2542 - Perry Rhodan - Shandas Visionen
dritten
Etage. Ein Laufband trug sie an den Kontrolllabors vorbei zu den
Aufenthaltsräumen, die für Shanda eher wie ein Freizeitpark
wirkten. Über mehrere Etagen verteilten sich Sportstätten,
virtuelle Arenen oder einfach nur Lokale, deren Angebote mit der
Spitzengastronomie in Stardust City konkurrieren konnten. Hieß
es.
Shanda hatte nie im Freizeitpark gegessen. Ebenso wenig in einem anderen Restaurant. Zu viele Leute, eine
erstickende Woge von Emotionen –
nichts, was ihr Vergnügen bereitet hätte. Eben eine beklemmende Atmosphäre.
Auch an diesem Ort gab es zahlreiche Holoprojektionen. Viele Mitarbeiter verbrachten ebenso viel Zeit in
diesem Bereich wie an ihrem Arbeitsplatz. Sogar Schlafkammern standen
zur Verfügung. Für jene, die es vorzogen, Tag und Nacht im Pharmaziekomplex zu verbringen.
Shanda musste das Laufband wechseln. Nur wenige Personen waren in
der Nähe. Sie registrierte deren Emotionen kaum und spürte nicht mehr als
träge Zufriedenheit.
Weil sie ungestört war, hielt sie kurz
inne und wandte sich dem Holo zu. Stardust-News. Sie erkannte den Moderator wieder. Sein aufdringliches
Make-up zeigte erste Auflösungserscheinungen. Schweiß perlte auf seinem Gesicht.
Shanda versuchte, sich seine Emotionen vorzustellen. Erschöpfung? Zweifellos. Aber auch Aggression. Seine
Augen strahlten Angriffslust aus. Vielleicht gerade wegen seiner Müdigkeit, überlegte Shanda. Er muss beweisen,
dass er aufrütteln und seine Zuschauer
manipulieren kann.
Sie mochte holografische Gesichter.
Weil ihr die Projektionen das gaben,
was sie sonst oft schmerzlich vermisste: Sie blieb unbehelligt von Emotionen, ihre Gedanken blockierten nicht,
wurden nicht stetig abgelenkt.
Eine Runde aus Politikern und Militärs
hatte sich im Studio zusammengefunden. Der Ton war scharf.
Unnachgiebig. Meist wollte die Hälfte der Anwesenden gleichzeitig
reden. Der Lärmpegel wurde dann sofort unerträglich.
Shanda ertappte sich dabei, dass sie
zwar die Gesichter anstarrte, aber ihre
Hände hochgerissen und sich die Zeigefinger in die Ohren gesteckt hatte.
»Rede nicht, Kind, solange andere
reden und dir nicht zuhören können.« Völlig überraschend klang die Ermahnung ihrer Mutter in ihr nach. Shanda
entsann sich. Ihr dreizehnter Geburtstag, als sie lautstark auf sich aufmerksam machen wollte. Das hatte sie
längst vergessen.
Womöglich gab es viel mehr, an das sie
sich erinnern konnte. Etliches von dem, was sie verzweifelt gelernt
hatte und das dennoch am nächsten Tag nicht mehr da gewesen war,
verdrängt von all dem anderen, das auf sie einstürmte.
Irgendwo hatte es immer Gefühlsaufwallungen gegeben, von Lehrern,
Mitschülern, Menschen in den benachbarten Gebäuden und auf
den Straßen.
Ärgerlich auf sich selbst, nahm
Shanda die Finger von den Ohren. Für
einige Sekunden versteifte sie sich in
höchster Konzentration. Aber niemand
schien sie beobachtet zu haben.
Sie atmete auf. Zum Gesprächsthema wollte sie sich bestimmt nicht machen. Seht euch Shanda an! Hübsch ist
sie ja, aber ebenso einfältig. Wie früher.
Sie hasste solche Reden. Die Arbeit
in der Pharmazie war ihr wie ein neuer Anfang erschienen. Im Zentrallager
hatte sie die Ruhe, die ihr half, sich
selbst zu finden.
Die Hände hielt sie immer noch an
den Wangen. Das mochte bestürzt wirken, aber wenigstens nicht naiv.
*
In der Diskussionsrunde war Streit
entbrannt.
Einer der Parlamentarier lehnte sich
demonstrativ zurück. Er verschränkte
die Hände hinter dem Kopf und lächelte, als könne ihn nichts aus der
Ruhe bringen.
Shanda sah es kommen, obwohl sie
die Regungen nicht spüren konnte. Beinahe schlagartig verstummten alle.
Nur eine Frau in Flottenuniform redete noch.
Shanda konnte mit ihren Rangabzeichen nichts anfangen. Aber die Frau
wirkte auch ohne die Winkel an ihrem Ärmel imposant. Sie war
größer als alle anderen im Studio, überragte jeden
bestimmt um einen halben Meter. In den Schultern war sie wuchtig wie
ein Ochse, und ihre rotbraune Haut stand in heftigem Kontrast zu dem
schlohweißen Sichelhaarkamm. Als sie die Hände
zusammenschlug, dröhnte es wie eine Explosion.
»Was ist, Hucko Reginald Andon?«,
röhrte sie im tiefsten Bass. »Zieht die
Politik den Schwanz ein und überlässt
das Feld endlich denen, die mehr von
der Situation verstehen?«
Sofort hagelte es von mehreren Seiten Protest.
Der Angesprochene hob besänftigend die Hände. »Es stünde allen gut
an, Gelassenheit zu
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