250 - Rückkehr nach Euree
Außenlautsprecher. »Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Mars Hawkins«, antwortete der andere. »Und wer sind Sie?«
Mars Hawkins! Rulfan war wie elektrisiert - Mars Hawkins war der Enkel von Anthony Hawkins, des verstorbenen Wissenschaftsoctavians der Community London. »Ich bin Rulfan von Salisbury, der Sohn des Prime von Salisbury. Befinden Sie sich in einer Notlage, Hawkins?«
Für einen Moment wirkte der Mann in der Fassadenöffnung wie erstarrt. Dann hellte seine Miene sich schlagartig auf. »Beim Himmel über London! Sie, Rulfan? Was für ein Glück! Kommen Sie, helfen Sie mir - wir haben einen Verletzten hier!«
»Einen Verletzten? Was ist geschehen?«
»Wir sind zu dritt auf Patrouille. Taratzen haben uns überfallen und einen von uns übel zugerichtet. Ein EWAT sucht nach uns, aber er scheint uns nicht zu finden. Kommen Sie - helfen Sie mir, den Verwundeten in Ihr Fluggerät zu schaffen, dann sind wir noch vor Sonnenaufgang zurück im Hauptquartier!«
Rulfan fuhr das Triebwerk hinunter, öffnete die Außenluke und stieg aus. Eine warnende Stimme nagte unter seinem Zwerchfell, doch die Freude, jemanden aus der Community gefunden zu haben, überlagerte sein angeborenes Misstrauen.
Über Geröll und Brennnesselfelder hinweg lief er zu dem jungen Mann in der Fassadenöffnung. Die Nachtschwärze hatte sich bereits aus dem Himmel über der Ruine zurückgezogen. Bald würde der neue Tag beginnen.
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite!« Mit beiden Händen umfasste Rulfan die Rechte des anderen und drückte sie. »Lebt mein Vater noch? Wissen Sie etwas über das Schicksal der Leute aus Salisbury?«
»Aber klar doch!« Etwas am Grinsen des jungen Mannes erschien ihm künstlich und das Nagen unter seinem Zwerchfell verstärkte sich noch. »Die sind bei uns«, erklärte Hawkins. »Ihren Vater haut so schnell nichts um. Sie wissen ja: Unkraut…«
Licht flutete plötzlich den Innenhof der Ruine. Hawkins unterbrach sich und blinzelte in den Himmel. »Endlich! Sie haben uns doch noch gefunden!«
Rulfan ließ den anderen los, drehte sich um, schirmte die Augen gegen das Licht ab und spähte in die gleiche Richtung nach oben.
Der EWAT schwebte über dem Innenhof. Rulfan wollte schon winken, doch da löste sich ein Laserstrahl aus dem Lichthof um den Flugpanzer und schlug in den Gleiter ein. Ein stechender Schmerz durchzuckte Rulfans Schädel; die Detonation hörte er schon nur noch wie von fern, kurz bevor er das Bewusstsein verlor…
***
Ende Februar 2522
Aus Angst, von den Lords entdeckt zu werden, wagten sie es nicht, ein Feuer zu machen. Sie aßen Schnee und die Reste der Fische, die sie auf dem Weg nach London gefangen hatten. Dazu die Trockenfrüchte aus den Vorräten der jungen Frau, die sich als Hexe bezeichnete.
Die meisten der Communityleute gaben Traysi verloren. Kaum einer konnte sich vorstellen, dass die rätselhafte Frau etwas würde ausrichten können. Die Idee, mit den Taratzen ein Bündnis schließen zu können, fanden die meisten einfach nur absurd. Zwei Ausnahmen gab es: Einmal Dubliner jr. - was niemanden verwunderte - und Sir Leonard. Das nun erstaunte sogar Eve Neuf-Deville, die sonst so schnell nichts überraschen konnte.
Als die Dämmerung fortschritt und der Winterhimmel dunkler wurde, gab Sir Leonard Befehl, zur Westminster Bridge zu schleichen. Er rechnete mit einem Angriff der Taratzen im Laufe der Nacht. Sir Ibrahim und die Kucholsky blieben im Lager zurück.
In drei Zweiergruppen pirschten sich die Männer und Frauen entlang des Themseufers an die Brücke heran. »Was ist los mit dir, Leonard?«, fragte Eve, die neben ihm von Ruine zu Ruine, von Busch zu Busch durch den Schnee schlich. »Glaubst du seit neustem wieder an Wunder? Oder hat dieses blonde Gift dich genauso verdorben wie den armen Dubliner?«
»Früher warst du nicht ganz so zynisch«, sagte Sir Leonard. Raureif bedeckte seine Wimpern und Brauen.
»Früher? Wann soll das gewesen sein, Leonard? Meinst du etwa unser altes Leben? Meinst du die guten alten Zeiten, in denen wir noch eine Zukunft hatten?«
Es war Nacht, als sie die Westminster Bridge erreichten. Am anderen Ufer brannten Feuer im Inneren der Kuppel. Die Belagerer hatten Wachen aufgestellt. Ausgerechnet auf dem Areal links der Brücke, wo ein Geheimgang in den Bunker führte, hatten die Wachen ein Zeltlager aufgeschlagen, wo sie sich an Feuern in stählernen Tonnen wärmten. Auf der Brücke selbst sah man im Schein von Fackeln dick vermummte Gestalten
Weitere Kostenlose Bücher