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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rief der Mir.
    „Ein Höherer? Wer?“
    „Gott!“
    „Gott!“ lachte der ‚Panther‘. Es war so geringschätzig, dieses Lachen. „Nur Menschen fünften oder gar sechsten Wertes verlassen sich auf den, den sie als Gott, als Allah oder mit sonstwie ähnlichen Namen bezeichnen. Ich aber, der neue Mir von Ardistan, kann mich ganz unmöglich dem Rang nach so tief hinunterstellen. Ich brauche diese Hilfe nicht, nach der nur Schwache und Unfähige lechzen. Ich siege durch mich selbst, durch meine eigene Kraft, nicht aber durch –“
    Er hielt inne. Er konnte den angefangenen Satz nicht vollenden. Es tat in diesem Augenblick einen Krach, als müsse Himmel und Erde zugrunde gehen, und die letztere begann, zu wanken. Der ‚Panther‘ stürzte zu Boden. Er wollte sich zwar schnell aufraffen, aber es folgten noch weitere Erdstöße, die ihn immer wieder niederwarfen. Die Pferde seiner Truppe wieherten vor Schreck laut auf und jagten davon. Seine Leute brüllten und rannten hinter ihnen her. Da schrie auch er:
    „Fort, fort! Hier ist der Scheïtan (Teufel) los! Er hole euch alle miteinander! Fort, nur fort!“
    Er sprang den Voranfliehenden in großen Sätzen nach, und zwar ohne daß er wieder niederstürzte, weil die Stöße nun vorüber waren und sich nicht wiederholten. Seine Pferde verschwanden schnell am Horizonte. Was die unsrigen betrifft, so verhielten sie sich nicht alle gleich. Die Schimmel der Lanzenreiter hatten sich nicht gerührt. Sie waren von ihrer Heimat her diese Unzuverlässigkeit des sogenannten ‚festen‘ Erdbodens gewohnt. Die dicken Gäule der Ussul waren zwar auch erschrocken, aber ihr angestammtes, in diesem Fall höchst vortreffliches Phlegma half ihnen schnell und leicht über diesen Schreck hinweg. Sie blieben einfach stehen und sahen sich nur verwundert nach der Ursache dieses Lärms um, ohne sich aber von ihm aus der Fassung bringen zu lassen. Der Schimmel des Mir war ein wahrhaft edles Tier. Zwar erregten die Erdstöße sein Entsetzen, doch bewirkten die guten Worte Halefs und des Mir, die beide zu ihm hingeeilt waren, daß er nicht ausbrach, sondern sich beruhigte. Anders aber die Pferde der Tschoban, die mit aller Gewalt festgehalten werden mußten und nach allen Seiten mit den Hufen um sich schlugen. Darum war es gut, daß man sie infolge meines Rates sogleich und so weit auseinandergezogen hatte, daß sie einander nicht verletzten konnten. Ebenso wie hier an dieser Stelle hatten sich auch die Pferde unseres Lagers und unserer ganzen Linie verhalten. Die Schimmel der El Hadd und Halihm waren ruhig geblieben, die Urgäule der Ussul auch. Syrr und Assil Ben Rih waren angepflockt gewesen. Sie hatten zwar ihre Mähnen gesträubt und einige Sprünge gemacht, sich aber nicht losgerissen. Mit den Pferden der Tschoban aber hatte man viel Mühe und Arbeit gehabt, die durch ihre Angst entstandene Unordnung zu beseitigen. Am allerschlimmsten aber war es, wie wir später erfuhren, im Heer des ‚Panther‘ zugegangen. Es hatte da eine geradezu unbeschreibliche Verwirrung mit vielfältigen Verletzungen von Pferden und Menschen gegeben. Ich kann jetzt hierüber weggehen, weil ich später Gelegenheit haben werde, ganz Ähnliches zu berichten.
    So schnell wie die Verfinsterung des Himmels gekommen war, so schnell war sie auch wieder gegangen. Kaum hatten wir den schnell auf seinen eigenen Beinen davon galoppierenden ‚Panther‘ verschwinden sehen, so war der Himmel wieder rein und frei, und die Sonne strahlte in der alten Weise auf uns hernieder. Die Erdstöße hatten nicht nur auf den ‚Panther‘ und seine Leute, sondern auch auf uns und unsere Stimmung gewirkt, natürlich aber in anderer Weise als bei ihm. Wir alle hatten das Gefühl, daß ein Höherer, Unsichtbarer uns zur Seite stehe, der uns durch das Beben der Erde hatte zeigen wollen, daß nur allein Verlaß auf ihn und seine Hilfe, nicht aber auf menschliche Pläne sei. Wie schnell war mein Vorhaben, den ‚Panther‘ zu ironisieren, zusammengefallen! Und wie prompt hatte der Mir auf seine Absicht, sich nicht zu erkennen zu geben, verzichten müssen! Nun standen wir, die wir hatten ‚schauspielern‘ wollen, da und schauten einander an. Was hatten wir erreicht?
    „Effendi, ich spiele niemals wieder den Mir!“ sagte Halef. „Ich habe meine Sache so ungeheuer schlecht gemacht, daß sogar die Erde vor Ärger unter mit zitterte. Ich bleibe Scheik der Haddedihn vom Stamm der Schammar. Wer sich für mehr ausgibt, als er ist und kann, dem

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