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2579 - Der Spieler und die Toten

2579 - Der Spieler und die Toten

Titel: 2579 - Der Spieler und die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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der Narr sein Gegenüber an. »Wollt Ihr

ihre Todesschreie hören? Wollt Ihr einen Blick auf die zerstörten Welten werfen, eingehüllt in

Rauch- und Aschewolken, bar jeglichen Lebens? Wagt Ihr den Blick in die Bilderkugel?«
    »Ich brauche die Bilder nicht zu sehen. Ich kenne sie bereits«, gab der Kanzler verbissen

zurück.
    Im Narren übertünchten Abscheu und Ekel alle anderen Empfindungen. »Habe ich es mir doch

gedacht! Ihr wollt das Reich der Harmonie mit offenen Augen und wehenden Fahnen in den Untergang

steuern! Ich bin gespannt, was der gute König zu den Bildern in der Kugel sagt!«
    Der Kanzler erkannte, dass die Konfrontation mit dem Narren eine völlig andere Richtung

einschlug als beabsichtigt. Seine Absicht, seine Pläne waren plötzlich gefährdet.
    Er wusste nur allzu gut, dass das Wissen um die Vorfälle in der Region von TRYCLAU-3 den König

zu einer klaren Ablehnung des Paktes mit den Hohen Mächten treiben würde.
    »Der König hat kein Interesse daran, deine Bilderkugel zu sehen, Narr. Wirf sie in den See,

sie richtet nur Unheil an!«
    »Das würde Euch so passen. Nein! Der König hat das Recht und die Pflicht, die Bilder von

TRYCLAU-3 zu sehen!«
    Nackte Angst. Steigende Verzweiflung.
    »Aber verstehst du denn nicht?« Die Stimme des Kanzlers kippte leicht. »Das Reich der Harmonie

ist stark - aber um stark zu bleiben, braucht es die Hohen Mächte! Ich habe alles genau geprüft;

ich weiß, dass das der einzig richtige Weg ist, wenn das Reich der Harmonie nicht stagnieren,

sondern weiter aufblühen soll!«
    »SERUN«, murmelte Saedelaere. »SERUN, SERUN, SERUN!«
    Eine fremde Stimme antwortete dem Terraner. Sie klang künstlich.
    Über die Brüstung des Balkons zog ein eisig kalter Wind auf. In den beinahe schwarz gefärbten

Wolken entluden sich Blitze. Unheilvoller Donner ließ den Boden erzittern, brachte die Scheiben

des Ballsaales zum Klirren.
    Die Stimme des Narren war im Wind nur verständlich, weil Alaska sie selbst ausstieß. »Ihr

sprecht vom Reich und habt doch nur das eigene Honigtöpfchen im Sinn!«
    Wut. Sie bläht sich auf zu einem riesigen Monstrum.
    »Wir profitieren alle davon, wenn es dem Reich im Schoße der Allianz gut ergeht!«
    Tief unter ihnen rollten schwere Wellen an die felsige Küste, brandeten. Gischt spritzte in

alle Richtungen.
    Saedelaere spürte, dass das Schicksal des Reiches der Harmonie in diesem Moment besiegelt

wurde.
    »Je mehr Ihr Euch verteidigt, desto deutlicher kommt Eure hässliche Fratze zum Vorschein!«,

giftete der Narr.
    Er warf dem Kanzler vor, dass dieser nur für die eigene Tasche arbeite. Der Narr schlug vor,

dass er gleich sofort zum König ging, um ihm die Bilder der Region TRYCLAU-3 zu zeigen.
    Damit würde der Narr nicht nur die Pläne des Kanzlers in Bezug auf den Boten durchkreuzen,

sondern ebenfalls einen Keil zwischen ihn und der Prinzessin treiben.
    Jedes Wort des Narren traf den Kanzler mitten ins Herz.
    »SERUN! Be...frei...«, presste Saedelaere heraus. »Raus ... aus ...«
    Etwas würgte ihn. Saurer Saft spritzte aus seinem Mund, rann über das Kinn in die

Halskrause.
    »Das wirst du nicht, verfluchter Narr!«, schrie der Kanzler aus voller Kehle.
    Das Monstrum explodierte in einer endgültigen, alles vernichtenden Entladung der aufgebauten

Emotionen.
    Saedelaeres Bewusstsein wurde reduziert auf das kleinste aller Lebewesen inmitten eines

entfesselten Ozeans.
    »Hörst du?«, brüllte der Kanzler. »Unter keinen Umständen! Narr! Narr!«
    Aus weiter Entfernung spürte Saedelaere eine physische Erschütterung. Etwas zerbarst. Splitter

verglühten in einer wabernden Sphäre, die durch die Reste von Saedelaeres Bewusstsein eine halbe

Sekunde später als Schutzschirm identifiziert wurde.
    *
    (Der Ball ist eröffnet. Der Bote tritt zum König. Der Kanzler und der Hofnarr

sind in Hörweite.)
    KÖNIG: »Es ist beileibe nicht an der Zeit für Politik. Aber Ihr sollt Eure

Gelegenheit haben, das Ohr des Königs mit Euren Wünschen zu füllen.«
    BOTE: »Es sind nicht Unsere Wünsche allein, Eure Exzellenz. Es sind unser aller

Wünsche, denn ich spreche für die Hohen Mächte. Und wer - wenn nicht sie - weiß besser, was für

uns alle das Beste ist? Deshalb sind ihre Wünsche immer auch unser aller Wünsche.«
    KÖNIG: »Mutige Worte, o Bote!«
    HOFNARR: »Dieselben Worte aus meinem Munde hätten das Prädikat

>närrisch    KANZLER: »Schweig, Unglücklicher!«
    BOTE: »Mut

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