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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Versenkung, die uns herabgebracht hatte, auf- und niedergeleitet wurde. Das geschah durch große, viele Zentner schwere Steingewichte, die, an über Rollen gehende Seile befestigt, den oben zwischen den beiden Eingangstoren liegenden Fußboden bald herunter- und bald wieder hinaufzogen, je nach der Seite, nach welcher hin diese ganz einfache Mechanik in Bewegung gesetzt wurde. Es bedurfte nur eines Griffs, uns alle sofort emporheben zu lassen, doch verzichteten wir hierauf, weil wir nicht wußten, wie es in diesem Augenblick da oben im Gefängnisse stand.
    Fast noch wichtiger als diese Entdeckung war die zweite, die wir hierauf machten. Nämlich der Raum, in dem wir uns jetzt bei den Steingewichten befanden, stieß mit einer seiner beiden Schmalseiten an die sehr starke, dicke Mauer des Kanals, und zwar genau an der Stelle, an welcher er aufhörte, an welcher also der verborgene Ausgang nach dem Fluß, wenn es einen gab, zu suchen war. Wir hatten da draußen nachgeforscht, doch, wie man weiß, vergeblich. Ich ging zwei-, dreimal hinaus und kehrte zwei-, dreimal wieder zurück, um zu betrachten und zu vergleichen. Es gab nichts, was auffallen konnte, ausgenommen zwei hölzerne Balkenköpfe, welche in dem Gewichtsraum an der Seitenwand, um die es sich handelte, aus dem Gestein hervorragten, der eine ungefähr drei der andere ungefähr fünf Fuß über dem Boden. Sie waren vielleicht zwei Fuß lang und von ungewöhnlicher Stärke. Das gab mir zu denken. Was sollten diese Balkenköpfe hier? Hatten sie etwa als Konsolen dienen sollen, um irgend etwas zu tragen? Gewiß nicht. In diesem Fall hätte man zu diesen Hervorragungen gewiß nicht Holz, sondern den viel näherliegenden Stein verwendet. Diese Balkenköpfe hatten also wohl einen Zweck, der mit dem Zweck des Raums, in dem wir uns befanden, in keiner Beziehung stand. Dieser ihr Zweck lag also nicht in diesem Raum, sondern außerhalb desselben, nämlich draußen! Und draußen lag eben, ganz unmittelbar anstoßend, die Quermauer, die den Kanal verschloß. Wenn man einen ihrer Riesenquader so angebracht hatte, daß er eine bewegliche Tür bildete, vielleicht in derselben Weise wie alle die Türen drin am Maha-Lama-See, so war es jedenfalls derjenige, der draußen an die Wand stieß, vor der wir innen standen. In diesem Fall war der Zweck der beiden Balkenköpfe offenbar. Auch wurde er durch ihre ungewöhnliche Stärke verraten, welche vermuten ließ, daß sie einen ebenso ungewöhnlichen Druck auszuhalten hatten. Sie bildeten höchstwahrscheinlich die Handgriffe der starken Riegel, durch welche die Quadertüre da draußen festgehalten wurde. Riegel müssen beweglich sein; hier aber hatte es den Anschein, als ob man diese Balken vollständig festgemauert habe. Ich versuchte, an ihnen zu rütteln. Das war nicht leicht, aber der Bewurf begann zu bröckeln. Ich rüttelte mehr; das Bröckeln wurde stärker. Da griffen die Gefährten mit zu, und nun bei so vereinter Kraft stellte sich heraus, daß die Riegelhölzer nur eingemauert schienen, es aber doch nicht waren. Sobald die äußere Verklebung, welche nur die Bestimmung hatte, zu täuschen, vollständig aus- und abgebröckelt war, gelang es uns sehr bald, erst den einen und sodann auch den andern Balken herauszuziehen. Die Riegel waren nun also entfernt; aber es bewegte sich nichts da draußen. Jedenfalls hatte man nachzuhelfen. Wir gingen hinaus und schoben. Und richtig, richtig! Der große, anstoßende Steinblock wich dem auf ihn ausgeübten Druck, erst langsam, dann aber rascher und rascher. Er war in genau derselben Weise eingestellt wie alle die Türen des großen Baus. Als er zurückgewichen war und dann feststand, bedurfte es nur eines geringen Drucks, ihn wieder in die Öffnung zurückkehren zu lassen.
    Wie froh wir waren! Wir beeilten uns, hinauszutreten. Wir gingen weiter. Wir folgten dem Kanal unter dem Gefängnis und dem freien Platz hin, bis er zu Ende war. Wir hatten seine Öffnung nach dem Fluß hin gesehen, als wir bei unserer Ankunft da drüben von dem Berg herabgeritten waren. Als wir diese Öffnung nun erreichten, sahen wir, daß dort eine große, sehr große Überraschung auf uns gewartet hatte. Der Fluß zeigte nämlich Wasser; man denke sich! Wasser, Wasser, Wasser! Nach viel-, vielhundertjähriger Dürre und Trockenheit zum ersten Mal Wasser! Und gerade jetzt, wo wir anwesend waren! Es war zwar nicht viel, sondern nur hier eine Lache und da eine Lache, hier ein Teich und dort ein Teich, aber es

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