Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Wort ist meinen Füßen eine Leuchte und ein Licht für meine Wege!“
    Das waren allerdings drei wirklich hehre, heilige und gewichtige Worte. Der Mir hatte mehr, viel mehr gesagt, als ich für möglich gehalten hätte. Denn daß es sich bei ihm nicht nur um eine akustische Demonstration handelte, das verstand sich ganz von selbst. Er beichtete. Er gab Rechenschaft. Er offenbarte die Tiefe seines Innern. Es drängte ihn; er konnte nicht anders. Aber er war noch nicht fertig. Er mußte auch noch das Allerbeste und Allerwichtigste, was er besaß, aus seiner Seele zu uns steigen lassen. Es erklang:
    „Jesus Christus ist derselbe, gestern und heut und auch in Ewigkeit! Amen!“
    Dieses Amen sagte uns, daß er fertig sei. Die anderen blieben noch einige Minuten still sitzen. Auch sie fühlten, daß jetzt neben dem rein äußerlichen auch noch etwas rein innerliches geschehen sei, woran man nicht mit faden Worten rühren dürfe. Dann standen sie auf und schickten sich an, den Stein vor die Öffnung zu schieben und dann hinabzusteigen. Sie glaubten, daß dies auch meine Absicht sei. Ich aber belehrte sie eines anderen, indem ich sagte:
    „Geht immer hinunter! Ich bleibe noch hier und werde dann hier schließen. Löscht alle Lichter aus, an denen ihr vorüberkommt; laßt keines brennen!“
    „Aber dann, wenn du hinuntergehst, mußt du doch auch Licht haben, Effendi, sonst stürzt du!“ meinte Halef besorgt.
    „So zünde ich mir eines an“, antwortete ich.
    „Aber du darfst nicht lange bleiben; du mußt mit uns essen, Effendi! Weißt du, heut wird einmal gekocht, wirklich gekocht, gebacken und gebraten! Denn es gibt hier alles, was wir dazu brauchen! Unzählige Delikatessen! Ich koche selbst! Und die andern helfen mir alle, alle, alle! Da kannst du dir doch denken, daß es ein Abendessen gibt, wie es selbst der Schah von Teheran oder der Sultan von Istambul nicht besser haben kann. Also du kommst?“
    „Ja.“
    „So leb einstweilen wohl! Du bist ein Dichter und schreibst Bücher; darum hältst du es gern mit allen Höhen und Spitzen, wo es nichts zu essen gibt. Aber wir, die wir keine Dichter sind und auch keine Bücher schreiben, wir gehören hinunter auf die ebene, sichere Erde und ziehen den Duft eines guten Bratens den fettesten Reimen und den dicksten Büchern vor.“
    „So wünsche ich, daß dir der Braten wohlgelingen möge, mein lieber Halef!“
    „Ich auch. Wir gehen!“
    Sie stiegen hinab und verlöschten dabei ein Licht nach dem anderen. Ich sah einige Zeitlang zu, wie die Lichtspirale sich immer weiter von mir zurückzog; dann trat ich wieder hinaus in das Freie und setzte mich dort nieder, um endlich, endlich einmal mit mir und meinen Gedanken allein zu sein und das, was geschehen war, zu prüfen, um das, was nun zu kommen hatte, daraus zu folgern. Aber diese wohltuende Einsamkeit war nicht von langer Dauer. Es erklangen Schritte aus dem Innern. Es kam jemand. Der Mir war es. Er hatte ein brennendes Licht in der Hand, blies es aus, setzte sich zu mir und entschuldigte sich:
    „Dein Halef sagte, du wünschest, allein zu sein. Ich habe denselben Wunsch und kann ihn mir doch nicht erfüllen, denn in der Einsamkeit finde ich keinen Halt und keine Stütze; ich muß zu dir. Verzeih!“
    „Ja, ich wollte allein sein“, antwortete ich aufrichtig. „Ereignisse wie die, welche wir hier erleben, verlangen Sammlung und ungestörtes Nachdenken, wenn sie die Wirkung haben sollen, die uns nützt und segnet. Doch, befindest du dich in Seelennot, in der du Hilfe von mir erwartest, so bist du mir willkommen, gleichviel, ob ich dir dienen kann oder nicht. Der Wille dazu ist vorhanden.“
    „Das weiß ich, und darum komme ich, Effendi. Ich habe dir ein Geheimnis mitzuteilen, ein großes, schweres Geheimnis, welches sich von Generation zu Generation in meiner Familie fortgeerbt hat und so sorgfältig behütet worden ist, daß nicht einmal sämtliche Mitglieder der Familie, am allerwenigsten aber fremde Leute, davon erfuhren. Nur der Herrscher allein wußte es, der Mir, und sobald er es für nötig hielt, teilte er es seinem ältesten Prinzen mit, seinem Nachfolger, nie aber einem andern Menschen. Du bist der erste und einzige Fremde, der es erfahren soll, und magst hieraus ersehen, wie gern ich dich habe und wie hoch ich deinen Wert für mich berechne.“
    „Ich danke dir! Geheimnisse soll man achten, zumal, wenn sie Familiengeheimnisse sind, über welche das einzelne Glied nicht frei verfügen darf. Hältst du es

Weitere Kostenlose Bücher