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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Öffentlichkeit oder dem Gemeindewohl dienten. Hoch oben aber, uns gerade gegenüber, ragte ein Engel himmelan, der ganz genau die Gestalt der Wasserengel in der ‚Stadt der Toten‘ und an der Landenge von Chatar hatte, aber viel, viel größer als sie beide war. Er bildete den höchsten und zugleich auch den Höhepunkt des herrlichen Panoramas, welches vor uns lag. Zu seinen beiden Seiten standen Gebäude mit zahlreichen Balkonen, Erkern, Zinnen, Türmen und Spitzen. Diejenigen Teile von ihnen, welche dem Engel nahe lagen, waren hoch, sehr hoch; die anderen nahmen an Höhe ab, je weiter sie sich von ihm entfernten.
    Es war ein ganz eigenartiger Eindruck, den dieser Anblick machte. Man fühlte sich so arm, so schwach, so klein, und doch wurde man erhoben, hoch erhoben. Unten der nackte Fels des einstigen Wasserbetts, der kein einziges Hälmchen trug, als solle er dokumentieren, daß die Seele des irdischen Gesteines kein anderes Verlangen habe als nur nach Wasser, Wasser, Wasser. Und dennoch auf ihm aufgebaut die sämtlichen Terrassen und Daseinsstufen des Erdentums bis hinauf zu dem Engelsbilde, welches hoch in die Wolken ragt und das ersehnte Wasser nicht nur regelt, sondern auch spendet. Zwischen beiden, nämlich zwischen dem scheinbar leblosen Fels und dem Engel, den die schaffende Kunst aus ihm formte, ein ebenso reich gestaltetes wie reich bewegtes Menschenleben, welches auf allen Straßen und Plätzen hin- und her- und auf- und niederflutete. Überall, wohin wir sahen, standen diese Leute und schauten auf uns hernieder. Sie sahen so fest- und feiertägig aus, so froh und glücklich gestimmt, wie die ganze, herrliche Natur, in der sie wohnten und lebten. Wir sahen, daß man von unserem Kommen unterrichtet gewesen war, daß man uns erwartet hatte. Das Erscheinen unserer Lanzenreiter auf beiden Seiten des Ufers war der Beweis gewesen, daß der Schech el Beled nun nahe sei. Und als er jetzt erschien, an unserer Spitze aus dem tiefen Flußbett hervorreitend, das Angesicht noch immer blau verschleiert, da brauste ein Jubel los, der laut wie das donnernde Branden eines Ozeans von Stufe zu Stufe bis hinauf zum Engel stieg und dort wie nach dem Himmel zu verhallte. Das wirkte tief, unendlich tief ergreifend und wiederholte sich mehrere Male. Der Dschirbani trieb sein Pferd weiter vor, ergriff die Hand des Schech el Beled und zog sie an seine Lippen.
    „Warum dieser Kuß?“ fragte der Genannte.
    „Ich konnte nicht anders; ich mußte“, antwortete der junge Mann mit tränendem Auge.
    „So hast du mich lieb?“
    „Ja, lieb, so lieb!“
    „Ich dich auch. Warum, das wirst du schon morgen erfahren.“
    Indem er dies sagte, zitterte seine Stimme vor Rührung. Dann fügte er, zu uns gewandt, hinzu: „Das ist das ‚Wasserschloß‘ von El Hadd, und das ist der Engel der ‚Wasserscheide‘, von dem die Sage erzählt. Und das, da unten, da vorn, ist der Mensch, der ‚Panther‘, der es wagt, hier Herr und Gebieter sein zu wollen!“
    Wenn man sich auf dem Boden des Felsenkessels die Mitte dachte und den Weg von dieser Mitte nach der hintern, höchsten Wand des Kessels in zwei gleiche Hälften schied, so erhob sich auf dem Teilungspunkt dieser Hälften eine Art von Insel, welche mit Gebüsch und Bäumen bepflanzt war. Es mußte da Wasser geben. Diese Insel war von uns also dreiviertel Wegstunde entfernt, von dem Nordrand des Kessels aber nur eine Viertelstunde. Dort führte von der hohen Uferstraße eine breite, steinerne Treppe bis auf den Felsengrund des Flusses herab. Und von da ging ein betretener Weg gerade nach der Insel, auf welcher der ‚Panther‘ mit seiner Truppe jetzt lagerte.
    „Das ist die Pantherfalle, in die er ging, weil ihm kein anderer Weg offen stand“, erklärte der Schech el Beled. „Die Insel ist nur die schützende Bekleidung einer Zisterne, welche tief hinuntergeht bis auf den natürlichen Wasserweg, der von hier aus nach dem Dschebel Allah, und von dort aus zu allen Wasserengeln führt, die Abu Schalem, der große Maha-Lama, baute. Es gibt ihrer nämlich mehr, als ihr kennt. In diese Zisterne steigt man hinab, um zu prüfen, ob diese Wasserspender versorgt sind oder nicht. Den ‚Panther‘ hat der Durst hingeführt. Ihr seht, daß der ganze Kessel rundum mit Menschen besetzt ist. Es gibt keine andere Stelle, an der man vom Ufer herunter und von hier hinauf kann, als nur jene Treppe dort hinten am nördlichen Ufer. Seine Pferde sind gewiß schon früher hier angekommen. Man hat sie

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