2558 - Perry Rhodan - Die Stadt am Ende des Weges
Lidschlag lang auf eine in sich zusammengesunkene Gestalt wies,
die am Feuer saß.
Saedelaere nickte dem Proto- Enthonen zu. Vorsichtig näherte er sich der Gestalt.
Der künstliche Tag verlor rasch sein Licht. Mit der einsetzenden Dunkelheit gewann das Feuer
an Leuchtkraft und damit an Bedeutung.
Saedelaere betrachtete die Gestalt am Feuer genauer. Im ersten Moment meinte er, dass sie
schlafen würde. Tausende fein verknüpfte Zöpfe hingen reglos über dem weiß schimmernden Gesicht
und dem nackten Oberkörper. Um die Hüfte hatte der Proto-Enthone ein dünnes Fell gebunden.
Ein Vogel schrie.
In das Geräusch mischte sich das rhythmische Schlagen des Stockes der Enthonin, die Saedelaere
zuerst angesprochen hatte. Jemand schlug Steine aneinander. Im Feuer knisterte das brennende
Holz.
Die Gestalt zuckte zusammen. Der Kopf hob sich eine Handbreit, und zwischen den dünnen,
glänzenden Zöpfen sah der Maskenträger die absolut schwarzen Augen. Saedelaere erkannte Weisheit
in ihnen.
Der Proto-Enthone stellte zweifellos den Stammesältesten des Nomadendorfes dar.
Er bewegte sich im Takt der Geräusche, wurde schneller, hektischer.
Die Haare tanzten mit, gaben immer wieder den Blick auf die Augen des Proto-Enthonen frei, die
auf Alaska Saedelaere ruhten.
Die Intensität der Melodie nahm zu. Die Gestalt des Stammesältesten verschwamm für die
Dauer mehrerer wilder Herzschläge.
Wie unter hypnotischem Zwang ließ sich Saedelaere auf die andere Seite des Feuers nieder. Mit
unterschlagenen Beinen betrachtete er den Stammesältesten. Es war das erste Mal, dass der
Maskenträger den entblößten Oberkörper eines Enthonen - oder vielmehr eines Enthonen-Artigen sah.
Der Körper wies eine leichte V- Form auf, die aber nicht ausgesprochen maskulin wirkte; das
Fehlen der Brustwarzen irritierte Saedelaeres menschliches Empfinden für natürliche
Proportionen.
Je drei geschwungene Linien erstreckten sich beidseitig über die nur angedeutete
Brustmuskulatur und vereinigten sich in einem Punkt, an dem sich bei Menschen der Solarplexus
befand.
Die Anordnung der Linien erinnerte ihn an die Darstellung eines Vogels mit ausgebreiteten
Flügeln. Bei näherem Hinsehen erkannte Saedelaere, dass die Linien nicht etwa mit Farbe
aufgetragen waren, sondern in die Haut eingeritzt. Ziernarben anstelle von Körperbemalung auf
einem ansonsten makellosen Oberkörper.
Hatte Samburi Yura den Enthonen bereits mit diesen Narben erschaffen, oder hatte er sie sich
selbst zugefügt? Prangte dieser eingeritzte Vogel als Symbol seiner Stellung unter den
Nomaden?
Der Stammesälteste ruckte so schnell hin und her, dass sein Oberkörper wiederholt verschwamm.
Hitze stieg in Alaska Saedelaere auf. Er versuchte den Blick von dem Schauspiel zu nehmen, doch
es gelang ihm nicht.
Die Brust des Nomaden leuchtete im Schein des Feuers. Der Vogel schien zum Leben zu erwachen
und flatterte aufgeregt.
Vor seinem inneren Auge sah er die alabasterweiße Haut Samburi Yuras.
Die Kosmokratenbeauftragte hatte seit ihrer ersten Begegnung eine schwer zu beschreibende
Anziehung auf den Maskenträger ausgeübt. Sie atmete die Unendlichkeit, agierte in der Sphäre der
höheren Wesen - und sie hatte mit dem Träger des strahlenden Gewebeklumpens einen der intimsten
Momente geteilt. Damals, als sie sein nacktes Gesicht mit dem Fragment betrachtet und mit ihren
Fingerspitzen unendlich sanft und verständnisvoll berührt hatte.
Die Anziehung von Samburi Yura wirkte auf vielen verschiedenen Ebenen in dem Unsterblichen.
Meist hatte er nicht wahrhaben wollen, dass sie ebenso auf der erotischen Ebene funktionierte,
genau wie einst bei Kytoma. Aber es war weniger sexuell stimuliert, als es mit dem generellen
Bedürfnis nach Nähe und Intimität zu tun hatte.
Seit er dieses Reservat betreten und gefühlt hatte, was sich dahinter verbarg, schien
eine weitere Ebene hinzugekommen zu sein: der Drang nach der Nähe zu einem ebenso einsamen
Wesen.
Die Hitze in Alaska Saedelaeres Körper wurde unerträglich. Hypnotisiert starrte er auf den
androgynen Oberkörper des Proto-Enthonen. Auf der vernarbten Brust jagten sich Licht und
Schatten, vereinigten sich.
Der Terraner fühlte sich unendlich weit entfernt. Er wünschte, er sähe Samburis Körper.
Der alte Nomade hielt in seiner Bewegung inne. Alle Geräusche erstarben. Die plötzlich
eingetretene Stille wirkte auf Saedelaere wie ein Schock. Als wäre er
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