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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ganzen Tag sehr scharf geritten
und darum ermüdet; wir wollten schlafen. Und das taten wir denn auch in
so ausgiebiger Weise, daß keiner von uns eher erwachte, als bis wir am
Morgen durch Ben Rih geweckt wurden, der plötzlich aufgesprungen war
und so laut und anhaltend wieherte, daß die Absicht, uns aufmerksam zu
machen, unverkennbar war. Auch Syrr stand auf, blieb aber still. Die
Hunde reckten die Hälse und lüpften die Ohren, sagten aber nichts.
    „Sie kommen, Sihdi; sie kommen!“ rief Halef, indem er sich schnell erhob. „Laßt uns hinauseilen, sie zu begrüßen!“
    Indem er dies sagte, tat er es auch. Zugleich wieherte auch draußen
ein Pferd, als Antwort auf das Wiehern unseres Ben Rih. Aber nicht nur
dieses eine, sondern noch eines, ein drittes, viertes, sechstes,
achtes. Das klang doch so, als ob wir es nicht mit einer Truppe von
fünf Reitern, sondern mit einer größeren Schar zu tun hätten, die auf
lauter Hengsten saß und uns bereits so nahe war, daß wir den Aufschlag
der Hufe hörten. Sie brauste im Galopp heran. Halef schrie laut auf. Da
folgten wir ihm schnell nach, hinaus vor das Gemäuer. Was sahen wir?
Wohl tausend Mann, also ein ganzes Regiment regulärer Kavallerie,
welche eben nach beiden Seiten abschwenkte, um die Ruine zu umzingeln.
    „Was wollen die hier?“ fragte der Mir, teils zornig, teils verwundert. „Ohne meinen Befehl! Ich werde ihnen zeigen, daß –“
    Er brach mitten im Satz ab. Weshalb, das sahen wir wohl. Nämlich
eine Abteilung des Regiments, sagen wir nach europäischem Begriff eine
Eskadron, schwenkte nicht mit ab, sondern kam grad auf uns zu, an ihrer
Spitze die Offiziere, und diesen voran der ‚Panther‘, der zweite Prinz
der Tschoban.
    „Zu den Waffen!“ rief Halef. „Wir sind verraten! Man hat uns betrogen!“
    Ja, zu den Waffen! Aber zu was für welchen? Er selbst hatte keine,
ich auch nicht. Wir hatten jetzt nur unsere Messer. Der Säbel und die
beiden Pistolen des Scheik waren kostbar, aber weit mehr zur Zierde als
zum ernstlichen Gebrauch. Die beiden Ussul hatten jeder einen Säbel und
ein Gewehr; das letztere zur Jagd, nicht aber zur Verteidigung
bestimmt. Was war das gegenüber tausend wohlbewaffneten Menschen, die
den Mut besaßen, ihrem Kriegsherrn als Meuterer entgegenzutreten.
Widerstand zu leisten wäre da Wahnsinn gewesen. Es galt vielmehr, sich
zunächst scheinbar zu fügen, um später im geeigneten Augenblick zu tun,
was möglich war. Ich raunte das dem Mir schnell zu, und er war
vernünftig genug, einzusehen, daß wir jetzt nichts Besseres zu tun
vermochten. Er sagte kein Wort. Er nickte mir nur zu, um mich seiner
Zustimmung zu versichern; aber seine Augen glühten, seine Lippen
preßten sich zusammen, und seine Hände ballten sich zu Fäusten; es
kochte in ihm.
    Jetzt war sie da, diese Eskadron. Der ‚Panther‘ hatte seine Leute
genau instruiert. Sie sprangen von den Pferden, drängten auf uns zu und
hatten augenscheinlich die Absicht, uns auseinanderzubringen. Da rief
der Mir uns zu:
    „Zusammenhalten! Die Messer heraus! Wer mich anrührt, den steche ich nieder!“
    Messer hatten wir alle; wir gehorchten seinem Befehl. Da trat man
von uns zurück. Ganz selbstverständlich hätten uns auch die Messer
nichts genützt, wenn es ernst geworden wäre; aber an das Leben sollte
es uns denn doch nicht gehen, und so begnügte man sich damit, uns
beisammenzulassen und in das Innere der Ruine zurückzudrängen, wo bei
den Pferden unsere Riesenhunde standen, mit hoch erhobenen Köpfen und
funkelnden Augen, bereit, uns zu verteidigen. Es war nicht geraten, den
Mut dieser edlen Tiere in Aktion zu setzen. Wir riefen ihnen also zu,
sich niederzulegen, und sie gehorchten ohne Zögern.
    Es hatte sich fast die ganze Schwadron mit hereingedrängt. Wir waren
also nicht nur draußen, sondern auch hier im Innern der Ruine so dicht
und so vollständig umzingelt, daß der Gedanke, schnell auf die Pferde
zu springen und zu fliehen, ein Wahnsinn gewesen wäre. Der Mir sah
keinen von ihnen allen an. Er setzte sich am Wasser nieder, das Messer
in der Faust. Sofort nahmen die beiden Prinzen der Ussul rechts und
links von ihm Platz, bereit, ihn, wenn es nötig werden sollte, zu
verteidigen. Ich ließ mich mit Halef ihnen gegenüber nieder. Wer meinen
kleinen Hadschi kennt, der weiß, daß er nicht der Mann war, sich durch
den Überfall, wenn auch eines ganzen, vollen Regiments von
Kavalleristen, einschüchtern zu lassen. Er tat, als ob kein einziger
von ihnen allen

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