25 - Ardistan und Dschinnistan II
gegenseitiges war. Auch der Schech el Beled lauschte, sooft er den Dschirbani reden hörte. Und vieles, was er scheinbar zu dem Mir oder zu anderen sagte, war darauf berechnet, von dem Dschirbani gehört und beachtet zu werden. Man sah, daß der Schech unausgesetzt bemüht war, den Dschirbani zu sich heranzuziehen, und daß es ihn herzlich freute, wenn er bemerkte, daß ihm dies gelang. Zu welchem Schluß dies führen mußte, war leicht vorauszusehen; um das wann und wo und wie sorgte ich mich nicht.
Es war an einem späten Nachmittage, als wir das Bab Allah (Tor Gottes) erreichten. So hieß das hohe, breite Felsentor, durch welches sich früher die Wasser des Ssul ergossen hatten. Die vom Fluß in das harte Gestein gebohrte Öffnung war tief. Es ging sehr steil hinab. Die Spuren sagten uns, daß der ‚Panther‘ hier Beratung gehalten hatte, ehe er zu dem Entschluß gekommen war, sich dem nicht sehr verlockend aussehenden Bett des Stromes anzuvertrauen. Aber es gab jetzt Wasser darin, sogar fließendes, und das hatte ihn wahrscheinlich bestimmt, den Darstellungen seiner Führer Gehör zu geben.
„Hier ist er hinab“, sagte der Schech el Beled. „Er kommt nicht wieder herauf.“
„So ist das wohl schon die Falle?“ fragte ich.
„Nein“, antwortete er. „Wir erreichen sie erst später. Aber der Weg zu ihr beginnt an dieser Stelle. Die Ufer sind nun zwei volle Tagesritte lang so steil und hoch, daß sich keine Stelle findet, an der die Feinde dieses Felsenbett verlassen könnten. Wir übernachten noch oben, um ihnen erst morgen früh da unten zu folgen.“
Ich muß erwähnen, daß wir auch hier im Gebiet von El Hadd von Tag zu Tag Etappen gelegt hatten, um unsere Verbindung nach rückwärts aufrecht zu halten. An der Stelle nun, die hinunter in das Flußbett führte, machte sich die Zurücklassung eines großen Postens nötig. Das war die Meinung des Schech el Beled, und es stellte sich heraus, daß er Recht gehabt hatte. Das Flußbett bildete eine wüste Anhäufung oder Abwechslung von Felsblöcken und vollständig totem Sand. Da gab es keine Spur von irgend einer Pflanze; da war kein Halm eines Grases zu sehen. Der bisherige, glatte Ritt wurde hier zu einem Stolpern und Klettern, welches außerordentlich ermüdete. Dazu die Hitze, welche stechend von oben heruntersengte und von den Felsen auf Mensch und Tier zurückgeworfen wurde. Wir konnten es wohl aushalten. Die Schimmel unserer Hilfstruppen waren solches Klettern schon gewohnt, und die Gäule der Ussul besaßen eine derartige Gutmütigkeit, daß sie ihre Geduld nicht verloren, wenn wir ihnen nur von Zeit zu Zeit für einige Augenblicke Gelegenheit gaben, zu verschnaufen. Und vor allen Dingen, Wasser war da; Futter für die Pferde und Proviant für uns hatten wir mit, soviel wir brauchten. Und wenn etwas zu Ende ging, so war es durch unsere Etappen sehr leicht und sehr schnell zu ergänzen. Bei dem ‚Panther‘ aber stand es anders. Wir wußten, daß er Not an Fourage und Rationen litt, schon ehe er in das Flußbett hinabgestiegen war. Gewiß hatte man ihn überzeugt, daß diesem Mangel baldigst abzuhelfen sei; da dies aber keineswegs der Fall war, durften wir die Folgen bald erwarten.
Schon in der zweiten Hälfte des ersten Tages, den wir im Bett aufwärts ritten, trafen wir auf marode Menschen und Pferde, welche zurückgeblieben waren, weil sie nicht weiter konnten oder wollten. Gegen Abend wurde uns von unsern Seitenposten, die uns oben auf den hohen Ufern begleiteten, gemeldet, daß es unseren Führern des ‚Panther‘ gelungen sei, seiner Rache zu entkommen. Dieser hatte sie, als des Weges kundig, vorausgeschickt, um dafür zu sorgen, daß man ihm alles, was er brauche, vom ‚Wasserschloß‘ aus sofort entgegensende, widrigenfalls er bei seiner Ankunft dort blutige Rache nehmen werde. Hieraus war zu ersehen, in welcher Lage er sich befand.
Am andern Morgen trafen wir auf eine Schar von über hundert Mann, die sich von ihm losgesagt und ihn verlassen hatte, und noch vor Mittag auf eine zweite, noch stärkere. Beide waren umgekehrt, aber bald darauf liegen geblieben, weil sie vor Hunger und Ermattung weder vor- noch rückwärts konnten. Wir betrachteten sie als Kriegsgefangene, nahmen uns ihrer an und erfuhren von ihnen alles, was wir wissen wollten. Dann wurden sie entwaffnet und unter hinreichender Bedeckung von ‚Schwarzgewappneten‘ nach unserer am hohen Flußufer errichteten Station zurücktransportiert. Dem Kommandierenden dieses
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