2585 - Der Tanz der Vatrox
Reptilienabkömmlingen.
Sie mussten seine Unsicherheit spüren. Sie töteten Vastrear.
Sein letzter Gedanke galt Equarma ...
... und sein erster. Als er auf Hibernation-3 in einem neuen Körper erwachte, war seine Erinnerung intakt, seine Liebe ungebrochen.
Vastrear ging ungeduldig durch den Prozess der Rehabilitation, ignorierte seinen Marschbefehl und flog nach Tamontain.
Equarmas Haus am Wasserfall war verlassen.
*
Vastrear fand Equarma an dem Ort, an dem er sie zuletzt vermutet hätte: auf Hibernation-5, in einem Labortrakt tief unter der Oberfläche.
Als der Vatrox in dem Antigravschacht in die Tiefe glitt, musste er sich beherrschen, um nicht kehrtzumachen und in die vertraute Sicherheit seines Schlachtlichts zu fliehen.
Vastrear fühlte sich eingesperrt, die Kruste des Hibernationsplaneten lastete auf ihm. Er war eine Mahnung: Vastrears Unsterblichkeit war brüchig. Sie kam von außen, war das Produkt eines mächtigen und zugleich diffizilen industriellen Komplexes. Sollte der Komplex eines Tages aus dem Takt geraten oder gar zerbrechen, würde Vastrear wieder zum Sterblichen.
Equarma stand vor einem Zuchttank, las Werte von einem Anzeigeholo ab. In der trüben Flüssigkeit, welche den Tank ausfüllte, trieb etwas, das der Klon eines Vatrox sein musste. Ein Klon, eine Hülle, die darauf wartete, dass das Vamu eines Vatrox sie beseelte.
Lange Sekunden stand Vastrear still da. Äußerlich wie gelähmt, innerlich bebend. Ein Teil Vastrears sehnte sich danach, zu Equarma zu eilen und sie in die Arme zu schließen, als wäre nichts geschehen. Ein anderer, ebenso stark, drängte ihn, sie zu schütteln, sie zu schlagen, ihren Kopf gegen den Boden zu schmettern, damit sie am eigenen Leib wenigstens einen Anflug des Schmerzes spürte, den sie ihm zugefügt hatte.
Schließlich brachte er ihren Namen hervor: »Equarma!«
Vastrear flüsterte es, dennoch zuckte sie zusammen.
Equarma wirbelte herum, sah ihn an. Ihre schönen großen Augen flammten auf. Aber es war keine Freude, die in ihnen brannte.
»Vastrear«, sagte sie. »Was machst du hier?«
In den vier Monaten, die der Vatrox gebraucht hatte, bis er zusammen mit seiner Induktivzelle Equarma Inalter aufgespürt hatte, hatte sich Vastrear unzählige Male ihre Begegnung ausgemalt. Hatte er sich vorgestellt, wie Equarma ihn begrüßen würde.
Auf diese Worte war er nicht gekommen.
Und die Worte, die er sich selbst zurechtgelegt hatte, waren nichtig.
»Equarma ...«, brachte er hervor. »Ich habe dich gesucht. Ich habe mir Sorgen gemacht. Dein Haus auf Tamontain war verlassen. Nirgends war eine Nachricht von dir. Mit Sicherheit ging sie verloren und ... «
»Es gab keine Nachricht«, unterbrach sie ihn. »Hätte ich gewollt, dass du mich findest, hätte ich dir eine Nachricht hinterlassen. Ich habe es nicht.«
Vastrear wurde schwindlig. Er fiel, wollte sich festhalten, merkte, dass es nicht sein Körper war, der den Halt verloren hatte. Es war sein Vamu. Er selbst.
»Equarma ... wieso hast du ...?« Er trat einen Schritt auf sie zu.
Sie wich einen Schritt zurück, die Arme vor der Brust verschränkt. Die Muskeln ihrer Unterarme traten hervor. Auf der Haut Equarmas tanzten die Lichter, deren Anblick Vastrear beinahe noch mehr liebte als Equarma selbst. Sie schienen ihm einen Ausblick in eine ferne, bessere Welt zu gewähren.
Jetzt war der Tanz der Lichter träge, ihr Licht war matt, ein bloßer Abklatsch.
»Du hast mich gefunden. Und wie du siehst, geht es mir gut. Geh jetzt bitte. Ich habe noch zu tun.« Sie nickte in Richtung des Zuchttanks.
Equarma log. Vastrear hätte nie gedacht, dass dieser Augenblick kommen würde, aber nun war es geschehen. Sie log. Es ging Equarma nicht gut. Sie litt.
Vastrear ließ sich nicht täuschen. In seinen Leben war der Vatrox dem Leid zu oft begegnet: seinem eigenen und natürlich dem Leid, das er anderen zugefügt hatte.
Er flüsterte: »Du bist nicht glücklich.«
Sie schwankte, verlor um ein Haar das Gleichgewicht. Als hätte er sie geschlagen.
»Was? Was sagst du da?«
»Du bist nicht glücklich«, wiederholte er, lauter. »Dieser Ort, dieser Bau tief unter der Oberfläche, weit weg vom Leben - das bist nicht du. Du gehörst nicht hierher.«
»Du täuschst dich. Ich gehöre an genau diesen Ort. Ich muss hier sein.«
»Du leidest.«
»Und wennschon!« Sie löste ihren Griff vor der Brust, machte mit beiden Armen eine ausholende Bewegung. Sie sollte beiläufig sein, abwertend. Aber sie war fahrig,
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