2500 Kilometer zu Fuß durch Europa
Karolinger vollständig ausgelöscht; der Boden färbt sich rot vor Blut.
Heldenhaft kämpft Roland gegen die Übermacht seiner Feinde, bis er schließlich
tödlich getroffen niedersinkt und mit letzter Kraft in sein Wunderhorn stößt,
dessen Schall bis zu Karl dem Großen vordringt. Gegen den Rat des Ritters Ganelón , der sich heimlich mit den Feinden verbündet und
diese von der Nachhut unterrichtet hat, macht der König der Franken kehrt und
lässt das karolingische Heer zum Pass bei Ibañeta zurückmarschieren, wo die
kampferprobten Krieger ein schrecklicher Anblick erwartet. Überall liegen
Leichenteile, Eingeweide und Blutlachen; Verwundete ringen mit dem Tod;
Fliegenschwärme umkreisen das Schlachtfeld. Die Truppen Karls des Großen versorgen
die Überlebenden und balsamieren die Leiche Rolands ein. Am nächsten Morgen
machen sich die christlichen Heere an die Verfolgung der Angreifer und nehmen
am Ebro blutige Rache für den Hinterhalt. Der Verräter Ganelón wird von angespannten Pferden gevierteilt. Als Karl der Große in die Pyrenäen
zurückkehrt, wird er von aufgeregten Rittern empfangen, die ihn auf das
ehemalige Schlachtfeld bei Ibañeta führen. Einige der Toten haben sich gedreht:
Ihre Gesichter weisen himmelwärts und aus ihren Mündern ragen Rosen. Dank des
Rosenwunders erkennt Karl der Große, wen er als gute Christen bestatten darf.
Feierlich werden die christlichen Streiter dort beigesetzt, wo sich heute die
Kapelle Sancti Spiritus befindet. Das nahe gelegene
Kloster von Roncesvalles erinnert bis heute an die fränkischen Helden.
Im Sommer wird Pamplona zu einer
Verheißung
Gegen Mittag komme ich in Pamplona an
und habe Zeit, die Baskenmetropole und Hauptstadt der Provinz Navarra, in der
Landessprache Iruña genannt, zu erkunden. Bereits
früh erkannte man die strategische Bedeutung dieses Ortes auf einem Hochplateau
zwischen Südfrankreich und Kastilien: Menschliche Zeugnisse reichen etwa 75.000
Jahre zurück; ab 75 vor Christus wurde Pamplona von den Römern besetzt, im Jahr
714 zogen die Mauren ein, später diente die Stadt als Festung gegen die
Franzosen. Seit jeher jedoch ist Pamplona insbesondere bekannt für seine
ausgelassenen Feste. Das bekannteste wird jährlich vom 6. bis zum 14. Juli zu
Ehren des San Fermin zelebriert: Neun Tage lang
finden in der gesamten Altstadt Prozessionen und Straßenfeste statt, deren
Höhepunkt erreicht wird, wenn am 7. Juli die jungen Stiere durch die Straßen
getrieben werden. An allen Orten erklingt Musik, und Künstler aus aller Welt
bieten ihre Werke feil.
In der Pilgerherberge von Pamplona
schaut der Angestellte ungläubig auf meine beiden Pilgerausweise und macht das
Kreuzzeichen. Er kann es kaum glauben, dass ich zu Fuß von Konstanz bis hierher gekommen bin. Bereits in Südfrankreich ist mein
erster Pilgerausweis, in den bei jeder Etappe ein Stempel gedrückt wird, voll
geworden. Wie Trophäen werden meine beiden Ausweise den anderen Pilgern
gezeigt, von denen die meisten in Saint-Jean-Pied-de-Port losgegangen sind;
aufgeregtes Gemurmel macht die Runde. Eine Zeitlang genieße ich es, im
Mittelpunkt zu stehen. Als ein kleiner Junge jedoch immer wieder betont, dass
er später auch einmal einen so langen Weg zu Fuß zurücklegen will, flüchte ich
auf mein Zimmer, wo ich auf ein junges Pärchen aus Gran Canaria stoße.
Braungebrannte Gesichter, dunkle Augen, schwarze Locken, zuckersüßes Lächeln,
stolze Blicke. Ein Feuerwerk der Sinne. Auf meine Frage, wie ich mir Gran
Canaria vorstellen soll, beschreiben sie die Insel in den schönsten Farben,
doch am Ende sagt das Mädchen: muchos alemanes , „viele Deutsche“, und rollt genervt mit den
Augen. Gleich darauf fragt sie mich nach meiner Herkunft. Nach diesen
Anfangsschwierigkeiten freunden wir uns jedoch schnell an, reden fast eine
Stunde miteinander, und dann gehe ich in die Altstadt von Pamplona.
Im Sommer wird Pamplona zu einer
quirligen Touristenstadt, und ein ausgelassener, verwegener Hauch, eine Ahnung
unbekannter Abenteuer, weht um die stolzen und ehrwürdigen Gebäude der
Altstadt. Die jungen Frauen der Stadt führen ihre Reize durch die Straßen, und
braungebrannte Männer stehen mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den zentral
gelegenen Plätzen. Wie in fast allen spanischen Großstädten spielt sich das
Leben im Freien ab; man trifft sich en la calle ,
auf der Straße. In die Düfte der neuesten Parfüms mischen sich die Gerüche der
Fast-Food-Ketten und
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