25 - Ardistan und Dschinnistan II
Vor wem?“
Er ballte die Faust und holte aus. Zwei Hiebe, und das ‚Schwert des Prinzen‘ stürzte samt der ‚Feder des Prinzen‘ wie von einer Axt getroffen zu Boden.
„Der Schech el Beled von El Hadd sucht niemals Schutz hinter dem Rücken eines Menschen!“ fügte er dann hinzu. „Daß er es nicht nötig hat, seht ihr hier und dort!“
Er deutete dabei auf die ‚Schwarzgewappneten‘, welche herbeieilten, uns schützend zu umringen, und auf die Insel, wo das Handgemenge wieder ausgebrochen war, und zwar zwischen denen, die der ‚Panther‘ in seinen jetzigen Anschlag gegen uns eingeweiht hatte, und denen, die nichts davon wußten. Die letzteren hinderten die ersteren, auf uns zu schießen, die wir in der großen Überzahl waren, und so entspann sich zwischen ihnen ein Kampf, der uns Gelegenheit gab, uns unbelästigt zurückzuziehen. Ich hielt den ‚Panther‘ mit unwiderstehlichem Nackengriff fest und stieß ihn vor mir her, bis wir uns außer sicherer Treffweite von der Insel befanden. Dort schüttelte ich ihn kräftig zusammen und fragte:
„Ergibst du dich uns freiwillig?“
„Nein!“ hauchte er, obgleich ihm beide Arme kraftlos herabhingen und ihm mein Faustgriff das Blut in die Augen trieb.
„Du wirst ersaufen, elend ersaufen, Mensch!“
„Das tue ich mit Wonne!“ versuchte er höhnisch zu lachen; es ging aber nicht.
„Wenn du dich ergibst, so wird dir verziehen werden!“
„Allah verdamme dich und deine Verzeihung! Hunde haben nichts zu verzeihen! Laß mich los! Gib mich frei!“
„Ja! Hier sei frei!“
Ich stieß ihn von mir, daß er zu Boden flog und sich überschlug. Er raffte sich schnell wieder auf, blieb aber nicht, wie ich erwartet hatte, fluchend und drohend stehen, sondern rannte stracks fort, der Insel zu. Wir aber ritten weg, mochte dort geschehen, was da wollte. Wir sahen, daß man dort wieder aufeinander schoß, kümmerten uns aber nicht darum, bis wir merkten, daß eine ganze Anzahl der Leute des ‚Panther‘ hinter uns her kam und uns einzuholen strebte. Da beorderten wir eine Abteilung der ‚Schwarzgewappneten‘, auf sie zu warten und sie uns nachzubringen. Nun hatte der Aufrührer von seinen tausend Mann höchstens noch zweihundert bei sich. Wir erfuhren von diesen letzten, die uns folgten, daß ich und der Mir von der Insel aus während der Unterredung hatten niedergeschossen werden sollen. Der ‚Panther‘ wollte, sobald diese Schüsse gefallen waren, mit Hilfe seiner beiden Kumpane den Schech el Beled ergreifen und nach der Insel schaffen. Hatte er diesen in seiner Gewalt, so konnte er seine Freiheit und auch noch mehr von ihm erzwingen, sich vielleicht gar mit ihm verbünden. Auf alle Fälle aber war dann Ardistan wieder ohne Herrscher, und das Intrigieren und Verwirren konnte von neuem beginnen. Gewiß nicht übel ausgedacht von einem Menschen, der den Verstand vollständig verloren zu haben schien!
Als wir die steinerne Treppe erreichten, wurde der Schech nicht laut, sondern von einer tiefen, ehrfurchtsvollen Stille empfangen. Wenn ein Herrscher von El Hadd sein Angesicht verhüllt, so hat er den Schwur von Dschinnistan getan und wird als ‚tabu‘ betrachtet, bis er den Schwur erfüllt hat und den Schleier wieder entfernt. Daher dieses Schweigen und diese Ruhe, welche an jeder Stelle sofort eintrat, sobald wir uns ihr näherten. Übrigens gab es gleich bei unserer Ankunft ein kleines Intermezzo, welches ein heiteres Lächeln über diesen Ernst der Stimmung warf. Es wurde hervorgerufen durch unsern guten, dicken Smihk, der seinen Herrn trug und sich so viel wie möglich an meiner Seite hielt, obgleich mein Rappe die Zuneigung nicht erwiderte. Auch bis jetzt war Amihn neben mir und Halef geritten; nun aber trennte er sich von uns. Er sah, welche Aufmerksamkeit die oben auf den Terrassen stehenden Leute von El Hadd auf die riesigen Ussul und ihre noch riesenhafteren Urgäule richteten. Das tat ihm wohl, und da er der Allergrößten einer war, beschloß er, nicht da im Zug zu reiten, wo wir uns mit dem Schech el Beled befanden, sondern an der Spitze seiner Landsleute, der Garde von Ard. Er blieb also zurück, als wir unsere Pferde veranlaßten, die hohe, breite Treppe emporzusteigen. Oben wurden wir von unseren Lanzenreitern erwartet, die uns auf den beiden hohen Ufern des Flusses begleitet und rechts und links um den Kessel geritten waren, um an der Treppe wieder miteinander zusammenzutreffen. Von hier aus sollte zum Schloß emporgeritten werden. Voran
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