2493 - Der Weltweise - Leo Lukas
Prozessoren, die nach ESCHERS Ende vom WELTWEISEN in sich aufgenommen worden waren.
Auch Pal Astuin und Merlin Myhr waren darunter, die bereits in der Frühphase des Projekts als Avatare der Parapositronik in Erscheinung getreten waren. Laurence erkannte das düstere Duo erst auf den zweiten Blick, mangels der schwarzen Anzüge, welche die beiden stets getragen hatten.
»Was ist geschehen?«, rief er.
Astuin hob die Schultern. »Wir können nur spekulieren. Später. Zunächst sollten wir uns darum kümmern.«
Er trat zur Seite und deutete auf die Lagune hinaus. Im klaren grünblauen Wasser dümpelte ein voluminöser Körper, eine unförmige, weiche, gallertartige Masse, weißlich gefärbt, aus der einige schlappe Tentakel entsprangen.
Von diesem seltsamen Quallenwesen, bemerkte Savoire bestürzt, gingen die Impulse aus, die er schon vor einiger Zeit empfangen hatte. Sie waren nun präsenter, jedoch weiterhin kraftlos und unartikuliert. Wenn er ihnen irgendetwas entnehmen konnte, dann Verbundenheit. »Der Weltweise«, flüsterte er.
*
»Nicht ganz in der Gestalt, wie er vor der Vergeistigung durchs Medium seiner Weltkugel trieb. Viel eher eine etwas frühere, biologisch lebensfähige Form ... «
Savoire sprach wie in Trance. Ihm schien gar nicht aufzufallen, dass er längst ins Wasser geeilt war. »Aber ähnlich genug, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen. Er ist es!«
Der sandige Untergrund neigte sich nur sehr sacht, sodass Sybel immer noch stehen konnte, als sie und die Übrigen das Wesen erreichten. Der Erste Kybernetiker streckte die Hand aus und berührte den Weltweisen sanft.
»Er lebt«, sagte er leise, fast feierlich. »Auch wenn er keine Reaktion zeigt. Ich spüre, dass zwischen ihm und mir, zwischen ihm und uns allen ein starkes mentales Band existiert.«
»Vermittelt er dir eine Botschaft?«, fragte Sybel.
»Nein. Er ist ohnmächtig. Und äußerst geschwächt. Er liegt im Sterben.«
Sie bekam eine Gänsehaut. »Falls er stirbt ... «
»Wäre es auch um uns geschehen. Und zwar endgültig. Dessen bin ich mir sicher.«
»Können wir ihm helfen, ihn wenigstens reanimieren?«
»Wenn ich bloß wüsste, wie! Sein Zustand ist kritisch und verschlechtert sich tendenziell eher noch.«
Chiranjeeva deBoer, die strohblonde Biochemikerin, schwenkte den Arm, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. »Ich glaube, es liegt ein physiologisches Problem vor, wie es für im Meer lebende Geschöpfe durchaus nicht unüblich ist.«
Der Leib des Weltweisen, erklärte sie, sei zwar von Wasser umspült, lagere jedoch zum allergrößten Teil auf dem Sandboden. »Seine Organe werden vom eigenen Gewicht erdrückt. Dergleichen hat man auch bei gestrandeten terranischen Walen beobachtet. Hier ist es zu seicht. Wenn wir ihn retten wollen, müssen wir ihn in tieferes Gewässer bringen.«
Das klang schlüssig. Da niemandem eine bessere Idee einfiel, schritten sie hurtig zur Tat.
Pal Astuin übernahm das Kommando. Er teilte Kleingruppen ein; die erste sollte in der Lagune nach einer geeigneten Stelle suchen. »Mindestens drei Meter Wassertiefe, besser mehr!«
Das zweite Team wurde an Land geschickt, um im Wald starke Äste zu besorgen. »Er ist zu groß, zu schwer; nur mit Muskelkraft bringen wir ihn nicht von hier weg. Hebelwirkung heißt das Zauberwort.«
Sybel harrte mit der dritten Gruppe beim Weltweisen aus. Sie konnten zwar nichts für ihn tun; aber es stand zu hoffen, meinte Savoire, dass ihm ihre bloße Nähe eine gewisse Linderung bescherte.
Wilbuntir Gilead, Sybels Lebenspartner, stellte die Kardinalfrage: »Was mag passiert sein, nachdem wir den Elementar-Quintadimtrafer manipuliert haben?«
»Ich denke, unser Kollektiv ist zwar nicht gestorben«, antwortete der Erste Kybernetiker halblaut. »Allerdings hat der WELTWEISE einen harten Schlag abbekommen, der seine Struktur als Wesenheit ge- oder zerstört hat.«
Sybel nickte. »Mit dem letzten Rest Mentalenergie gelang es ihm, diesen Planeten anzusteuern und sich selbst sowie uns zu rematerialisieren; individuell, jeweils in früherer Gestalt. Wie es aussieht, war ein Überleben kurzfristig nur in dieser Zustandsform möglich. Anderseits, streng logisch betrachtet ... «
»Ob er noch mehr bezweckte, indem er so handelte?«, warf Chiranjeeva ein. »Er hat sich völlig ausgepumpt, um uns zu manifestieren. Ich meine, dem muss ein Plan zugrunde liegen.«
»Wir sind eindeutig robuster und vor allem mobiler. Wenn ihr mich fragt, besteht unsere Aufgabe darin,
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