25 Stunden
riechenden Wall-Street-Broker, die in der U-Bahn ihre schön zusammengefalteten Zeitungen lesen. Scheiß auf die Skateboard-Punks im Washington Square Park mit ihren Portemonnaie-Ketten, die immer losrasseln, sobald sie über irgendeine Kante zischen. Die Puerto-Ricaner in ihren Autos, aus deren Fenstern Fahnen hängen und Boxen kreischen. Die Italiener in Bensonhurst mit ihren Schmalzlocken und Nylon-Sportanzügen und Hl.-Antonius-Medaillen. Die Hausfrauen der Upper East Side mit ihren verkniffenen Mündern und gelifteten Gesichtem, mit ihren Halstüchern von Hermäs und ihren Artischocken von Balducci. Scheiß auf die Uptown-Typen, die nie den Ball abgeben, die nie in der Defense spielen, die bei jedem Vorstoß auf den Korb vier Schritte machen. Scheiß auf die High School-Junkies, die in Daddys Küche Shit rauchen, sobald der Alte wieder nach Tokyo düst. Scheiß auf die Polizei, diese Schläger in Blau mit ihrem stiernackigen Gehabe, die jede rote Ampel überfahren, sobald sie scharf auf ein paar Donuts sind. Scheiß auf die Knicks - Patrick Ewing und seinen verhunzten Finger Roll gegen Indiana, Charles Smith und seine misslungenen Korbleger gegen Chicago, John Starks und seine tausend Fehl würfe gegen Houston - scheiß auf die Typen, die werden Jordan nie schlagen, die schlagen Jordan nie. Scheiß auf Jakob Elinsky, dieses winselnde Männlein. Scheiß auf Frank Slattery, der meiner Freundin ständig auf den Arsch glotzt. Scheiß auf Naturelle Rosario, die wieder zu haben ist, sobald ich morgen eingefahren bin. Scheiß auf Kostya Novotny; ich hab ihm vertraut, und er hat mich verschachert. Scheiß auf meinen Vater in seiner Dunkelkammer, wie er Abzüge zum Trocknen aufhängt. Scheiß auf meine Mutter, die vor sich hin fault unterm Schnee. Scheiß auf Jesus Christus, der so leicht davongekommen ist; ein Nachmittag am Kreuz, ein Wochenende in der Hölle und dann die Hallelujas dieser ganzen Engelsscharen. Scheiß auf diese Stadt und alle, die hier wohnen - von den Reihenhäusern in Astoria bis zu den zweistöckigen Wohnungen auf der Park Avenue, von den Bauvorhaben in Brownsville bis zu den Lofts in Soho, vom Bellevue Hospital über die Mietskasernen in Alphabet City zu den Sandsteinhäusem in Park Slope - sollen die Araber es alles in Stücke bomben, sollen die Wasser steigen und diese ganze durchgeknallte Stadt verschlingen, soll ein Erdbeben die Hochhäuser in Schutt und Asche legen, unkontrollierte Brände überall, Flammen, Feuer, Vernichtung. Und scheiß auf dich, Montgomery Brogan, du hast es versaut.
Jemand wummert an die Toilettentür, und Monty steht auf, geht zum Waschbecken und wäscht sich die Hände. Er starrt sein Gesicht im Spiegel an. Und was hat es dir nun genützt, denkt er. Grüne Augen, hohe Wangenknochen, gerade Nase, perfekte weiße Zähne. Hübscher weißer Kerl. Augen, Knochen, Nase, Zähne. Wieder das Wummern an der Tür. Und Monty weiß, was er zu tun hat. »Scheiß drauf«, flüstert er und winkt dem Gesicht im Spiegel zum Abschied zu.
13
Uncle Blue greift zu seinem Besteck mit den Holzgriffen, schneidet sein Steak mittendurch und begutachtet das Fleisch. Das Lendensteak hat zu lange gebraten, es ist rosafarben statt rot in der Mitte, und Uncle Blue winkt seinen Ober mit dem Finger heran. Der Ober kommt angeschossen.
»Es ist nicht blutig. Ich möchte gern ein anderes.«
»Tut mir Leid, kommt sofort. Ich habe blutig draufgeschrieben.«
»Fein. Und noch ein Glas Wein.«
Der Mann, mit dem Uncle Blue zusammensitzt, ist braun gebrannt und trägt einen schönen blauen Anzug. Die weißen Manschetten schauen genau zwei Zentimeter aus den Ärmeln hervor, seine Fingernägel sind gepflegt und poliert. Vor ihm steht ein Teller mit gegrilltem Tintenfisch.
»Bitte«, sagt Uncle Blue, »essen Sie.«
»Man sollte meinen, dass der Besitzer eines Restaurants ein anständig gebratenes Steak bekommt.« Der braun gebrannte Mann beträufelt seinen Tintenfisch mit Zitronensaft. »Aber das hier scheint gut zu sein.«
»Das hoffe ich, Mr. Gedny. Der Koch hat das Rezept von mir.«
»Mhm. Sehr gut. Und auch eine ordentliche Portion.«
Uncle Blue schmunzelt. »Normalerweise sind die Portionen nicht so groß; sonst würden wir nichts dran verdienen.«
»Aber ich esse mit dem Boss.« Gedny tupft sich den Mund mit der Serviette ab und sieht aus dem Fenster. »Schauen Sie nur, was da herunterkommt. Mein Auto wird völlig zuschneien.«
Sie sitzen auf dem privaten Balkon über dem Restaurant.
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