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255 - Winterhexe

255 - Winterhexe

Titel: 255 - Winterhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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zur Eile an. Sie erreichten den Ausgang und Gwaysi drückte sich durch die Lücke zwischen den verbeulten Gitterstäben - als sie plötzlich zusammenfuhr.
    Die Gefahrsicht , die allen Lords eigen war und die ihr mehr als einmal das Überleben in Corrs Festung gesichert hatte, überkam sie mit aller Macht.
    Eine gigantische wabernde Masse, fluoreszierend in der Dunkelheit, halb transparent, sodass ihre Innereien zu erkennen sind…
    Gwaysi fuhr herum. »Schnell, komm!«, schrie sie Rothschild an - und verstummte abrupt.
    Rothschild schwamm bereits mit verzerrtem Gesicht, rudernden Armen und zappelnden Beinen im Leib des Ungeheuers, das jetzt mit einem schwammigen Auswuchs nach Gwaysi schlug, dem sie aber ausweichen konnte.
    Eine Snäkke!
    Gehört hatte Gwaysi schon von diesen Monstrositäten, aber noch kein Exemplar mit eigenen Augen gesehen. Schleim troff von der schwach leuchtenden Außenhaut, während das Ungetüm zwischen den Stäben hindurch floss und näher glitt, sodass sie Rothschilds Sterben in jedem perfiden Detail mit ansehen musste.
    Eine Waffe, ich brauche eine Waffe…!
    Gwaysi wünschte sich das Kurzschwert herbei, mit dem sie in Ayr ihren Peiniger umgebracht hatte. Aber sie hatte nur ihre bloßen Hände.
    Sie rutschte aus und stürzte der Länge nach hin. Der Rucksack schlitterte von ihr weg. Dafür kam die Snäkke über sie, deckte sie mit ihrer abscheulichen, glitschigen und stinkenden Masse zu und -
    Nein! Zurück! Lass mich in Ruhe!
    Natürlich war es reines Wunschdenken. Ein letztes verzweifeltes Aufbäumen ihres Geistes, bevor der Tod auch sie holen würde…
    Aber die Snäkke zuckte tatsächlich zurück. Löste sich schmatzend von Gwaysi. Erstarrte zuerst und verfiel dann in ein fast komisch wirkendes Zittern.
    Was…?
    Ein zischendes Geräusch… und etwas kam Gwaysi entgegen geschossen. Sie konnte nicht mehr ausweichen und wurde voll von dem Bündel getroffen.
    Im nächsten Moment zog sich die Snäkke in den Schacht zurück, aus dem sie gekommen war. Das bereits bekannte, immer leiser werdende Geräusch begleitete ihren Rückzug.
    Für Gwaysi kein wirklicher Grund zur Erleichterung. Denn vor und halb auf ihr lag Rothschild, den die Snäkke vor ihrem Rückzug herausgewürgt hatte. Er stank schlimmer als der Kloakenstrom im Schacht, aber sein Herz schlug noch, sie konnte es fühlen, als sie ihm die Hand auf die Brust legte…
    ... sofort aber wieder zurückzog, denn das, was ihn an Schleim umgab, brannte höllisch auf Gwaysis Haut.
    So wie es auch ihn verbrannte, verzehrte und Blasen warf auf seinem Minuten zuvor noch so makellos vitalen Körper…
    7.
    Ende Oktober 2525
    »Bei diesem Wirbel scheint es sich also tatsächlich um eine technisch kontrollierte Wetterkapriole zu handeln«, rekapitulierte Matt den Bericht seiner beiden Gefährten. »Womöglich stecken Technos dahinter - es läge auf der Hand. Aber die anderen Dörfler sind immer nur einer einzelnen Frau begegnet. Richtig, Ben?«
    Coogan, der vor dem Kaminfeuer saß, nickte. Es blieb frostig. Draußen lag immer noch Schnee, auch wenn kein neuer hinzugekommen war. »Bevor sie vor sieben Jahren in Durbayn auftauchte, gab es den Wirbel nicht. Sie verlangte Lebensmittel von uns, wollte dafür aber nicht bezahlen. Wir waren sogar bereit, ihr eine geringe Menge unserer Vorräte abzugeben, doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Sie stieß wüste Drohungen aus, und als die Erntezeit nahte… vernichtete plötzlich ein Wintereinbruch mitten im Hochsommer das bereits in voller Ähre stehende Getreide. Kaum war die Ernte verloren, ließ die ›Winterhexe‹, wie wir sie fortan nannten, wieder von sich hören. Für unsere Abgaben versprach sie uns, den Winter von den Feldern fernzuhalten, sodass wir noch einmal die Äcker bestellen konnten…«
    Coogan verstummte und Matt nahm den Faden auf. »Von da an ging alles seinen geregelten Gang«, berichtete er, was Ben und Damian ihm den Tag über erzählt hatten. »Die Dörfler zahlten den geforderten Tribut, die Hexe ließ sie in Ruhe. Doch sie reagierte unmittelbar und brutal auf jede Ungehorsamkeit. Es regte sich Widerstand unter den Dörflern - bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als die Erde bebte und beunruhigende Lichter am Himmel zu sehen waren.«
    Er blickte Rulfan und Aruula an.
    »Aufgrund des Datums vermute ich, dass um diesen Zeitpunkt am Kratersee die Atombombenkette hochging und der EMP des Wandlers die Erde durchdrang. Das würde unsere Vermutung bestärken, dass der Wirbel künstlich

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