2558 - Perry Rhodan - Die Stadt am Ende des Weges
das Visier
gegen den Sonnenglast, und kühle Luft fächelte sein Gesicht.
Mit neu erwachter Hoffnung startete er einen Systemcheck. Das Resultat hätte niederschmetternd
sein können, erstaunte ihn aber nicht: Weder Gravo-Pak noch Wasseraufbereitung
funktionierten.
Saedelaere stieg die steile Böschung hinunter. Er kniete sich neben das Flussbett. Das Wasser
floss träge und ölig, fast sirupartig. Der Maskenträger schöpfte eine Handvoll, hob sie hoch und
schüttete sie in Kopfhöhe wieder aus.
Die schwarze Flüssigkeit floss zäh und langsam in den Fluss.
Saedelaere fühlte sich unwillkürlich an Samburi Yuras Haare erinnert, die ebenfalls nur in
Zeitlupentempo den Kopfbewegungen der Kosmokratenbeauftragten folgten. Als ob sie in einer
eigenen Zeitebene existieren würden.
Der Maskenträger stutzte. Er erinnerte sich an seine Kletterpartie, die mit der Vertauschung
der relativen Größenverhältnisse geendet hatte.
Geschah nun dasselbe mit der Zeit?
Floss das Wasser tatsächlich langsamer, oder hatte sich Saedelaeres empfundene, aber auch
beobachtete relative Zeit beschleunigt? War das Wasser tatsächlich schwarz, oder hatte
sich das von seinem Gehirn erkannte Licht verändert?
Der Maskenträger erhob sich, kletterte die Böschung hinauf und ging weiter.
Das Innere der LEUCHTKRAFT war ein unwirkliches Gebilde. Saedelaere durfte nicht den Fehler
begehen, alles analysieren, alles verstehen zu wollen. Er wusste, dass sich ein Großteil der
Umgebung aufgrund seiner Beobachtung und Interpretation veränderte. Samburi Yura hatte bei der
Ausstattung der LEUCHTKRAFT weder an Lewis Carrolls Alice im Wunderland oder Welt
hinter den Spiegeln gedacht, noch Rücksicht auf Saedelaeres Empfinden von Raum und Zeit
genommen.
Wäre er Arkonide gewesen, hätte er wahrscheinlich Bekanntschaften mit Figuren und Ereignissen
der Legendensammlungen aus den Archaischen Perioden gemacht.
Alaska Saedelaere beschlich unwillkürlich ein Gefühl der Kälte. Er kontrollierte die
Klimaanzeigen des SERUNS, aber die angezeigten Werte lagen im normalen, für Menschen angenehmen
Bereich.
Der Terraner versuchte das Gefühl zu ignorieren. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den
anderen. Immer dem Fluss nach, auf den flimmernden Horizont zu, der ihn lockte.
Ein Gedanke blieb hartnäckig kleben: Selbst wenn er die meisten Beobachtungen relativieren
konnte und musste - ein Umstand hatte sich seit seinem ersten Aufenthalt in der LEUCHTKRAFT nicht
verändert: Abgesehen von dem weißen Kaninchen und der Grinsekatze fehlte das Pseudoleben im
Schiff. Die Landschaften erwiesen sich als leer, gar lebensfeindlich.
Es war offensichtlich, dass seit seinem ersten Aufenthalt etwas geschehen war - und dieses
Etwas konnte eigentlich nur mit dem Verschwinden Samburi Yuras zusammenhängen.
Saedelaere blieb stehen, schloss geblendet die Augen. Die Sonne hatte den Zenit verlassen und
sank genau jener Stelle entgegen, auf die der Maskenträger zuhielt.
Er beschattete seine Augen, sah etwas in weiter Ferne, konnte aber durch die Sehschlitze zu
wenig erkennen. Fast zornig öffnete er den Helm und zog die Maske vom Gesicht.
Er hatte sich nicht getäuscht.
Eine dünne, fast unsichtbare Rauchsäule teilte den Himmel. Es wirkte, als habe jemand mit
einer Nadel mutwillig eine Fotografie zerkratzt.
Saedelaere setzte die Maske wieder auf. Er rannte los. Angst erfüllte ihn, dass das Feuer
erlöschen und er die Richtung verlieren mochte. Dabei spürte er, dass es sich um genau jenen Ort
handelte, der ihn zuvor wie magisch angezogen hatte.
Am Fuße der Rauchfahne bildete sich ein dunkler, flirrender Punkt, der langsam größer
wurde.
Saedelaeres Atem rasselte, er wollte aber keinesfalls langsamer gehen. Er hätte sich nicht
verziehen, wenn er zu spät ankommen würde, denn er wusste, dass ihn nun jeder Schritt seinem Ziel
näher brachte.
Aus dem flirrenden Punkt wurden mehrere. Der Maskenträger glaubte primitive Hütten auszumachen
und weiße Gestalten, die sich dazwischen bewegten.
Saedelaere spürte, wie sein Puls schneller schlug.
Gleich.
*
Du spürst, wie das Verlangen in dir lichterloh brennt. Du weißt, dass dir
Verlangen gefährlich werden kann. Über Jahrhunderte folgten deine Handlungen meist kühler Logik
oder dem Verständnis kosmischer Zusammenhänge, um das dich die anderen manchmal beneidet, vor dem
sie sich zumeist aber gefürchtet haben.
Nun brennst du vor Sehnsucht nach
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