verteilten sich auf die Boote. Weitere Besatzungsmitglieder, die wohl höhere Positionen ausfüllten, begaben sich ebenfalls in die Gefährte. Ejdu hörte Namen, doch sie kümmerte sich nicht darum.
    Irgendwo in ihrem Hinterkopf wurde sie sich der Brisanz ihrer Situation bewusst. Sie gab sich willenlos der Transgenese hin. Sie hinterfragte nichts, sie kümmerte sich nicht mehr um ihre eigentliche Aufgabe. Die körperliche Umformung nahm große Teile ihres Denkens ein.
    Dao-Lin-H'ay lud sie mit einer Geste ein, neben ihr Platz zu nehmen. Der Ausschleusungsvorgang begann, kaum dass sie es sich bequem gemacht hatten. Wieder einmal spürte Ejdu Melia diese unendliche Routine der SOL-Besatzungsmitglieder. Sie verhielten sich so, als bewegten sie sich von Wohn- zu Schlafzimmer.
    Auch die Friedensfahrerin hatte die OEON-Kapsel N'DRANGA zu ihrer Wohnstatt gemacht. Dennoch genoss sie es ein ums andere Mal, nach Rosella Rosado zurückzukehren, festen Boden unter ihren Füßen zu spüren, durch freie Natur zu wandern und frische Luft zu tanken. Heimat war ihr mehr als ein Hohlkörper, der sich durch eine lebensfeindliche Umgebung bewegte.
    Die Kartanin wandte sich ihr unvermittelt zu. »Ich weiß, was es bedeutet, Änderungen durchzumachen«, sagte sie leise. Ein Schalldämpfungsfeld schloss sie beide ein.
    »Ja?«
    »Der Schmerz. Die Angst. Der Körper wehrt sich mit allem, was ihm zur Verfügung steht. Man meint, sterben zu müssen. Man möchte sein Leid hinausbrüllen, man hasst sich, will den Vorgang rückgängig machen. Um sich dann, wenn die Metamorphose beendet ist, wie ein rundum erneuertes Wesen zu fühlen. Alles ist mit einem Mal so schön, so einfach und klar ... «
    »Woher weißt du das alles?« Hatte Dao-Lin-H'ay ihre Gedanken gelesen? Waren ihre zweifellos vorhandenen empathischen Fähigkeiten stark genug ausgeprägt, um sie zu verstehen? Oder sprach sie tatsächlich aus eigener

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