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255 - Winterhexe

255 - Winterhexe

Titel: 255 - Winterhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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gerufen!«
    Plötzlich war auch Ben Coogan bei ihnen, mit zerzaustem Haar und einem Gesicht, wie Menschen es nun mal hatten, wenn sie gerade erst aufgewacht waren.
    »Na klar«, stimmte ihm Rulfan hörbar genervt zu. »Die Hexe - wer sonst?«
    »Du nimmst es nicht ernst, Freund«, tadelte Coogan. »Ihr habt sie euch zum Feind gemacht, spätestens als ihr bei mir untergekrochen seid.«
    »Stand das im Kleingedruckten des Beherbergungsvertrags?«, fragte Matt mit sanfter Ironie.
    Coogan glotzte ihn verständnislos an.
    Es raschelte hörbar, dann tappte Damian heran. »Was ist passiert?«, fragte er.
    Coogan strich ihm übers Haar. »Keine Sorge, Junge. Die Lupa ist verschwunden, sonst nichts. Vermutlich hat die Hexe sie fortgelockt.«
    »Humbug«, sagte Rulfan. »Der Jagdtrieb wird sie hinausgelockt haben. Die Frage ist nur, wer ihr geöffnet hat.«
    Als keine Antwort kam, löste Rulfan sich von der Tür, ging zu dem Platz, wo er mit Chira geschlafen hatte, und raffte einige Dinge zusammen.
    »Was hast du vor?«, fragte Matt und verstellte ihm den Weg.
    »Was wohl? Ich werde sie suchen.« Rulfans Miene verriet, wie ernst es ihm war. »Sie hat eine deutliche Spur hinterlassen. Es wird nicht schwer sein, ihr zu folgen.«
    Aruula legte Matt eine Hand auf die Schulter. »Ich gehe mit ihm, wenn's dir nichts ausmacht. Vier Augen sehen mehr als zwei. Einverstanden, Rulfan?«
    Der nickte knapp.
    Matthew Drax wollte ohnehin noch ausführlich und in Ruhe mit Ben Coogan sprechen. Also nickte auch er. »Viel Glück, ihr beiden. Vielleicht organisiert ihr uns auch noch einen Braten fürs Mittagessen.«
    »Sobald wir Chira gefunden haben«, sagte Rulfan. »Wir nehmen die Horseys, damit werden wir sie bald eingeholt haben.«
    Während sich Rulfan schon zur provisorischen Stallung aufmachte, in der die Pferde untergestellt waren, rüstete sich Aruula rasch mit dem Notwendigen aus, dann eilte sie ihm hinterher. Matt blieb mit Ben und Damian zurück.
    ***
    Die Spur führte aus Durbayn heraus. Während Aruula und Rulfan die Straße hinunter ritten und der Fährte folgen, ließ sich kein Mensch vor der Haustür blicken. Vielleicht war es dafür noch zu früh. Aber nach dem Verhalten am Vortag war auch nicht auszuschließen, dass die Bewohner sich hinter ihren Wänden verschanzten, um den Fremden aus dem Weg zu gehen.
    »Aber wer könnte Kinder davon abhalten, sich auf den ersten Schnee des Winters zu stürzen?«, gab Rulfan zu bedenken, als Aruula diesen Verdacht aussprach.
    Sie lächelte. Ganz unrecht hatte er nicht. Dennoch…
    Rasch ließen sie Durbayn hinter sich. Eine regelrechte Schneewüste erwartete sie hinter der Häusergrenze. Im Grau des Morgens wirkte alles eintönig, voraus gab es kaum Orientierungspunkte in der sanft welligen Landschaft.
    Dafür blieb Chiras Spur umso deutlicher erkennbar. Man musste keine sonderlich ausgeprägte Spürnase haben, um ihr folgen zu können.
    Trotz des aufgrund der Schneedecke unsicheren Geläufs riskierten sie es, über weite Strecken im Galopp zu reiten. Und zwei Stunden später erreichten sie das Ende der Fährte. Sahen mit eigenen Augen, wovon Ben Coogan bislang nur eine grobe Beschreibung geliefert hatte.
    Der Wirbel !
    Vor ihnen tobte ein unvorstellbares Gebilde, eine meteorologische Unmöglichkeit… und das gewaltigste Ungeheuer, das sie je erblickt hatten. Ein Mahlstrom aus Schnee und Eis, der sich beständig drehte, ohne seinen Standort zu verschieben.
    Auf dem letzten Kilometer hin zur äußeren Grenze des Molochs nahm die Stärke der Böen, die an Aruula, Rulfan und den Horseys zerrten, beständig zu. Einige Male glaubten sie, samt ihrer Tiere umgeworfen zu werden. Dabei waren es nur schwache Ausläufer dessen, was vor ihnen brodelte, kochte und rotierte!
    Sie ritten so nah an das Inferno heran, wie sie glaubten es vertreten zu können. Chiras Spur war längst verweht, doch sie behielten die Richtung bei, in die sie gewiesen hatte. Geradewegs bis zu einem Steinturm, der wie eine riesige Nadel an der Grenze des Wirbels stand. Von diesen offenbar künstlich errichteten Türmen gab es etliche entlang des Wirbels; sie waren in regelmäßigem Abstand verteilt, was für Rulfan nur einen Schluss zuließ: Sie hatten etwas mit dem Wirbel zu tun, erzeugten ihn vielleicht sogar. Technik der Alten. Technos, die sie reaktiviert hatten… Die Schlussfolgerung lag quasi auf der Hand - aber war sie deshalb auch richtig? Dicht neben dem nadelförmigen Gebilde, das aus Fels gehauen schien, stiegen

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