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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begann doch schon, von Lache zu Lache, von Teich zu Teich zu rieseln, und der Boden, der Untergrund mußte also viel, viel mehr Feuchtigkeit besitzen, als die Sonnenwärme, die gerade heut eine bedeutende war, zu verdunsten vermochte. Es gab bei diesem Anblick einen allgemeinen Jubel.
    „Das ist das laute Wasserrauschen im Brunnen des Engels!“ rief Halef aus. „Das dort abgelaufene Wasser tritt hier zutage. Meinst du nicht auch, Effendi?“
    „Nein“, antwortete ich. „Die Ursachen der Erscheinung die hier vor dir liegt, sind nicht im Brunnen des Engels, sondern in einer viel, viel höher liegenden Gegend zu suchen. Der Segen, der hier zutage tritt, wurde droben in Dschinnistan der Erde anvertraut.“
    „Wird dieses Wasser wieder verschwinden, wird es so bleiben, wird es steigen?“ fragte der Prinz der Tschoban.
    „Wie Gott will. Unser Blick ist unvermögend, seine Ratschlüsse zu durchdringen. In allem, was geschieht, liegt göttliche Berechnung!“
    „Auch in diesem Wasser?“
    „Ja, auch in diesem Wasser! Vielleicht erfahren wir eher, als wir ahnen, warum und wozu es gerade uns und gerade jetzt gesendet wird.“
    „Warum? Weil die Zeit gekommen ist!“ rief der Mir aus, indem seine Augen in eigenartiger Weise glänzten. „Wenn sich Abend für Abend da oben in den Bergen die Pforten des Paradieses öffnen, ist die Zeit erfüllt, für welche uns die Rückkehr des Flusses verheißen ist. Kommt dann der Herrgott wieder am Ufer herab nach Ardistan, dann, dann – dann –“
    Er hielt inne. Er fühlte, daß er mit dem, was ihm jetzt auf der Zunge lag, seine ganze frühere Anschauung umstoßen würde. Da aber trat der Dschirbani mit einem schnellen Schritt zu ihm heran und forderte ihn auf:
    „Sprich weiter, sprich weiter! Oder fürchtest du dich, es zu sagen?“
    „Fürchten?“ fragte der Mir.
    Sie sahen einander in die Augen, beide ernst und prüfend. Über das Gesicht des Mir ging ein Zug als ob er nahe daran sei, sich beleidigt zu fühlen. Aber diese nicht ganz kleine Versuchung wurde von ihm überwunden. Sie wich einem ruhigen Lächeln, und er antwortete:
    „Früher hätte ich mich gar wohl gefürchtet; aber das war eben früher. Jetzt weiß ich es, daß es keine Schande ist, klüger vernünftiger und innerlich klarer geworden zu sein. Früher hätte mein Stolz mir verboten, einen Irrtum einzugestehen, aber jetzt – jetzt –“
    Er wandte sich von dem Dschirbani ab zu mir und fuhr fort:
    „Effendi, du rietest mir, um Bescheidenheit zu beten. Ich habe es getan, nachdem du eingeschlafen warst. Ich wollte ganz Dschinnistan mit Krieg überziehen. Ich wollte jene Berge erobern, aus denen das Wasser kommt, welches meinem Lande, meinem ganzen Reich fehlt. Ich hielt mich für einen großen Feldherrn. Ich wollte durch Blut und Mord und Tod erreichen, was doch niemals mit der geballten Faust zu erlangen ist. Das war früher, früher, früher. Heut aber sage ich dir: Käme der Herrgott jetzt den Fluß herab, um zu fragen, ob ich Krieg oder Frieden wolle, so würde ich ihm sagen, daß von nun an Friede sein solle, nicht nur zwischen den Ländern und den Völkern meines Reiches, sondern auch zwischen uns und Dschinnistan, dem glücklichen Staat, dessen Bürger behaupten dürfen, daß nie ein Tropfen Blut bei ihnen geflossen sei. Bist du mit dieser meiner Erklärung zufrieden, Effendi?“
    Ich reichte ihm froh die Hand und antwortete:
    „Ich danke dir! Nimm das Wasser, welches wir hier so freudig begrüßen, als eine äußere Hindeutung auf die segensreichen Quellen, die gerade jetzt auch in deinem und in unserm Innern zu steigen beginnen. Gott wird kommen, ganz gewiß! So ist es gut, daß wir nun alle wissen, welche Antwort er auf seine Frage von uns erhalten soll. – Jetzt aber wieder an unsere Nachforschung! Wir schließen die Tür hinter uns und steigen dann dort an der Brücke aus dem Flußbett heraus, um nach dem Gefängnis zu gehen. Aus dem, was dort geschieht, wird das Weitere sich ergeben.“
    Die Gefährten waren damit einverstanden. Wir kehrten in das Innere des Kanals zurück und ließen den Türquader in seine Öffnung zurücklaufen. Dann stiegen wir in das Flußbett hinaus und wendeten uns der Brücke zu, über welche wir bei unserer Ankunft herübergeritten waren. Dort gab es nämlich Stufen, die es uns ermöglichten, auf die Höhe des Ufers zu kommen, ohne uns durch unbequeme Kletterei emporarbeiten zu müssen.
    Dieser unser Wiedereintritt in die Freiheit führte uns sogleich einem

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