25 - Ardistan und Dschinnistan II
sobald man das sah, erhoben die Posaunen und Trompeten auf beiden Seiten ihre Stimmen, und zu gleicher Zeit erschien der Bläserchor der Ussul auf den stärksten aller Urgäule und kamen auf uns zugeritten. Ich sah den Dschirbani fragend an. Er antwortete lächelnd:
„Der Schech el Beled bat mich darum; ich sagte ja. Der Mir hat unter Musik die Aufstellung abzureiten.“
Auch die beiden andern Chöre kamen herbei, sie vereinigten sich auf der Mitte des Platzes mit den Ussul, und als wir uns mit dem Mir in Bewegung gesetzt hatten, um den Rund- und Ehrenritt auszuführen, hörte ich sehr bald, daß es Musikstücke gab, die es ermöglichten, die Ausdrucksweise dieser so verschiedenen Leute und dieser ebenso verschiedenen Instrumente harmonisch auszugleichen. Sie musizierten, bis unser Ritt zu Ende war, und das dauerte eine ziemlich lange Zeit. Dann stellten sie sich am Ausgang auf, um die Truppen, wie Halef sich in drastischer Weise ausdrückte, ‚wieder hinauszublasen‘. Sie ritten in derselben Reihenfolge hinaus, wie sie hereingekommen waren. Dann verschwand der Schech el Beled für uns. Das heißt, er war zwar überall zu sehen, aber nirgends zu fassen. Die vielen, vielen Menschen, die nun vorhanden waren, wurden untergebracht, befriedigt und verpflegt, ohne daß sich jemand von uns hierum zu bekümmern und zu bemühen brauchte.
Während dieses alles geschah, waren die zwei Stunden Frist, die der Oberst bekommen hatte, natürlich längst vorüber. Es war Mittag geworden. Es wurde ein Mittagsmahl bereitet, zu dem der Mir alle Personen einladen ließ, die ihm Grund gegeben hatten, sie dazu herbeizuziehen. Da brachte Halef mir seinen Schutzbefohlenen und fragte mich, ob er es wohl wagen dürfe, den Mir jetzt zu belästigen. Die ihm angegebene Zeit sei ja längst vorüber.
„Er wird sich wundern“, sagte er, „sehr wundern, wenn er erfährt, was der Oberst mir gesagt hat. Ahnst du, wo der ‚Panther‘ sich jetzt befindet?“
„Nicht mehr in Ard? Oder noch nicht in Ard?“ fragte ich.
„Nicht mehr! Er ist hin, um nur einen einzigen Tag dort zu bleiben. Er hatte es dabei weniger auf die Stadt als auf Merhameh abgesehen, die mit ihrem Vater in seine Hände fallen sollte. Die Stadt fällt ihm, sobald er als Sieger heimkehrt, ganz von selbst zu, dachte er. Die Verbindung mit dem Fürstenhaus war ihm wichtiger. Der Oberst mußte ihn vom Wüstenbrunnen nach Ard begleiten. Unterwegs erfuhren sie, daß es der Frau des Mir gelungen sei, nach der ‚Stadt der Toten‘ zu entkommen, und daß Abd el Fadl sich mit seiner Tochter bei ihr befunden habe. Hierauf –“
„Ah, nun ahne ich alles!“ unterbrach ich Halef.
„Nein, noch nicht alles!“ widersprach er mir. „Er erfuhr nämlich zu gleicher Zeit, daß der Mir von Dschinnistan auf die Kriegserklärung des Mir von Ardistan dadurch geantwortet hat, daß er mit seinen Scharen in Ardistan eingebrochen ist und in Eilmärschen versucht, die Hauptstadt Ard zu überrumpeln. Da gilt kein Zaudern. Man muß ihm schleunigst entgegenziehen, um ihn mitten im Marsch, noch ehe er seine Truppen zur Schlacht entwickeln kann, zu schlagen. Darum ist der ‚Panther‘ nur für einige Stunden nach Ard, um alle dort noch vorhandenen Krieger schnell zusammenzuraffen und mit ihnen den vorausgesandten Truppen nachzueilen.“
„Und was geschieht mit der Stadt? Glaubt er, sie sei ihm sicher?“
„Ja, das glaubt er fest. Er läßt den alten Basch Islami als Kommandanten zurück. Der soll, während der ‚Panther‘ sich im Feld befindet, die neue Regierung organisieren und für Truppennachschub, Lieferungen von Proviant, Munition und alles andere sorgen.“
„Weißt du das aus seinem eigenen Mund?“ fragte ich den Oberst.
„Ja, er selbst hat es mir gesagt, und niemand war dabei“, antwortete er.
„Und glaubst du, daß er bei diesem Plan bleiben und nicht auf einen andern verfallen wird?“
„Ich bin überzeugt davon, vollständig überzeugt. Er hat mir diesen Plan entwickelt, und zwar bis in alle Einzelheiten hinein. Der einsame Ritt durch die Wüste zurück gab ihm die nötige Zeit dazu.“
„Weißt du, wo die vorausgesandten Truppen jetzt stehen und auf welchem Weg von Ard aus er sie erreichen will?“
„Ja. Er will sich auf seinem Zug nach Norden so fern wie möglich vom Fluß halten, in dessen Nähe nur das Verschmachten lauert. Er ahnt nicht, daß inzwischen genugsam Wasser erschienen ist, um ganze Heere zu tränken.“
„Das ist wichtig, höchst wichtig! Wir
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