Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
255 - Winterhexe

255 - Winterhexe

Titel: 255 - Winterhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
Vom Netzwerk:
Hexe.«
    »Was genau soll dieser Wirbel sein?«, fragte Aruula. »Er hat mit Eis und Schnee zu tun, wenn ich das richtig verstanden habe, aber was genau -«
    »Das kann man nicht mit Worten beschreiben, das muss man gesehen und erlebt haben«, fiel ihr Coogan ins Wort.
    »Und wo liegt er?«, fragte Aruula.
    Coogan zeigte vage in die Richtung. »Dorfauswärts… immer der Nase nach. Nicht zu verfehlen. Wenn man lebensmüde ist…«
    Matt hatte den Ausführungen des Mannes aufmerksam gelauscht. Und war mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, dass das, was Coogan und die anderen Dörfler mit »Hexerei« gleichsetzten, höchstwahrscheinlich auf fortschrittlicher Technik basierte. Eine Technik, die offenbar das Wetter beeinflussen konnte! War dies ein erneuter Hinweis auf Technos in der Nähe?
    Noch während er spekulierte, für sich selbst und im Gespräch mit den anderen, rief Damian zum Essen, das sie ebenfalls auf dem Boden sitzend zu sich nahmen. Es schmeckte großartig, und besonders Aruula war voll des Lobes.
    Wie erhofft bot ihnen Coogan an, die Nacht in seinem Haus zu verbringen. Draußen heulte inzwischen ein sturmreifer Wind, der auch die anderen Bewohner des Ortes in ihre Häuser gescheucht hatte, wie sie feststellten, als sie die Horseys in einen überdachten und robust wirkenden Verschlag führten und mit Heu versorgten.
    Eisige Luft umpeitschte die Gefährten. Der Himmel brodelte, als wollte er ein Ungeheuer gebären.
    Bald darauf bereitete sich jeder in der Ruine sein Nachtlager. Das Heulen des Windes sang sie in den Schlaf.
    4.
    Vergangenheit
    Ayr, Mai 2517
    Rothschild glaubte schon zu spüren, wie er aufgespießt und aufgeschlitzt wurde. Stattdessen hörte er ein Scheppern und einen dumpfen Stoß in die Magengrube - nicht von tödlichem Stahl, sondern nur von einer Faust, die sich ihm entgegen reckte. Eine Sekunde zuvor hatte sie noch das Schwert gehalten…
    Während Rothschild mit der Überraschung kämpfte, zwang er sich zu einem seitlichen Ausfallschritt. Belämmert stand der Frauenschänder da. Auf seinem Gesicht perlte der Schweiß in dicken Tropfen, und die Röte der Haut erinnerte an eine überhitzte Herdplatte.
    Rothschild handelte mechanisch, nutzte die Chance: Er bückte sich und hob blitzschnell das zu Boden gefallene Kurzschwert auf, holte damit aus… und ließ die Klinge mit ihrer Breitseite an die Schläfe des Schwergewichts krachen.
    Der Mann sackte zu Boden wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt worden waren. Rothschild stieß ihn mit der Schuhspitze an. Die massige Gestalt rührte sich nicht. Nur das Heben und Senken des tonnenartigen Brustkorbs verrieten, dass er noch am Leben war.
    Noch während die Erleichterung die Adrenalinausschüttung in Rothschild eindämmte, durchfuhr ihn die Erkenntnis, dass er schon wieder unersetzliche Zeit vergeudete. Die junge Frau kauerte wimmernd ein paar Schritte entfernt, hatte sich bis zur Wand hingearbeitet. Ihr Gesicht war tränen- und dreckverschmiert. Sie sagte kein Wort, stierte Rothschild nur an.
    Er wusste, dass er vermutlich den nächsten Fehler in einer ganzen Reihe von schlechten Entscheidungen beging, dennoch warf er ihr die Klinge zu, die vor der Wand zum Liegen kam. »Nimm das. Ich kann dir nur raten, dich aus dem Staub zu machen, bevor er…«, sein Nicken galt dem bewusstlosen Koloss, »… wieder aufwacht.« Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Retrologe um und hastete zurück in die Gasse, aus der er gekommen war. Von links, wohin er eigentlich musste, hörte er eilige Schritte und Stimmen.
    Rothschild hielt sich nicht mit der Frage auf, was die Wachen letztlich auf den Plan gerufen hatte - der Kampflärm oder dass man seinen Diebstahl entdeckt hatte. Er schätzte die Entfernung zu denen, die nahten, und hastete trotz Entdeckungsgefahr nach links. Dort hatte er vorhin eine Nische entdeckt, in die er es schaffen wollte - schaffen musste -, bevor Angus' Leibwache in Sicht kam.
    Er schaffte es im letzten Moment. Nur einen Atemzug, nachdem er sich in die Nische gequetscht hatte, stürmten die Wachen vorbei. Rothschild wartete mit unterdrücktem Schnaufen, bis er meinte, das Risiko eingehen zu können. Dann schob er sich wieder in den Gang. Er würde -
    Wie die Backen einer Zange schlossen sich Finger um sein Genick. Nach einer Schrecksekunde versuchte er sich aus dem Klammergriff zu winden, doch die Fingernägel gruben sich nur umso tiefer in seine Haut. Er zappelte wie in den Fängen eines Raubvogels, und eine grinsende

Weitere Kostenlose Bücher