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255 - Winterhexe

255 - Winterhexe

Titel: 255 - Winterhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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umliegenden Häuser aus dem Schlaf gerissen. Viele waren auf die Straße gestürmt, um zu erfahren, warum der Alarm ausgelöst worden war. Rothschild und Gwaysi hatten nicht nur den bewaffneten Kämpfern des Clanoberhaupts ausweichen müssen, sondern jedem Bürger der Stadt. Eigentlich hätten sie niemals entkommen dürfen…
    ... und doch waren sie entkommen.
    Irgendwie hatten sie sich zu dem weit draußen abgestellten Buggy durchgeschlagen und waren damit losgefahren, ohne Scheinwerfereinsatz, nur im schwachen Licht des Mondes und der Sterne. Zweimal hatte Rothschild kurz gestoppt, um den leer gefahrenen Tank mit Sprit aus den mitgeführten Kanistern wieder aufzufüllen. Doch nun waren alle Vorräte erschöpft.
    Bevor der bereits stotternde Motor vollends aussetzte, lenkte Rothschild den Buggy, der mit reinem Alkohol betrieben wurde, zwischen zwei hohe Bäume, die eine Felseinbuchtung begrenzten. Der Antrieb tuckerte noch kurz im Leerlauf, dann löste sich aus dem Auspuff ein Huster, als habe sich das Gefährt verschluckt, und alles kam zur Ruhe.
    Auch die Insassen.
    Rothschild fand das Mädchen schlafend auf dem Beifahrersitz vor. Er betrachtete es eingehend. Gwaysi hatte etwas Anziehendes, auch wenn sie gezeichnet war von dem Leben, das sie in Ayr geführt hatte und über das Rothschild so gut wie nichts wusste. Wer war sie, und wie war sie in Corrs Bannkreis geraten?
    Er lehnte sich im Sitz des Buggys zurück und döste selbst ein wenig, erholte sich von der anstrengenden Fahrt. Als Gwaysi sich irgendwann neben ihm regte, war er sofort wieder hellwach. »Ausgeschlafen?«, fragte er und setzte sich zurecht.
    »Wo sind wir?« Neugierig und argwöhnisch zugleich sah sie sich um.
    »Weit weg von Ayr. Ich hoffe, weit genug.«
    »Er wird uns überall finden.«
    »Wer? Corr?«
    Sie nickte, zitterte dabei. Und Rothschild begann erstmals zu ahnen, was sie unter dem Dach des Clanführers hatte durchmachen müssen. Die Szene, deren Zeuge er geworden war, mochte nur das i-Tüpfelchen auf einer ganzen Serie von Missbräuchen gewesen sein.
    »So weit reicht auch Angus Corrs Arm nicht«, versuchte er sie zu beruhigen. Impulsiv legte er den Arm um ihre Schultern..
    Sie zuckte leicht zusammen, sah zu ihm herüber… und entspannte sich, schmiegte sich nach einer Weile sogar an ihn. »Danke.«
    »Wofür?«
    »Ohne dich wäre ich nie von dort weg gekommen.«
    »Ich habe gar nicht viel getan«, behauptete er. »Dass du dich deiner Haut zu wehren weißt, hast du so erschreckend wie eindrucksvoll bewiesen.«
    Sie verstand natürlich, worauf er anspielte. Stumm kniff sie die Lippen zusammen.
    »Dir ist hoffentlich klar, dass wir vor allem unverschämtes Glück hatten. Wann immer ich dachte, es wäre aus, kam uns im letzten Moment eine Fügung des Schicksals zu Hilfe. Leute, die uns eigentlich hätten sehen müssen , ignorierten uns. Es war, als wollten sie uns gar nicht bemerken.« Er schüttelte den Kopf. »So etwas Verrücktes habe ich noch nie erlebt.«
    »Hast du deinen Rucksack noch?«
    »Warum fragst du?«
    »Weil ich gemerkt habe, wie wichtig er dir ist. Was ist da drin?«
    Er zögerte kurz. »Du weißt, was Artefakte der Alten sind?«
    »Ihre Hinterlassenschaften. Magische Dinge…«
    »Magisch?« Er lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, mit Zauberei hat das nichts zu tun. Früher, in den alten Zeiten, nannte man es Tekknik. Maschinen, Aggregate, die den Menschen das Leben erleichterten… manchmal aber auch erschwerten oder als Waffe missbraucht wurden.«
    »So ein Ding hast du Angus Corr gestohlen?«
    »Ihm und seinem Bruder, den ich sogar noch für gefährlicher halte. Kennst du Wexley?«
    Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Okay, schon gut. Du brauchst nichts zu sagen. Sie sind beide weit weg. Sie oder ihre Schergen werden uns auch nicht mehr einholen. Das verspreche ich.«
    »Das kannst du gar nicht!« Plötzlich erwachte wieder ihr Temperament.
    Er zögerte, nickte dann aber. »Du hast recht, das kann ich nicht. Aber mein Auftraggeber wird uns helfen, uns vor ihnen zu schützen.«
    »Auftraggeber?« Sie zog die Stirn kraus. Ihr dunkles Haar umrahmte das erhitzte Gesicht, das wie im Fieber glühte, dabei aber auch die klaren Züge und die ausdrucksstarken Augen betonte, die Gwaysi auszeichneten. Sie war blutjung und ausnehmend schön.
    Er winkte ab. »Später. Ich fürchte, von hier aus müssen wir zu Fuß weiter. Der Sprit ist alle. Wir müssen den Buggy stehen lassen.«
    »Ich bin flink und ausdauernd«,

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