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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Glut sofort zu löschen. Er forderte ein wahrheitstreues Bild der gegenwärtigen Situation und eine ebenso aufrichtige Darlegung über die Absichten der Ussul.
    Wie konnte er ein derartiges Verlangen an ein so junges, unerfahrenes Mädchen stellen? So fragte ich mich. Aber Merhameh antwortete sofort, und wie! Weder der Dschirbani noch ich hätten es besser machen können. Sie sprach völlig der Wahrheit gemäß, jedoch so vorsichtig und diplomatisch, daß ich erstaunte. Auf jede Frage, die er ihr dazwischen warf, war sie sofort mit der richtigen Antwort bei der Hand. Sie sprach wie ein Anwalt, der sich mit scharfem Geist auf alles, was zu sagen ist, wohl vorbereitet hat und dem Gegner keine Lücke läßt, etwaige Widerlegungen anzubringen. Und zugleich sprach sie auch als mild und freundlich denkendes Weib, dem es viel mehr darauf ankommt, zu verzeihen, als zu siegen. Und doch klang es auch wieder, als spräche nur ein Kind, dem es in seiner Natürlichkeit und Naivität ganz unverständlich ist, daß ein vernünftiger Mensch sich in der Weise benehmen kann, wie eben der Gegner sich benimmt. Es lag etwas Unwiderstehliches, etwas geradezu Siegreiches in den Worten, die sie wählte, und in dem herzlich eindringlichen Ton, den sie ihnen gab. Das kam alles so klar perlend, so selbstverständlich und so ungesucht. Das war nicht gemacht, das war angeboren; das war Talent oder gar vielleicht Genie. Ich habe viele hervorragende, ja sogar große Redner gehört; nie aber hörte ich in der unbeschreiblich hinreißenden, unbezwingbaren, zugleich überzeugenden und beseligenden Weise sprechen, in der Merhameh zu sprechen pflegte, wenn ihr das, was sie sagte, aus eigenem Herzen kam. Heute hörte ich sie zum ersten Mal, und zwar unter erschwerenden Umständen. Der Sturm verschlang die Hälfte ihrer Rede; der Haß stand ihr entgegen, und was sie sprach, sprach sie zu erschöpften Leuten, und doch war der Erfolg ein außerordentlicher. Später habe ich sie noch oft, sehr oft gehört, unter Verhältnissen von viel günstigerer Resonanz, und niemals ist es mir eingefallen, etwa an ihrer Stelle einen andern sprechen zu lassen oder das Wort gar selbst zu ergreifen. Es kam zuweilen vor, daß, wenn gar nichts helfen wollte, sie mit einigen kurzen Sätzen erreichte, was wir mit all unseren Reden nicht hatten erreichen können. Als sie jetzt sprach, saß Halef neben mir. Zufälligerweise glitt mein Blick auf sein Gesicht hernieder. Da sah ich, wie erstaunt er war. Seine Augen waren groß; sein Mund stand offen. Man sah es ihm an, daß er in diesem Augenblick nur für die junge, schöne Sprecherin vorhanden sei. Als sie geendet hatte, holte er tief Atem und sagte:
    „Hast du es gehört, Effendi? Maschallah! Ich habe mich für einen unübertrefflichen Redner gehalten; aber weißt du, was ich bin?“
    „Nun, was?“
    „Ein blökendes Schaf, eine schreiende Krähe, ein gähnendes Kamel! Aber so eine Stimme und solche Töne und derartige –“
    Er hielt inne, um den Scheik zu hören, der wieder zu sprechen begann. Dieser stand ganz unter dem Eindruck dessen, was er gehört hatte, und rief zu Merhameh herauf:
    „Ich glaube dir alles, was du sagst. Denn alle Welt weiß, daß aus dem Munde von Abd el Fadl oder Merhameh nie eine Lüge kommt. Du bestätigst also, daß Sadik, mein ältester Sohn, bei euch gefangen ist?“
    „Ja“, antwortete sie.
    „So fordere ich vom Dschirbani, von jetzt an gerechnet, zwei volle Stunden Zeit, um unsere Lage genau zu untersuchen. Sobald diese Frist vorüber ist, bin ich wieder hier an dieser Stelle, um weiter mit dir zu sprechen. Ich bitte dich, ihm das zu sagen!“
    Hierauf entfernte er sich, um, gefolgt von seinen Ältesten, weiter abwärts zu gehen, wo er noch nicht gewesen war. Er wollte mit eigenen Augen sehen, ob er vorhin von seinen Leuten der Wahrheit gemäß berichtet worden sei. Ich gedachte, während dieser Pause zu dem ‚Panther‘ zu gehen, welcher verlangt hatte, mit mir sprechen zu dürfen. Ich nahm Halef mit, weil seine Hunde es waren, denen man die Bewachung der Gefangenen anvertraut hatte; sie sollten nur ihm gehorchen. Wir gingen auf dem Höhenpfad zunächst nach dem ‚Felsenloch‘ hinab. Unterwegs konnten wir den Scheik der Tschoban beobachten, wie er, von Gruppe zu Gruppe gehend, sich mit seinen Leuten verständigte. Sooft wir eine Stelle erreichten, an der wir von unten gesehen werden konnten, sahen wir, daß man nach uns heraufdeutete und sich über uns unterhielt. Das schadete

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